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       # taz.de -- Offene TV-Gelder für WM 2023: Wertedebatte um Frauenfußball?
       
       > Infantinos moralischer Einsatz für die Frauen-WM ist bigott. Am Ende
       > steckt nur eine Marktstrategie dahinter.
       
   IMG Bild: Wird 23 wie 19 sein? Frauenhände recken den World Cup in die Luft
       
       Der Vorwurf der Geringschätzung des Frauenfußballs, den Gianni Infantino
       dieser Tage gegen die Fernsehanstalten der „Big 5“-Länder in Europa erhebt,
       ist richtig und verräterisch zugleich. [1][Zwanzig bis hundert Mal weniger]
       als bei der Männer-WM in Katar würden die TV-Sender für das Frauenturnier
       im Sommer in Australien und Neuseeland bieten, klagte der Fifa-Chef. Und er
       drohte, die Fans im europäischen Kernmarkt müssten bei diesen Angeboten
       wohl auf bewegte WM-Bilder verzichten.
       
       Die TV-Rechte des letzten Männerturniers wurden jedoch wie stets in der
       Vergangenheit im Paket mit den Frauenturnier verkauft. Im Nachhinein
       taxiert Infantino den Wert der letzten Frauen-WM also auf null, wenn er die
       erlösten TV-Gelder allein den Männern zuschlägt. Das entspricht dem
       Selbstverständnis der Fifa und der TV-Anstalten der letzten Jahre. Bei den
       millionenschweren Verhandlungen packte man die Frauen-WM wie ein
       Gratisgeschenk einfach obendrauf.
       
       Das muss man im Hinterkopf behalten, wenn sich Infantino nun, da dem
       Frauenturnier erstmals ein eigenen Preisschild umgehängt werden soll, als
       moralinsaurer Verkäufer eines hochpreisigen Premiumprodukts inszeniert. Es
       sei auch eine moralische Verpflichtung der Fifa, die Frauen-WM nicht unter
       Wert zu verkaufen, schrieb er. Man könnte glauben, die Fifa-Ethikkommission
       hätte ihn zur Profitmaximierung angehalten.
       
       Die perspektivische Verdoppelung der Erlöse leite sich allein aus dem
       Grundsatz der Gleichberechtigung ab. Nicht minder komisch ist es
       allerdings, dass die TV-Sender, die bei der vergangenen EM in England zu
       Recht die rasante Entwicklung im Frauenfußball abfeierten und beim
       EM-Finale geschlechtsübergreifend die beste TV-Quote im Jahr 2022
       erzielten, jetzt so tun, als ob ihnen Discounterware zu Mondpreisen
       angeboten würde.
       
       ## Statt mit schönen Worten mit echtem Geld bezahlen
       
       Was ist der Frauenfußball wert, das ist die interessante Frage, um deren
       klare Beantwortung sich keiner mehr drücken kann. Denn statt mit schönen
       Worten soll künftig mit echtem Geld bezahlt werden. Es wird zu einer
       Einigung kommen – so viel ist gewiss. Der Gesichtsverlust für die Fifa und
       die TV-Anstalten wäre zu groß. Wie immens der öffentliche Druck ist, machte
       die deutsche Außenministerin [2][Annalena Baerbock deutlich], die sich mit
       mahnenden Worten an beide Seiten richtete.
       
       Das Pokerspiel wirft kein gutes Licht auf die Beteiligten. Infantino will
       vermeiden, dass er aus dem Männerbereich Geld für den Frauenfußball
       abschöpfen muss. Die TV-Anstalten wollen nicht wie bei den Männern die
       Rolle des Zahlmeisters übernehmen. Mit Wertschätzung für den Frauenfußball
       hat all das wenig zu tun.
       
       5 May 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Frauen-WM-und-TV-Rechte/!5922940
   DIR [2] https://www.merkur.de/sport/fussball/frauen-wm-rechte-faeser-baerbock-kritik-eskalation-gianni-infantino-blackout-ard-tv-92251643.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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