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       # taz.de -- Studie zu Lebensmittelpreisen: Hungrig nach Profiten
       
       > „Übermäßige Gewinnmitnahmen“ sind weit verbreitet in Europa. In
       > Deutschland sind sie aber besonders „eklatant“, so der Kreditversicherer
       > Allianz Trade.
       
   IMG Bild: Kühlregal in einem Supermarkt: Lebensmittelpreise sind mittlerweile zum Inflationstreiber geworden
       
       Hamburg afp | Der „Profit-Hunger“ der Hersteller trägt einer Untersuchung
       zufolge zu den stark steigenden Preisen für Lebensmittel bei. Mehr als ein
       Drittel der jüngsten Preissteigerungen in Deutschland sei nicht auf
       Faktoren wie gestiegene Energie- oder Lohnkosten zurückzuführen, heißt es
       in [1][einer am Montag vorgestellten Studie] des Kreditversicherers Allianz
       Trade. Dieser Trend zu „übermäßigen Gewinnmitnahmen“ ist demnach überall in
       Europa zu beobachten, in Deutschland sei er aber besonders „eklatant“.
       
       Die Lebensmittelpreise sind mittlerweile zum Inflationstreiber geworden. In
       Europa machen [2][Preissteigerungen] in dem Bereich der Studie zufolge fast
       ein Drittel der Teuerung aus, in Deutschland sogar fast 40 Prozent. Die
       Allianz-Experten gehen davon aus, dass dies auch noch eine Weile so bleiben
       wird, bevor die Preise spätestens im kommenden Jahr wieder sinken.
       
       Diese Teuerungen lassen sich den Angaben zufolge kaum mit den im
       vergangenen Jahr [3][stark gestiegenen Rohstoffpreisen] erklären, da diese
       wieder stark zurückgegangen seien. Ein wichtiger Grund hingegen seien die
       Betriebskosten, vor allem durch die hohen Energiepreise, aber auch die
       Kosten für Verpackungsmaterialien sowie die Lohnkosten, erklärte Allianz
       Trade.
       
       Seit Mitte Mai 2022 könnten etwa 10 Prozent der [4][Verteuerung der
       Lebensmittel] in Europa damit aber nicht erklärt werden, erklärte der
       Inflationsexperte Andy Jobst. „Das ist deutlich mehr als vor der Pandemie
       und dem Ukrainekrieg. Damals lag dieser ‚unerklärte Teil‘ bei weniger als 3
       Prozent.“ In Deutschland sei die Situation „noch eklatanter“: Hier betrage
       der ungeklärte Anteil über ein Drittel.
       
       „Es scheint zunehmend Anzeichen für Gewinnmitnahmen zu geben sowie
       unzureichenden Wettbewerb in den Bereichen mit besonders starken
       Preissteigerungen wie zum Beispiel bei Herstellern von Milchprodukten und
       Eiern, aber auch bei nichtsaisonalem Gemüse und Obst“, erklärte Jobst. „Wir
       beobachten auch, dass insbesondere Lebensmittelhersteller hungrig nach
       Profiten sind“, fügte Allianz-Branchenexperte Aurélien Duthoit hinzu. „Sie
       haben die Preise wesentlich stärker erhöht als die Einzelhändler.“
       
       Die Studie weist auch auf weitreichende Folgen der anhaltenden Verteuerung
       von Lebensmitteln hin. „Wenn die Verbraucher mehr für Lebensmittel
       bezahlen, geben sie weniger Geld für andere Dinge aus, was eine
       wirtschaftliche Erholung verlangsamen könnte“, erklärte Jobst. Ein weiterer
       Anstieg der Lebensmittelpreise um 20 Prozent würde Deutschland so rund 0,5
       Prozentpunkte des Wirtschaftswachstums kosten.
       
       24 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.allianz-trade.com/content/dam/onemarketing/aztrade/allianz-trade_com/en_gl/erd/publications/pdf/2023_04_14_europe-food-inflation.pdf
   DIR [2] /Schaetzung-zur-Preisentwicklung/!5925236
   DIR [3] /Konjunktur-in-Deutschland/!5928310
   DIR [4] /Lebensmittel-Einzelhandel/!5928272
       
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