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       # taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Per Anruf zum Ku-Klux-Klan
       
       > Die Reihe „Georges Méliès – Filme zum Weltraum“ dokumentiert die
       > Erfindung eines Genres. „Black US Cinema“, die Selbstbehauptung des
       > schwarzen Kinos.
       
   IMG Bild: „BlacKkKlansman“ (2018), Regie: Spike Lee
       
       Genrekino, wie wir es heute kennen, war in der Frühzeit der Filmkunst
       natürlich noch unbekannt – die Pioniere mussten Themen und Handlungsmuster
       logischerweise überhaupt erst einmal erfinden und etablieren, bevor man von
       einem Genre hätte sprechen können. Völlig auf die eigene Imaginationskraft
       zurückgeworfen waren sie allerdings auch nicht, denn schließlich gab es
       eine umfangreiche Literatur, von der man sich inspirieren lassen konnte.
       
       Im Falle der Science-Fiction-Filme von Georges Méliès waren die
       Hauptinspirationsquellen wohl Werke von Jules Verne und H.G. Wells, die der
       französische Filmpionier dann mit satirisch-komödiantischen Elementen
       versah und – oft mit sich selbst in der Hauptrolle – in stark von
       Tricktechnik und bühnenhaften Settings geprägten Studioproduktionen
       verfilmte.
       
       Der berühmteste seiner Filme ist „Le voyage dans la lune“ (1902), in dem
       waghalsige Abenteurer mit ihrer Rakete im Auge des Mondes landen, die
       Tochter des Mondkönigs entführen und sehr viele Gelegenheiten wahrnehmen,
       den Stopp-Trick (der Menschen und Dinge verschwinden lassen konnte und
       nichts anderes war als der Filmschnitt in der Kamera) zur Geltung zu
       bringen. In „Le Voyage à travers l'impossible“ (1904) wiederholte Méliès
       sein Erfolgsrezept noch einmal, nun ging die Reise unter anderem zur Sonne.
       
       Das Filmprogramm „Georges Méliès – Filme zum Weltraum“ versammelt insgesamt
       sechs Filme des Meisters und ist [1][Teil der kleinen Reihe „Ad Astra –
       Filmische Reisen ins All“], die die Vorlesungsreihe „Across the Universe –
       Aktuelle Einblicke ins All“ an der Humboldt-Universität begleitet. Stefan
       Willer hält eine Einführung, Eunice Martins begleitet die Filme am Flügel
       (3. 5., 19.30 Uhr, Kino Arsenal).
       
       Es hat wahrhaftig lange gedauert, ehe Geschichten um schwarze Amerikaner
       auch im US-Kino eine gewisse Selbstverständlichkeit bekamen. Die letzten
       zehn Jahre haben nach beharrlichem Insistieren schwarzer
       Filmkünstler:innen dann doch einen erheblichen Fortschritt gebracht,
       dem die Filmreihe „Black US Cinema“ [2][im Babylon Mitte jetzt Referenz
       erweist].
       
       Zu sehen gibt es sowohl neuere Filme wie Spike Lees „BlacKkKlansman“
       (2018), in dem ein schwarzer Undercover-Polizist in den 70er-Jahren
       absurderweise telefonisch zum Mitglied der örtlichen Zelle des
       rassistischen Ku-Klux-Klans wird und einem geplanten Verbrechen auf die
       Spur kommt, als auch mit „Shaft“ (1971) des brillanten Fotografen und
       Regisseurs Gordon Parks einen der großen Klassiker des „schwarzen Kinos“.
       
       Als Privatdetektiv John Shaft war Richard Roundtree ein extrem cooler
       schwarzer Held, der sich ganz selbstverständlich in der Black Community in
       New York bewegt und um deren Alltagsprobleme und Rassismus-Erfahrungen weiß
       („BlacKkKlansman“, 1. 5., 18 Uhr; „Shaft!, 2.5., 17.30 Uhr, Babylon Mitte).
       
       Mit Rassismus beschäftigt sich auch das Drama „Der vermessene Mensch“ von
       Lars Kraume, die hier ein Stück deutsche Geschichte aufarbeitet: die mit
       Verbrechen gespickte Kolonialvergangenheit im damaligen
       Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia.
       
       Leonard Scheicher verkörpert den aufstrebenden Ethnologen Alexander
       Hoffmann, der mit seiner für die Zeit gewagten These, die Afrikaner seien
       keineswegs weniger intelligent als die Europäer, bei den Kollegen auf
       Granit beißt. Über die Jahre wird Hoffmann Zeuge des Völkermordes an den
       Herero, doch der Film – und das ist das Interessante daran – entwirft hier
       keine Gutmenschengeschichte, sondern zeigt, wie Hoffmann nach und nach
       aufsteckt und sich im vermeintlich wissenschaftlichen Interesse immer
       tiefer selbst in die Verbrechen verstrickt (27. 4., 20.30 Uhr, 2. 5., 18
       Uhr, [3][Kino Casablanca]).
       
       27 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmvorfuehrung/georges-melies-filme-zum-weltraum-1983/
   DIR [2] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/black-us-cinema
   DIR [3] http://www.casablanca-berlin.de/filme.html#mensch
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lars Penning
       
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