URI: 
       # taz.de -- Diskussion um nukleare Teilhabe: Doppelte Standards der Ampel
       
       > ICAN und Linkspartei warnen die Bundesregierung vor atomarer Bedrohung.
       > Doch reine Lippenbekenntnisse zu nuklearer Abrüstung reichten nicht.
       
   IMG Bild: Diesjähriger Ostermarsch zum atombombenbestückten Fliegerhorst im rheinland-pfälzischen Büchel
       
       Berlin taz | Die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen
       (ICAN) und die Linkspartei werfen der Bundesregierung Doppelmoral vor.
       Anlass ist die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten
       Kathrin Vogler zur Stationierung von Kernwaffen in Nicht-Atomwaffenstaaten.
       Darin bekundet die Regierung zwar, sie würde sich „mit Nachdruck“ für die
       die Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen und für „konkrete
       Schritte“ im Rahmen der nuklearen Rüstungskontrolle, Abrüstung und
       Nichtverbreitung einsetzen. Praktische Folgen für die in Deutschland
       stationierten Atomwaffen sieht sie jedoch nicht.
       
       Hintergrund der Kleinen Anfrage ist die [1][geplante Stationierung
       russischer Atomwaffen im Nachbarland Belarus] – ein Plan, den ICAN als
       „unverantwortliche und gefährliche Eskalation“ verurteilt. Auch
       Bundesregierung sieht darin „einen auf Einschüchterung ausgerichteten
       Schritt, der zur Verschärfung von Spannungen beiträgt“.
       
       Die Verlagerung von Nuklearwaffen nach Belarus laufe „den Bemühungen zur
       nuklearen Nichtverbreitung entgegen“, heißt es in dem vom grüngeführten
       Außenministerium verfassten Antwortschreiben. Die Bundesregierung fordere
       Russland auf, derartige unverantwortliche Schritte zu unterlassen und
       „alles zu tun, um die nuklearen Spannungen nicht weiter anzuheizen“.
       
       Während die [2][mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Organisation
       ICAN] jedoch „im Interesse der Deeskalation in ganz Europa“ auch den Abzug
       der in Rheinland-Pfalz stationierten US-amerikanischen Atomwaffen fordert,
       will die Ampelkoalition davon nichts wissen.
       
       ## Deutliche Kritik aus der Linkspartei
       
       „Die Bundesregierung bekennt sich zur nuklearen Teilhabe (NT) der NATO als
       wichtigem Bestandteil“, heißt es dazu nur lapidar. Gleichwohl bleibe sie
       dem „Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt in Frieden und Sicherheit“ weiter
       verpflichtet und verfolge „dabei einen pragmatischen Ansatz konkreter
       nuklearer Abrüstungsschritte“.
       
       Bei ICAN-Vorstand Xanthe Hall stößt das auf Unverständnis. „Diese
       Doppelmoral ist schon schlimm genug, aber hier geht es um
       Massenvernichtungswaffen, die Millionen Menschen bedrohen“, kritisierte
       sie. „Nukleare Teilhabe steigert das Risiko einer atomaren Eskalation,
       egal, ob es sich um US-amerikanische oder russische Atomwaffen handelt“,
       konstatierte Hall.
       
       Deutliche Kritik kommt auch von der Linkspartei. „Die geplante
       Stationierung russischer Atombomben in Belarus stellt ein
       Weiterverbreitungsrisiko dar“, sagte die Linken-Parlamentarierin Vogler der
       taz. „Die Bundesregierung kann aber nicht erklären, warum das für die
       US-Atomwaffen im rheinland-pfälzischen Büchel nicht gelten soll.“ Gegen
       einen atomaren Rüstungswettlauf würden nicht doppelte Standards, sondern
       konkrete eigene Abrüstungsvorschläge helfen. „Die US-Atomwaffen müssen
       abgezogen werden“, forderte Vogler. Außerdem müsse die Bundesrepublik dem
       Atomwaffenverbotsvertrag beitreten.
       
       Der Atomwaffenverbotsvertrag hat das Ziel, eine Welt ganz ohne Atomwaffen
       zu schaffen. Seit Januar 2021 in Kraft, verbietet er unter anderem den
       Einsatz, Besitz und Transit, die Lagerung und Stationierung von Atomwaffen.
       92 Staaten haben den Vertrag inzwischen unterzeichnet und 68 ratifiziert.
       Deutschland gehört nicht dazu, weil die Bundesregierung der Auffassung ist,
       dass ein Beitritt nicht mit den sich aus der Mitgliedschaft im Nato-Bündnis
       ergebenden Verpflichtungen vereinbar wäre.
       
       1 May 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Atomwaffen-in-Belarus/!5922192
   DIR [2] https://www.icanw.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Pascal Beucker
       
       ## TAGS
       
   DIR Belarus
   DIR Linksfraktion
   DIR Ican
   DIR Verbot von Atomwaffen
   DIR Atomwaffen
   DIR Atombombe
   DIR Göttinger Friedenspreis
   DIR Verbot von Atomwaffen
   DIR Ican
   DIR Atomwaffen
   DIR Energiewende
   DIR Unser Fenster nach Russland
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Experte für atomare Abrüstung: Der Physiker Frank von Hippel erhält den Friedenspreis
       
       Der Göttinger Friedenspreis würdigt Hippels Studien und Initiativen. Sie
       trugen zur Verifizierbarkeit der Abrüstung von Atomwaffen bei.
       
   DIR Internationale Abrüstung: Deutschland boykottiert Atomwaffenverbotsvertrags-Konferenz
       
       Die Bundesregierung ändert ihre Haltung zum Atomwaffenverbot. Die Gründe:
       der russische Angriffskrieg und nukleare Drohungen Moskaus.
       
   DIR Konferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag: „Leuchtturm der Diplomatie“
       
       Am Montag startet die zweite Staatenkonferenz zum
       UN-Atomwaffenverbotsvertrag. ICAN und Linke fordern Baerbock zur Teilnahme
       auf.
       
   DIR Gedenken an Hiroshima: In Origamischuhen gegen Atomwaffen
       
       In Hiroshima treffen jährlich 10 Millionen Papierkraniche ein, um der Opfer
       des Atomangriffs zu gedenken. Die alten landen aber nicht einfach im Müll.
       
   DIR Umweltwissenschaftler über Hoffnung: „Bin nicht der Schwarzseher-Typ“
       
       Lesung in Osnabrück: Warum der Umweltwissenschaftler Ernst Ulrich von
       Weizsäcker trotz allem Hoffnung für die Weltgesellschaft aufbringt.
       
   DIR Meduza-Auswahl 23. bis 29. März: Bis an die Zähne bewaffnet
       
       Wie ein Experte die russische Atompolitik und die Stationierung in Belarus
       sieht, warum ein Wehrpflichtiger wegen seines Glaubens nicht kämpfen muss.
       Texte des Exilmediums.
       
   DIR Atomwaffen in Belarus: Minsk und Moskau rüsten verbal auf
       
       Putin will Atomwaffen in Belarus stationieren, dabei war das Land einst
       Vorreiter bei der Abrüstung. Kritiker warnen vor einer Gefahr für ganz
       Europa.