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       # taz.de -- Gefechtsfeuer in Sudans Hauptstadt: Dutzende Tote nach Gefechten
       
       > In Sudan eskaliert die Gewalt zwischen Militär und paramilitärischen
       > Kräften. Die Angst vor einem neuen Bürgerkrieg wächst.
       
   IMG Bild: Eine Rauchwolke über Khartum. Am Sonntagmorgen wurden schwere Kämpfe aus der Hauptstadt und der angrenzenden Stadt Omdurman gemeldet
       
       Khartum AP | Bei heftigen Kämpfen zwischen dem Militär und den mächtigen
       paramilitärischen Kräften in Sudan sind Berichten zufolge Dutzende Menschen
       getötet und Hunderte verletzt worden. Das Ärztesyndikat des
       nordostafrikanischen Landes sprach am Sonntag von mindestens 56 getöteten
       Zivilisten und fast 600 Verletzten, unter ihnen sowohl Zivilisten als auch
       Kämpfer. Zudem sei von Dutzenden weiteren Toten unter den Kampfparteien
       auszugehen, hieß es.
       
       Von den seit Samstag andauernden Kämpfen betroffen sind die Hauptstadt
       Khartum und andere Gebiete wie die Region Darfur und die Stadt Merowe. Der
       schon länger eskalierende Konflikt hat in Sudan zuletzt Angst vor einem
       neuen Bürgerkrieg aufkommen lassen.
       
       Am Sonntagmorgen wurden schwere Kämpfe aus Khartum und der angrenzenden
       Stadt Omdurman gemeldet. Die prominente Menschenrechtlerin Tahani Abass
       sagte, es gebe Gefechte am Militärhauptquartier, dem Internationalen
       Flughafen und dem Sitz des staatlichen Fernsehens. Beide Seiten lieferten
       sich Schusswechsel in den Straßen, auch in Wohngebieten herrsche Krieg,
       sagte sie der Nachrichtenagentur AP, während im Hintergrund Gewehrfeuer zu
       hören war.
       
       Kampfflugzeuge des Militärs beschossen Stützpunkte der RSF in Khartum.
       Beide Seiten erklärten, die Kontrolle über strategische Punkte in der
       Hauptstadt und andernorts im Land zu haben. Die Angaben konnten nicht
       unabhängig überprüft werden. Für den Ausbruch der Kämpfe machten sich
       Militär und RSF gegenseitig verantwortlich.
       
       ## Übergang zu einer Zivilregierung verhindert
       
       Am Samstagabend signalisierten die Kampfparteien, dass sie zu keinen
       Verhandlungen bereit seien. Militärchef Abdel Fattah Burhan forderte die
       Auflösung der RSF und sprach von einer Rebellenmiliz. RSF-Chef Mohammed
       Hamdan Dagalo schloss im Satellitensender Al-Arabija Verhandlungen aus und
       forderte Burhan auf, sich zu ergeben.
       
       Der diplomatische Druck auf die Kampfparteien wuchs unterdessen. Der
       UN-Sondergesandte für den Sudan Volker Perthes, US-Außenminister Antony
       Blinken, UN-Generalsekretär António Guterres, der EU-Außenbeauftragte Josep
       Borrell, der Leiter der Kommission der Afrikanischen Union Moussa Faki
       Mahamat und der Chef der Arabischen Liga Ahmed Abul Gheit forderten ein
       Ende der Kämpfe. Auch Außenministerin Annalena Baerbock hat ein Ende der
       Kämpfe in Sudan gefordert. „Beide Seiten müssen die Kampfhandlungen
       einstellen und weiteres Blutvergießen verhindern“, erklärte [1][die
       Grünen-Politikerin am Sonntag im Kurznachrichtendienst Twitter]. Die
       Mitglieder des Weltsicherheitsrats verlangten ebenfalls eine sofortige
       Einstellung der Feindseligkeiten und eine Rückkehr zum Dialog. Auch
       arabische Staaten mit wirtschaftlichen Beziehungen zum Sudan – Katar,
       Ägypten, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate – riefen zu
       einer Waffenruhe und zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch auf.
       
       Die Spannungen zwischen dem Militär und der berüchtigten RSF sind in den
       vergangenen Monaten eskaliert und haben zur Verschiebung der
       [2][Unterzeichnung eines Abkommens für den Übergang zu einer
       Zivilregierung] in Sudan geführt.
       
       Ein erster Versuch des Übergangs zu einer zivilen Regierung wurde [3][im
       Oktober 2021 mit einem von General Burhan angeführten Putsch beendet]. Die
       Verschiebung des neuen Anlaufs erfolgte Anfang April in einer Phase, in der
       Verhandlungen für eine Reform der Sicherheitskräfte zwischen dem Militär
       und den Schnellen Unterstützungskräften offenbar in einer Sackgasse
       angelangt waren. Deren Ziel war die Integration der RSF in die regulären
       Streitkräfte. Der Streit darüber mit dem Militär blockiert das
       Übergangsabkommen.
       
       ## Angst vor einem neuen Bürgerkrieg
       
       Der von Burhan gestürzte frühere Ministerpräsident Abudallah Hamdok warnte
       vor einem größeren Konflikt. „Schüsse müssen sofort aufhören“, sagte er in
       einer über Twitter verbreiteten Video-Botschaft.
       
       Zahlreiche Mitglieder der RSF gehörten einst der Dschandschawid-Miliz an,
       die den Aufstand in der Krisenregion Darfur niederschlug und dabei nach
       Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen Kriegsverbrechen verübte. Ihr
       Chef Dagalo ist noch vom langjährigen sudanesischen Machthaber Omar
       Al-Baschir ernannt worden. [4][Al-Baschir wurde im April 2019 nach einem
       Volksaufstand vom Militär gestürzt]. Seitdem ist der ehemalige Präsident,
       der vom Internationalen Strafgerichtshof wegen des Darfur-Konflikts gesucht
       wird, in Khartum inhaftiert.
       
       16 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/ABaerbock/status/1647517867590529024
   DIR [2] /Uebergangsregierung-fuer-Sudan/!5900147
   DIR [3] /Sudan-nach-dem-Militaerputsch/!5808619
   DIR [4] /Umsturz-im-Sudan/!5584874
       
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