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       # taz.de -- Die Wahrheit: Als die Scheiße den Ventilator traf
       
       > Während der Krönung von Charles III. sandte ein Ire aus der Kirche
       > Botschaften in die Welt hinaus – und die royale Kacke war am Dampfen.
       
   IMG Bild: Laptop-King ohne Laptop: Charles III. bei seiner Thronrede vor versammelter Mannschaft
       
       Es hätte so schön sein können. Die Iren schickten ihren Präsidenten und
       ihren Premierminister zur Krönungsfeier von Charles III. nach London, und
       die Engländer waren gerührt von so viel Ehrerbietung, auch wenn das Paar
       von der Nachbarinsel nur ein schwacher Ersatz für Joe Biden war. Der
       US-Präsident hatte seine Frau zur royalen Kostümparty geschickt und war
       selbst angeln gegangen.
       
       Die versöhnliche Geste der Iren, die den Briten beinahe den Brexit
       vermasselt hätten, weil sie auf ihrer Insel keine Grenzkontrollen wollten,
       wurde zunächst wohlwollend aufgenommen. Dann ließ jemand eine Bratpfanne
       fallen, wie der ehemalige Tory-Schatzmeister Lord McAlpine einmal über den
       plötzlichen Ausbruch von Chaos in seiner Partei gesagt hatte. Diesmal war
       es aber keine Bratpfanne, sondern der Instagram-Button auf dem Handy von
       Matt Barrett, dem Lebenspartner des irischen Premierministers Leo Varadkar.
       
       Barrett, ein Kardiologe, schickte bereits auf der Fahrt im VIP-Konvoi zur
       Westminster-Abtei eine Nachricht an seine 350 Follower: „Heilige Scheiße!
       Ich glaube, sie haben mich versehentlich zum König von England gekrönt.“ In
       der Abtei ignorierte Barrett die Anweisung, sein Handy abzuschalten,
       instagramte stattdessen munter weiter. Als er auf der Teilnehmerliste den
       Reverend James Newcome und dessen Titel „Clerk of the Closet“ las, brach es
       aus ihm heraus: Diesen Job habe er bis zu seinem Coming-out gehabt, als er
       Anfang 20 war. Schließlich postete er noch ein Foto vom König und verglich
       dessen Krone mit dem sprechenden Hut, einem schäbigen Zauberhut aus „Harry
       Potter“.
       
       Es ist erstaunlich, dass es eine Woche dauerte, bis die Medien Wind vom
       Barrett-Geplauder bekamen. Dafür sorgte Paul Costelloe, der
       Lieblingsdesigner von Prinzessin Diana. „Man könnte sagen, dass es amüsant
       sei, aber es ist einfach nur furchtbar“, sagte er dem irischen Sunday
       Independent. „Ich hoffe, dass die englische Presse das nicht mitbekommt.“
       Aber dort liest man bisweilen irische Sonntagszeitungen, und so traf „die
       Scheiße den Ventilator“, wie man in Irland sagt – oder auf Deutsch: Die
       Kacke war am Dampfen.
       
       Jetzt entschuldigte sich Barrett via Twitter: „Wenn ich darüber nachdenke,
       so war es eine schlechte Entscheidung.“ Varadkar hatte im März eine
       gleichlautende Entschuldigung veröffentlichen müssen, nachdem er bei seinem
       Treffen mit US-Präsident Joe Biden in Washington einen Witz über Bill
       Clintons Affäre mit Monica Lewinsky gemacht hatte. „Eine schlechte
       Entscheidung“, ließ er verlauten.
       
       Über die Botschaften seines Partners Barrett, die allemal unterhaltsamer
       als die pompöse Krönungsfeier waren, sagte er: „Wir haben darüber
       gesprochen, es wird nie wieder vorkommen.“ Wie denn auch? Bei der
       Krönungsfeier von Prinz William wird Leo Varadkar nicht mehr im Amt sein –
       es sei denn, Charles III. stirbt demnächst.
       
       22 May 2023
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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