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       # taz.de -- Fußball, Frikadellen, Verfassungsschutz: Für Salat gehe ich da nicht hin
       
       > In Berlin gibt's beste Polit-Unterhaltung und die Systemfrikadelle für 5
       > Euro noch obendrauf. Bei Fortuna Düsseldorf gibt's freien Eintritt.
       
   IMG Bild: Wegner und Giffey haben immerhin einen hohen Unterhaltungswert – mehr aber leider nicht
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Waffen- wie Friedensthema scheinbar erschöpft.
       
       Und was wird diese Woche besser? 
       
       Zur Ukraine schauen.
       
       In Berlin ist CDU-Mann [1][Kai Wegner im dritten Anlauf zum Bürgermeister
       gewählt] worden. Wie wird sich die Große Koalition unter seiner Führung
       schlagen? 
       
       Na ja – schlagen, halt. Wegner wurde schneller Bürgermeister als
       Normalberlinende einen Ausweis bekommen oder heiraten können. Die
       Wissenschaft redet von Chaostheorie, Berlin bietet Praxis. Die neue Senat –
       sieben Frauen, vier Männer – versammelt auch die Diversitäten Migranten,
       Ossis, schwul und sozialdemokratisch. Da ist für jeden was dabei; die CDU
       kann Großstadt oder die SPD noch spießiger sein als die CDU oder: Wenn sie
       im Wohnungsmarkt und in der öffentlichen Verwaltung spürbare Verbesserung
       hinbekommen, haben sie eine Chance. Bisher haben sie einen hohen
       Unterhaltungswert.
       
       Fast-Food-Ketten werden in Deutschland nach Angaben des Bundesverbandes der
       Systemgastronomie immer beliebter, 2022 stieg ihr Umsatz auf 28 Milliarden
       Euro an. Wie schmeckt Ihnen das? 
       
       Auf in den Mampf: Die Big- und Burger-Buden haben auf
       Touch-Screen-Bestellung umgerüstet. So hilft die Kundschaft der
       Belegschaft, ihre Jobs abzuschaffen. 56 Prozent der Gäste fliehen den
       gastlichen Ort und speisen woanders; ein Multispreader für Verpackungsmüll.
       Stichwort „bis zum Erbrechen“: Der Bundesverband kotzte einen stattlichen
       Strahl, als der Mindestlohn auf 12 € erhöht wurde; neben allerlei
       rhetorischem Dressing funkelte das Kernargument: das sei ja höher als die
       ersten drei Tarifgruppen. Eben drum. Es muss einen Grund geben, warum die
       Systemfrikadelle 5 € kostet, ein Döner in der unsystematischen Gastronomie
       eher 7 bis 8 €. Ich dagegen koste da nix, die machen auf vegan, gesund,
       Salat – dafür geh ich da echt nicht hin.
       
       [2][Die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative ist laut Verfassungsschutz
       „gesichert rechtsextremistisch“]. Brauchen wir dafür einen
       Inlandsgeheimdienst? 
       
       Für die Einstufung nicht, aber dafür, sie durchzusetzen. Die AfD
       prozessiert seit zweieinhalb Jahren gegen ihre Ernennung zum
       „Verdachtsfall“, und wohlweislich wappnet sich der Verfassungsschutz mit
       einer „umfangreichen Materialsammlung“ gegen die nächste Runde. Immerhin
       darf er nun deren Finanzen röntgen, Telefone abhören, V-Menschen
       einschleusen und sich dort bewegen, wo man den Rechtsstaat ungern rumhängen
       sieht. Die Jahre, in denen das Amt langsam, schludrig oder gar nicht
       aufpasste, halten sich in Maaßen.
       
       Springer hat Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt verklagt. Dann wurde
       bekannt, dass Reichelt dem Verleger der Berliner Zeitung, Holger Friedrich,
       vertrauliche Springer-Dokumente angeboten hatte. Der wiederum informierte
       [3][Springer über den Vorgang.] Wer ist der größte Verlierer in dieser
       Geschichte?
       
       Die Berliner Zeitung hatte sich zuletzt bei Seymour Hershs Theorie zu Nord
       Stream, bei Naftali Bennetts Bericht über seine Friedensverhandlungen
       hervorgetan, auch war sie die Plattform für Antje Vollmers bedrückendes
       politisches Vermächtnis. Diese risikobereite Redaktion ist der Verlierer,
       wenn der Verleger leckt. Ein bisschen auch Reichelt, denn der Versuch
       zeigt, dass die Zeit nicht mehr jeden Schlamm ins ehrwürdige Blatt hievt.
       
       [4][Fortuna Düsseldorf will im Rahmen eines Pilotprojekts freien Eintritt
       in sein Stadion gewähren] und spricht von einer „Revolution im
       Profifußball“. Werden Sie dann dort mal vorbeischauen? 
       
       Mit der Betonung auf „vorbei“, ja. Keine Lust, für ein paar 1.000-€-Snobs
       in den Herrenmenschenlounges das Brüllprekariat abzugeben. Düsseldorf
       bekommt sein 52.000-Plätze-Stadion kaum halbvoll, doch auch bei Klubs mit
       oft ausverkaufter Hütte macht das Ticketing weniger als 20 Prozent der
       Einnahmen aus. Gratiseinlass heißt: Die Sponsoren zahlen mehr und werden
       mächtiger; die Fans austauschbarer und egaler. Vielleicht klappt’s
       trotzdem, weil es einen sozialen Effekt hat. Sonst wird’s Gegner-Ultras
       Spaß machen zu singen „Hey Fortuna, euch will man nicht geschenkt!“
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       12 Punkte minus Wurzel aus Schiedsrichter.
       
       Fragen: Luise Mosig, Ambros Waibel
       
       1 May 2023
       
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