URI: 
       # taz.de -- Der große und der kleine Golfsport: Saudis und die Bundesliga
       
       > Während sich der Profisport verkauft hat, werkeln in der Bundesliga brave
       > Amateure am Einlochen. Die letzte Generation findet selbst das nicht gut.
       
   IMG Bild: Nur Schrebergärten sind schlimmer: Bewässerung eines Golfplatzes in Malaysia
       
       Uiuiui, viel los im Profigolf. Eben noch hatte ein saudischer Staatsfonds
       die weltbesten Spieler mit aberwitzigen Handgeldern in teils dreistelliger
       Millionenhöhe zu ihrer neuen LIV-Tour abgeworben. Die Abtrünnigen wurden
       unter Bann gestellt, die alten Golfbünde beidseitig des Atlantiks und die
       neuen Petrodollarputschisten beschimpften sich inniglich.
       
       Und plötzlich wird jetzt nach monatelangen Geheimverhandlungen [1][ein
       gemeinsamer Very Big Deal] verkündet, ja, man schließe sich zusammen, ab
       sofort ist alles eines. Kurz: Die Saudis haben gleich die ganze Golfwelt
       gekauft.
       
       „Traurigster Tag der Golfgeschichte“, heißt es, die Aktiven waren perplex,
       erschrocken, empört. Der oberste Verkäufer, PGA-Tourchef Jay Monahan, weiß,
       „dass man mich einen Heuchler nennen wird“. Zum Trost darf der Heuchler zum
       hochdotierten CEO des neuen Bundes aufsteigen. Schon länger planen die
       Saudis, zur sportiven Imagemehrung 2029 die Asien-Winterspiele zu
       veranstalten. Die Wüste runterheizen! „Pflichttermin für Klimakleber“,
       bemerkte jetzt Thomas Kistner (Süddeutsche Zeitung), selbst eine Art
       rhetorisch-giftiger Klimakleber der liberalen Presse.
       
       Ob Pattex, Uhu & Co auch im Sand halten? Kennen die Saudis den deutschen
       Staatsschutz-Kampfbegriff der kriminellen Vereinigung? Oder lochen sie
       gleich restlebenslang ein? Vergangene Woche hat die Letzte Generation
       selbstlochend geübt: Auf Sylts Golfplatz haben sie neue Löcher in ein Grün
       gegraben und diese blühfrisch bepflanzt. Renaturierung nannten sie das.
       
       ## Wässern wie die Schrebergärtner
       
       Die Golfszene war empört. Der deutsche Präsident klagte, Golf „als
       Luxushobby Weniger zu brandmarken, macht mich fassungslos“. Vielmehr sei
       die Ökosystemleistung seines Sports (Biotope, zertifizierte Förderung der
       Artenvielfalt auf den Wiesen etc.) „Teil der Lösung, nicht des Problems“.
       
       Vielfach stimmt das tatsächlich, verglichen mit der agrochemischen
       Landwirtschaft. Und der Wasserverbrauch auf den 729 deutschen Golfplätzen?
       Der sinnfreie Spießerrasen mit negativem Ökoimpact, das Luxushobby vieler
       [2][Klein- und SchrebergärtnerInnen], verschwendet ganz andere Mengen.
       
       Golf, also kaum ein Randproblem. Andere Randfragen klärten wir lange auf
       dieser Seite. Bevor Covid die Sportwelt gerade in Nebendisziplinen
       lahmlegte, lief hier ein halbes Dutzend Folgen von „Randständiges in
       Serie“. Es ging um Squash-Perfektion, Hodengrabschen beim Wasserball oder
       die Bundesliga im Lacrosse. Hingucken, wo sonst kaum wer hinguckt. Die
       Bundesliga im Golf ist auch so eine Randsportart.
       
