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       # taz.de -- Rechtsextreme Partei AfD auf Vormarsch: Es ist zu ruhig für 16 Prozent
       
       > Faschismus ist kein Gewitter, das von alleine vorüberzieht, meint unsere
       > Kolumnistin. Und plädiert dafür, den Erfolg der AfD endlich ernst zu
       > nehmen.
       
   IMG Bild: Alice Weidel und Tino Chrupalla am 9.Mai bei einer Presseerklärung im Bundestag
       
       Es ist schwierig, von Zahlen schockiert zu sein. Eigentlich war es schon
       immer so – Zahlen sind abstrakt, sie heißen nicht Amira, Hao oder Thomas,
       Zahlen übersetzen Qualitatives ins Quantitative, das ist hilfreich, aber
       bei Übersetzungen geht auch immer was verloren. Was ist also eine 16? Was
       sind schon [1][16 Prozent], also sechzehn Leute von hundert,
       vierhundertachtzig von dreitausend, jede*r Sechskommazweifünfte?
       
       Ich finde, dass es zu ruhig geblieben ist, als neulich von 16 Prozent die
       Rede war. 16 Prozent, die der AfD ihre Stimme geben würden, [2][wenn am
       Sonntag Bundestagswahl wäre]. Das ist der höchste Zustimmungswert für diese
       Nazipartei seit November 2018, die somit gleichauf mit den Grünen und nur
       einen Prozentpunkt hinter der SPD lag. In den ostdeutschen Bundesländern
       kommt sie sogar auf rund 26 Prozent.
       
       Und ja, ich finde, dass man das so sagen muss, immer wieder: Eine Partei,
       die sich nicht von Neonazis abgrenzt, die gegen Geflüchtete hetzt und den
       Nationalsozialismus [3][verharmlost und verklärt], deren
       [4][Nachwuchsorganisation erwiesen rechtsextrem] ist und deren Mitglieder
       sich schon mal NS-Rhetorik und antisemitischer Chiffren bedienen, das ist
       eine Nazipartei.
       
       Es sind fast sechs Jahre vergangen, seit die AfD in den Bundestag gewählt
       wurde. Fast hätte ich getippt, „seit sie im Bundestag sitzt“ oder „dort
       eingezogen ist“, aber wenn man wirklich nachdenkt über diese
       Formulierungen, dann sind sie viel zu passiv für einen Umstand, der uns
       nicht überfallen hat oder uns plötzlich zugestoßen ist.
       
       12,6 Prozent der Wähler*innen in Deutschland gaben 2017 dieser
       Nazipartei ihre Stimme. Und heute würden es – laut aktueller
       repräsentativer Umfrage – 3,4 Prozentpunkte mehr tun. Ganz demokratisch
       werden Antidemokraten mächtig.
       
       ## Faschismus ist kein vorüberziehendes Gewitter
       
       In den letzten Jahren ist in viele Runden so ein hämisches Belächeln der
       AfD eingezogen, neben einer gefährlichen Gewöhnung und Verharmlosung. „Ach,
       die zerlegen sich schon selbst“, sagt man da, und versenkt die Gabel im
       Apfelkuchen.
       
       Aber eine Nazipartei, die von Bürger*innen in den Bundestag und in
       Landesparlamente gewählt wurde, muss auch von Bürger*innen selbst wieder
       zerlegt werden. Auch die zuletzt geschrumpfte mediale Aufmerksamkeit
       scheint ihr nicht geschadet zu haben, sie gräbt längst ihre eigenen Kanäle.
       
       Nein, Faschismus ist kein Gewitter, das von alleine vorüberzieht. „Sechzehn
       Prozent, das sind dann immer noch vierundachtzig Prozent, die vernünftig
       sind“, sagt man außerdem und färbt mit der Milch den Kaffee beige. In
       Deutschland vertraut man gern auf die große, vernünftige Mehrheit. Aber an
       die Mehrheit, die einst die Gardinen zuzog, als jüdische Nachbar*innen
       deportiert wurden, denkt man seltener.
       
       „Wir wissen um das braune Netz nach 1945“, sagte Esther Bejarano vor zwei
       Jahren zum Gedenktag des Holocausts. Nach 1945, das ist auch jetzt. Es
       bleibt unsere Aufgabe, dieses Netz zu keiner Zeit als normal hinzunehmen.
       
       10 May 2023
       
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