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       # taz.de -- Die Kunst der Woche für Berlin: Gang auf dem Zahnfleisch
       
       > Niemand fletschte beim Sellerie Weekend so eindrücklich die Zähne wie
       > Clara Bahlsen und Sophie Aigner im Kleinen Raum für aktuelles Nichts.
       
   IMG Bild: Brocken, Zähne, Finger und immer wieder: „Außendran die Beine“
       
       Vor dem Fenster des Projektraums [1][Kleiner Raum für aktuelles Nichts]
       hatte es sich ein knallgrüner Staudensellerie bequem gemacht. Wo sich
       solche Stile tummelten war am letzten Aprilwochenende ganz klar
       [2][Sellerie Weekend]. Unter dem Banner des Knollengemüses präsentierten
       die Berliner Off-Spaces ihr Programm. Im Kleinen Raum, den Michael Disqué
       und Anna-Lena Wenzel in einem Hinterhof in der Kreuzberger Graefestrasse
       betreiben, läuft die Ausstellung „Außendran die Beine“ von Clara Bahlsen
       und Sophie Aigner dankenswerter Weise noch ein paar Wochen weiter.
       
       Außendran also Beine. Oder Finger. Oder Nasen. Über Kreuz wie beim
       Wünschen. Oder als Viererparade, die die Nasenlöcher flattern lässt. So
       arrangiert [3][Sophie Aigner] hier die Riecher, Tonreliefe, an denen unten
       noch ein bisschen Rachenfortsatz herausragt. Es kann auch passieren, dass
       sie Nasen und lange Gliedmaaßen mit Ölkreiden, Marker und Graphit auf
       Blätter zeichnet wie in ihrer Serie „Die lieben Beiden“ von 2019. Dann
       fangen die Nasen an, einander zu umkreisen und die Nasenlöcher, den Platz
       zu wechseln.
       
       Außendran also Beine. Und: „Noch weiter draußen die Zehen und Finger“. So
       steht es im Ausstellungstext, der allerlei Mundwerk einführt, sich an Angst
       vorbeischleicht und schließlich am Glück entlanghangelt bis er auf Knochen
       trifft – hier beginnt scheinbar ein Kabarettstück, so witzig ist das. Und
       so clever korrespondiert das Wort mit der zentralen Korrespondenz, die hier
       zwischen den Werken freigesetzt wird, wenn [4][Clara Bahlsen] kleine
       Steinchen auf gehäuftem Sand fotografiert und das ganze „Zähne“ nennt.
       
       Für die zweite Fotoarbeit ist die Künstlerin bis in die Jungsteinzeit
       gereist. Auch ohne die Formation des Großsteingrabs „Visbeker Braut“ und
       dessen Sage über Steinwerdung als Befreiungsakt zu kennen, spielen sich
       zwischen den Felsbrocken Beziehungsdynamiken ab. Steinknacker und
       Zahnersatz – ein Biss in den Stangensellerie und ich kann es nur empfehlen,
       sich von Sophie Aigner und Clara Bahlsen auf den Zahn fühlen zu lassen.
       
       5 May 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://kleiner-raum-fuer-aktuelles-nichts.de/
   DIR [2] /Was-sich-lohnt-beim-Gallery-Weekend/!5927506
   DIR [3] https://sophieaigner.de
   DIR [4] https://clarabahlsen.com/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Noemi Molitor
       
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