       ## Wer bedamescht die Bundesliga?
       
       Hingeguckt also: Da schwingen je fünf Teams bei Frauen wie Männern in den
       Erstligen Nord und Süd bei gemeinsamen Turnieren die Keulen. Kaum wen unter
       den 680.000 aktiven HobbygolferInnen interessiert das. Der GC St. Leon-Rot
       nahe Heidelberg (der Club des früheren SAP-Granden Dietmar Hopp) beherrscht
       seit Jahren die Szene. Und bedamescht sie auch. Jedenfalls in den Ligen, –
       wenn es in die Final Four geht (jeweils die zwei besten Teams aus Nord und
       Süd), verlieren die Leon-RoterInnen regelmäßig: ein golferisches Vizekusen.
       
       Zuletzt triumphierten Berlin-Wannsee oder Hamburg bei den Damen, bei den
       Herren Düsseldorf-Hubbelrath, auch mal Mannheim-Viernheim. Neulich brachte
       der GC Hösel ein nie dagewesenes Ergebnis von 47 unter Par fürs Team
       zustande. Teilnahmeberechtigt in den Bundesligen sind, anders als im
       Tennis, nur Amateure, maximal ein Profitourspieler pro Team. Kein
       Beutegebiet also für saudische Haie.
       
       Golf ist ohnehin Vorzeige-Randsport: Rechts der eine Rand des Loches, links
       der andere, davor und dahinter Lochrandbereiche, und mittig muss der Ball
       rein. „Das Loch“, wusste schon Kurt Tucholsky, „ist ein ewiger Kompagnon
       des Nicht-Lochs“. Also ohne Ränder undenkbar. Hat Tucholsky eigentlich Golf
       gespielt?
       
       22 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Sport-und-Menschenrechte/!5937256
   DIR [2] /Gaertnern-an-der-Stadtautobahn/!5911236
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Müllender
       
       ## TAGS
       
   DIR Kolumne Eingelocht
   DIR Fußball-Bundesliga
   DIR Golf
   DIR Fußball
   DIR Kolumne Eingelocht
   DIR Kolumne Eingelocht
   DIR Kolumne Eingelocht
   DIR Kolumne Press-Schlag
   DIR Kolumne Eingelocht
   DIR Sonnenallee
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bundesliga der Männer: Die schlechteste Liga der Welt
       
       Mit dem Eröffnungsspiel am Freitag geht sie los: die 63. Spielzeit der
       Fußball-Bundesliga der Männer. Viel zu erwarten ist da nicht.
       
   DIR Besuch auf der Golfmesse: Schöner Living
       
       Auf der Golfmesse in Düsseldorf werden Reisen, Immobilien und vieles mehr
       beworben. Der Sport selbst spielt eine erstaunlich nebensächliche Rolle.
       
   DIR Golfprofi und Wendehals Jon Rahm: Fahnenflucht zu den Saudis
       
       Der Spanier Jon Rahm wird für etwa eine halbe Milliarde Euro auf der
       saudi-staatlichen LIV Tour golfen. Zuvor gehörte er zu deren Kritikern.
       
   DIR Nachruf auf Golfansager Ivor Robson: Die Stimme des Golfsports
       
       41 Jahre lang hat Ivor Robson bei den British Open die Ansagen gemacht. So
       richtig gekannt hat ihn dennoch kaum jemand. Nun ist er gestorben.
       
   DIR Sport und Menschenrechte: Milliarden für den Image-Kick
       
       Saudi-Arabien ist auf ganz großer Shoppingtour. Der Golfsport ist schon
       gekauft, jetzt ist der Fußball und Spieler Messi dran.
       
   DIR Sportswashing im Golfsport: Comeback der Kassierer
       
       Wer für saudische Öl-Millionen auf der LIV-Tour Golf spielt, muss bei
       regulären Turnieren draußen bleiben. Warum das beim Masters anders ist.
       
   DIR Gärtnern an der Stadtautobahn: „Das war wie im Paradies“
       
       Autobahnneubau ist in Berlin kein Thema von gestern. Sebastian B., 36 Jahre
       alt, hat beobachtet, wie die A100 durch Neukölln gesprengt worden ist.