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       # taz.de -- Von Abschiebung bedrohter Vietnamese: Umzug nach Berlin
       
       > Pham Phi Son will mit seiner Familie von Chemnitz nach Berlin ziehen.
       > Dort hoffen sie auf dauerhaften Aufenthalt statt angedrohter Abschiebung.
       
   IMG Bild: Pham Phi Son 2023 mit seiner Familie in Chemnitz am Rande einer Kundgebung gegen die Abschiebung
       
       Berlin taz | Im Fall des ehemaligen DDR-Vertragsarbeiters [1][Pham Phi Son
       und seiner Familie] aus Chemnitz, dem Behörden und Härtefallkommission nach
       36 Jahren in Deutschland ein Bleiberecht verweigern, gibt es eine Wende:
       Die Familie wird nach Berlin umziehen. Das teilte die Stadt Chemnitz auf
       ihrer Website mit.
       
       Chemnitz befürworte den [2][Antrag der Familie] auf Umzug, steht dort „und
       wird dafür die sogenannte Residenzpflicht aufheben.“ Weil der Vater nur
       eine Duldung, [3][Frau und Tochter eine Ausreiseaufforderung] haben, war
       eine behördliche Genehmigung für den Umzug notwendig.
       
       Mit der Umzugsgenehmigung bekommen die Stadt Chemnitz und das Land Sachsen
       einen Fall vom Tisch, der mehr Staub aufwirbelt, als ihnen lieb ist.
       Überregionale Medien berichten, 107.000 Menschen haben eine
       [4][Onlinepetition für ein Bleiberecht] unterzeichnet.
       
       Die [5][Katholische Kirche] und Eltern aus der Kita der Tochter
       solidarisieren sich mit den „derzeit prominentesten Chemnitzern“, wie es
       der katholische Seelsorger der Familie ausdrückt. Dennoch hatte sogar
       [6][die Härtefallkommission mehrfach gegen die Familie entschieden]. Ein
       erneuter Antrag dort hätte, so Dave Schmidtke vom Flüchtlingsrat, wenig
       Aussicht auf Erfolg gehabt.
       
       ## Hoffnung, dass sich andere Bundesländer bewegen
       
       Die Mitteilung der Stadt war überschrieben mit „Umzug aufgrund besserer
       beruflicher Perspektive“. Doch das trifft nicht den Kern. Beide Eltern
       haben in der Nähe von Chemnitz unbefristete Jobs. In Berlin haben sie einen
       Job bei einem Caterer gefunden. Hier läge die wöchentliche Arbeitszeit des
       Familienvaters, der bisher nur Teilzeit arbeitet, etwas höher. Doch die
       Familie hat die Hoffnung aufgegeben, dass sich Sachsen noch bewegt. Deshalb
       der Umzug. Das Ausländerrecht willigt in ihrem Fall Behörden einen
       Ermessensspielraum zu.
       
       Die Familie ist optimistisch, dass der in jedem anderen Bundesland genutzt
       wird. Die Chemnitzer Ausländerbehörde wird von einigen AnwältInnen als die
       härteste bundesweit angesehen. Als im März die taz den Familienvater [7][zu
       einem taz-Talk] eingeladen hatte, waren mehrere ehemalige Chemnitzer
       Vietnamesen im Publikum, die heute in Berlin und Brandenburg leben. Sie
       sagten am Rande der Veranstaltung, dass sie umgezogen seien, „weil die
       Ausländerbehörde in Chemnitz uns so gequält hat“. Durch Unterstützung von
       Berliner Vietnamesen hat die Familie in der Hauptstadt eine Wohnung
       gefunden.
       
       Dave Schmidtke vom sächsischen Flüchtlingsrat erklärt den bevorstehenden
       Umzug der Familie als „einen Schritt aus aufenthaltsrechtlicher
       Verzweiflung“. In Berlin bestehe keine Sicherheit, dass die Behörden anders
       als in Sachsen entscheiden, aber Hoffnung. Orkan Özdemir,
       integrationspolitischer Sprecher der Berliner SPD, sagt der taz, er
       erwarte, dass dieser Fall in die Berliner Härtefallkommission eingebracht
       und dort bewertet wird. „Es spricht vieles dafür, dieser Familie eine
       Perspektive in unserer Stadt zu ermöglichen.“
       
       Vielleicht muss es aber auch gar nicht erst [8][zu einem Härtefallantrag]
       kommen. Katina Schubert, Fachpolitikerin der Linken, sagt der taz, sie
       erwarte vom Berliner Landesamt für Einwanderung, dass die Duldung in ein
       dauerhaftes Aufenthaltsrecht umgewandelt wird. „Nach 36 Jahren ist die
       Familie Teil dieser Gesellschaft.“ Ein Problem in Berlin sieht sie in der
       langen Wartezeit bei der Behörde.
       
       28 Jun 2023
       
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