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       # taz.de -- Kritik am Weltdachverband der Journalisten: Intransparent und undemokratisch
       
       > Der Deutsche Journalistenverband (DJV) steigt aus dem Weltdachverband der
       > Journalisten aus. Letzterem wird Korruption vorgeworfen.
       
   IMG Bild: Nicht unabhängig: Russlands Journalisten-Union, hier am Hauptquartier in Moskau im Februar 2023
       
       Berlin taz | Der [1][Deutsche Journalisten Verband] hat seine
       Mitgliedschaft in der Internationalen Journalisten-Föderation gekündigt.
       Das gab der DJV in einer Pressemitteilung von Montag bekannt. Die
       wichtigsten Gründe für den Schritt seien „Intransparenz“ und
       „undemokratisches Verhalten“, heißt es darin. Damit wird der DJV in sechs
       Monaten aus dem journalistischen Weltdachverband aussteigen, in dem
       Organisationen aus fast allen Ländern der Welt dabei sind.
       
       Nur fast alle Länder der Welt. Der DJV ist nicht das erste Mitglied, das
       dem IFJ den Rücken kehrt. Bereits im Januar beschlossen die
       Journalistenverbände Finnlands, Norwegens, Dänemarks und Islands, ihre
       Mitgliedschaft im IFJ aufzugeben. Die nordischen Verbände warfen dem IFJ
       „korrupte Aktivitäten“, undemokratische Praktiken und unethisches
       Finanzgebaren vor.
       
       Konkret wehrten sie sich dagegen, dass russische Journalisten weiterhin
       Mitglied im IFJ sein konnten, obwohl deren Verbände nicht unabhängig seien
       und [2][in von Russland besetzen Gebieten] in der Ukraine eigenen
       Journalistenverbände aufgebaut hätten.
       
       Bei einem Kongress [3][in Oman] soll es zu finanziellen Unstimmigkeiten
       gekommen sein. Der Kongress wurde großteils von der Regierung Omans und
       örtlichen Unternehmen finanziert, obwohl die Presse im Land am Persischen
       Golf als unfrei gilt.
       
       Die Gründe für den Austritt des DJV sind ähnlich gelagert, sagt Hendrik
       Zörner, Pressereferent des DJV, der taz. „Wir kritisieren seit vielen
       Jahren den Mangel an Transparenz, daran hat sich nichts geändert.“
       
       Es gebe keine nachvollziehbaren Informationen über die Verwendung von
       Mitteln, die der Dachverband von seinen Mitgliedsverbänden überwiesen
       bekomme. Das sei eigentlich eine normale Rechenschaft, die der DJV den
       eigenen Mitgliedern schulde und in Form eines Finanzberichts jährlich den
       Delegierten des DJV-Verbandstags auch vorlege.
       
       ## Internationale Zusammenarbeit weiterhin wichtig
       
       Die Russische Journalistenunion wurde im Februar aus dem IFJ
       ausgeschlossen. Doch Zörner kritisiert, dass erst die Austritte der
       nordischen Kollegen den Dachverband dazu bewegt habe. „Erst nach diesen
       Austritten sah sich der IFJ bemüßigt, Konsequenzen zu ziehen. Wir wollten
       das schon früher, weil es in Russland keine freien Medien gibt und diese
       Organisation eine staatlich gelenkte Organisation ist.“
       
       Was das Fass zum Überlauf gebracht habe, sei das undemokratische Gebaren am
       jüngsten Kongress in Athen gewesen: Da hätte der DJV-Vertreter keine
       schriftlichen Anträge stellen können – „ohne Angabe von Gründen“. Dem DJV
       sei die internationale Zusammenarbeit aber weiterhin wichtig, die man nun
       im europäischen Verband weiterverfolgen werden.
       
       Wer weiterhin im IFJ verbleibt, ist die Deutsche Journalisten Union (DJU)
       von Verdi. Matthias von Fintel, Bereichsleiter Medien und Publizistik sagte
       der taz: „Wir können die Gründe für den Austritt nicht nachvollziehen.“ Die
       Kritik an den Beratungen in Athen seien so nicht stichhaltig. Auch die
       Vorwürfe der finanziellen Intransparenz teilt die DJU nicht. Themen spreche
       man lieber „intern“ an.
       
       In einem Antwortschreiben von Anthony Bellanger, dem Generalsekretär des
       IFJ, auf die Kündigung des DJV, das der taz vorliegt, wehrt sich der
       Verband in salopp formuliertem und mit Schreibfehlern gespicktem Englisch
       gegen die erhobenen Vorwürfe.
       
       Sie seien nicht konkret, also könne der Verband sie auch nicht adressieren,
       heißt es im Schreiben. Die Anträge in Athen seien keinesfalls
       zurückgewiesen worden, vielmehr hätte ein Vertreter des DJV die Anträge
       zurückgezogen. Darüber hinaus hätten die Anträge „Mängel“ aufgewiesen und
       seien „nicht kompetent“ formuliert gewesen.
       
       Ohne ins Detail zu gehen, schreibt Bellanger, es sei „das Wort
       ‚rassistisch‘ gefallen“, als der DJV-Vertreter eine Überprüfung von
       Projekten in Afrika angestoßen habe. Der IFJ war auf Anfrage weder
       telefonisch noch per Mail für die taz zu sprechen.
       
       9 May 2023
       
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