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       # taz.de -- Diversität bei der FDP: Keine Zeit für Vielfalt
       
       > Der Verein Liberale Vielfalt möchte offizielle Vorfeldorganisation der
       > FDP werden. Aber das klappt nicht – obwohl sich die Mehrheit dafür
       > ausspricht.
       
   IMG Bild: Die FDP: „Machen, was wichtig wird“
       
       taz | berlin Der zweite Tag des Bundesparteitags der FDP in Berlin beginnt
       gleich mit einem Missverständnis. Kurz brandet Jubel an einer Stelle im
       Saal auf. FDP-Mitglied Mirwais Wafa freut sich. Etwas zu früh, wie sich
       kurz darauf herausstellt. Es geht um einen Antrag, der anstrebt, die
       Liberale Vielfalt zu einer offiziell anerkannten Vorfeldorganisation der
       FDP zu machen. Es ist ein 2020 gegründeter FDP-naher Verein, der Menschen
       mit Migrationshintergrund, Jüdinnen und Juden sowie
       Spätaussiedler:innen für liberale Politik begeistern will.
       
       Die Delegierten haben abgestimmt und über 70 Prozent befürworten das
       Anliegen. Der Antrag sei erfolgreich, heißt es zunächst. Doch kurz darauf
       wird diese Aussage widerrufen. Doch nicht. Es brauchte für diese
       Satzungsänderung eine doppelte Mehrheit, also zusätzlich eine
       Zwei-Drittel-Mehrheit aller Stimmberechtigten. Dafür waren aber nicht
       genügend Delegierte im Raum. Kurz kommt die Idee auf, die Wahl zu
       wiederholen. Aber das passiert nicht. Keine Zeit.
       
       Wer sich allerdings im Saal umschaut, könnte durchaus meinen, dass sich die
       Partei diese Zeit nehmen sollte. Es ist schließlich die Partei, an der
       ohnehin das Image klebt, ein porschefahrender Männerverein zu sein. Mirwais
       Wafa ist jedenfalls enttäuscht.
       
       Er selbst konnte nicht mit abstimmen, er ist kein Delegierter. Wafa ist
       seit 2021 FDP-Mitglied – und er ist Mitglied bei der Liberalen Vielfalt.
       „Ich habe nicht damit gerechnet, dass der Antrag abgelehnt wird“, sagt er.
       Im Vorfeld habe es geheißen, der Antrag werde durchgehen. Auch der
       [1][FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai] ist Mitglied bei der Liberalen
       Vielfalt und unterstützt deren Anliegen. „Ich finde es schade. Vielfalt
       muss doch im Vordergrund stehen“ sagt Wafa und möchte, dass man über den
       Vorgang nochmal diskutieren sollte. „Ein Weltuntergang“ ist es für ihn
       dennoch nicht. Beim nächsten Bundesparteitag könnte man den Antrag erneut
       stellen.
       
       Ähnlich gelassen zeigen sich die beiden Bundesvorsitzenden der Liberalen
       Vielfalt, Julian Barazi und Irene Schuster. “Obgleich nicht so viele
       Delegierte im Raum gewesen sind, wie es wünschenswert gewesen wäre,
       trotzdem hat ein Großteil für uns gestimmt, das ist ein positives Signal“,
       sagt Schuster. Barazi sieht das auch so. Zudem findet er: “Das Image der
       alten weißen Männerpartei ist falsch. Die FDP war die erste Partei mit
       einem Deutschen mit Migrationshintergrund an der Spitze, die erste mit
       jemanden, der homosexuell war, an der Spitze“, zählt er auf. Es ist eine
       Anspielung auf Philipp Rösler und Guido Westerwelle.
       
       Schaut man sich den aktuellen Bundestag an, sieht es in puncto Diversität
       eher mau aus – nicht nur was den Frauenanteil angeht. [2][Einer Recherche
       des Mediendienstes Integration zufolge haben nur 11,3 Prozent] aller
       Abgeordneten im Bundestag einen Migrationshintergrund. Die FDP-Fraktion
       schneidet dabei ziemlich schlecht ab. Nur 5,4 Prozent der
       Fraktionsmitglieder haben einen Migrationshintergrund, in der
       Unions-Fraktion liegt der Anteil bei 4,1 Prozent. Zum Vergleich: In der
       Linksfraktion sind es 28,2 Prozent, bei der SPD 17, bei den Grünen 14,4
       Prozent.
       
       Die beiden Co-Vorsitzenden der Liberalen Vielfalt betonen, dass ihr Verein
       sich bewusst an drei Gruppen richtet: Menschen mit Migrationsgeschichte,
       Jüdinnen und Juden und Spätausiedler und Spätaussiedlerinnen. „Wir wollen
       uns damit abgrenzen von den eher linkeren Migrantenorganisationen, die
       direkt Terminologien aus der USA importieren und zum Beispiel von Bipocs
       sprechen“, erklärt Barazi. Bipoc steht für Black, Indigenous, People of
       Color. „Mit Blick auf die deutsche Geschichte kann man doch nicht über
       Menschen mit Marginalisierungserfahrungen reden, ohne deutsche Juden
       mitzudenken“ erklärt Barazi. Er ist überzeugt, es gäbe “noch viel zu tun“.
       Aber er ist sich auch sicher, beim nächsten Mal wird es klappen mit der
       Vorfeldorganistion.
       
       22 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /FDP-Politiker-Djir-Sarai-ueber-seine-Partei/!5846835
   DIR [2] https://mediendienst-integration.de/artikel/mehr-abgeordnete-mit-migrationshintergrund-1.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jasmin Kalarickal
       
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