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       # taz.de -- Die Erde so richtig ausnehmen: Das Ende des Sparfimmels
       
       > Sie wollten sich bessern, aber wegen der Klimaproteste sagen die Menschen
       > zum Umweltschutz „Nein, danke“. Zeit, das Schnitzel zum Weinen zu
       > bringen!
       
   IMG Bild: Wollten es ja so: Klimademonstranten der Letzten Generation
       
       Wir schreiben das Jahr 2046. Der [1][Erdüberlastungstag], der den
       weltweiten Überverbrauch reproduzierbarer Ressourcen aufs jeweilige
       Kalenderjahr umrechnet, ist mittlerweile bereits am sechsten Januar
       erreicht, den „Eiligen Drei Königen“.
       
       Von diesem Tag an lebt die Bevölkerung der westlichen Industrieländer den
       Rest des Jahres auf Pump, wie ein Junkie, der seine Großmutter ermordet
       hat, und jahrelang weiter heimlich ihre Rente kassiert. Wenn die Bullen
       nichts checken, kann man das ja machen.
       
       Die Weichen für diese fatale Entwicklung wurden im Grunde schon vor über
       zwanzig Jahren gestellt: [2][Denn hätten sich die jungen Leute damals nicht
       auf den Straßen festgeklebt], so dass viele zu spät zum Squash, ins Kino
       oder zum Proktologen kamen, wäre alles völlig anders gelaufen. Tiefe
       Einsicht in die ökologischen Notwendigkeiten hätte sich, wie vom heiligen
       Naturgeist eingehaucht, von ganz alleine eingestellt. Das Auto wäre
       abgeschafft, und durch ein Lastenfahrrad ersetzt worden. Mit dem wäre man
       dann im Urlaub in den Harz gefahren, statt nach Thailand zu fliegen.
       
       Aber so? „Nein danke“, sagten sich nun natürlich die gequälten
       Leidtragenden dieser unsinnigen Schikane, „kein Squash, keine Zukunft – so
       leid uns das tut.“ Und man kann sie nur allzu gut verstehen. Auch
       umweltbewusste Menschen haben schließlich ihren Stolz, und niemand lässt
       sich gerne etwas vorschreiben, noch dazu von Kindern, die doch vieles noch
       gar nicht wissen, geschweige denn zur Gänze überblicken können.
       
       ## Den Gürtel weiter schnallen
       
       Diese Blagen sind alleine schuld daran, dass es heute weder fünf vor, noch
       fünf nach zwölf ist, sondern in einem fort so vehement dreizehn schlägt,
       wie von sieben brennend einstürzenden Notre-Dame-Türmen gleichzeitig. Das
       haben sie jetzt davon. Wie kann man den angeborenen guten Willen der
       Bürgerinnen nur so torpedieren.
       
       Beleidigt lassen diese nun erst so richtig die Sau raus: Alte Batterien
       landen mit Absicht in der Biotonne, dreimal täglich gibt es derart
       [3][unglückliches Schwein], dass noch das Schnitzel auf dem Teller weint.
       Dabei ist die ganze Zeit überall das Licht an, denn man spart an gar nichts
       mehr: „Wir müssen alle den Gürtel weiter schnallen“, sagt mein Futurologe
       Zbigniew, „bis man den Schlüppi sieht.“
       
       Bei uns zu Hause legt die Hose sogar schon das Maurerdekolleté frei. Als
       die Dieseldrohne von Drinkerando brummend den Aperol Spritz auf unserem
       Balkontisch im vierten Stock abstellt, bedankt sich meine Hausnymphe
       Apocalypso höflich bei der Drohne, sonst fliegt die beim nächsten Mal mit
       unserer Bestellung einfach zu den Nachbarn.
       
       1 May 2023
       
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       ## AUTOREN
       
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