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       # taz.de -- Meron Mendel liest in Hamburg: Reden über „Über Israel reden“
       
       > Wenn Deutsche über Israel reden, tun sie das nicht immer kenntnisreich:
       > Der Historiker und Pädagoge Meron Mendel ist zu Gast in Hamburg.
       
   IMG Bild: „Was genau prägt die hiesige Sicht auf den Nahostkonflikt?“ Meron Mendel bei einer Diskussionsrunde
       
       Ein deutsches Selbstgespräch, so hat der 2013 verstorbene Hamburger
       [1][Verleger Lutz Schulenburg] mal genannt, wie hierzulande über den
       Nahost-Konflikt gesprochen wird; beziehungsweise, je nach Weltbild, über
       die palästinensische Sache und die israelische Okkupation. Dass es da etwas
       Spezifisches gebe, eine eigene Weise des Austauschs – vor allem Streits? –,
       das schwingt mit auch gleich ganz vorne auf Meron Mendels viel beachtetem
       Buch „Über Israel reden. Eine deutsche Debatte“.
       
       Nicht unwesentlicher Teil dieser deutschen Debatte: Angela Merkels Aussage,
       dass Israels Sicherheit zur deutschen Staatsräson zähle, so geäußert 2008
       vor israelischen Parlamentarier*innen. Der [2][Historiker und Pädagoge
       Mendel], geboren 1976 in Ramat Gan, Israel, weist in diesem Zusammenhang
       auf Zweierlei hin: Was Merkel gesagt habe, war längst nicht immer Konsens
       im deutschen Kanzleramt, mit der diplomatischen Anerkennung des jungen
       jüdischen Staats etwa tat sich Bonn seinerzeit schwer. Und: Die da
       beschworene Solidarität hält er für eine der Eliten weit mehr als eine der
       Völker; letzteres lasse sich immer wieder von Umfragen ablesen.
       
       Gleichwohl: Mendel zufolge leben „die leidenschaftlichsten Unterstützer der
       israelischen und der palästinensischen Sache“ in Deutschland – „aber die
       meisten von ihnen haben nicht die leiseste Ahnung von der Situation vor
       Ort“.
       
       Eine Unterstützung zu eigentlich eigennützigen Zwecken dürfte das umso
       leichter machen: Wo Deutsche über Israel reden, arbeiten sie sich
       notwendigerweise ab an der Schuld oder, wenigstens, Verantwortung für Taten
       ihrer Vorfahr*innen. Und so erkennen die einen, auf eigene Weise obszön,
       dass die jüdischen Menschen vermeintlich genau das wiederholen, was sie
       doch selbst erlebt hätten; eine abgeschwächte Variante ist das Insistieren
       auf Israels kolonialen Charakter unter opportunem Ausblenden der Rolle,
       welche die Shoah nunmal gespielt hat für die Staatsgründung 1948.
       
       Andere weisen verdächtig lustvoll islamistisch grundierten Antisemitismus
       nach, als gäbe es nur diesen: Als wären dann die vergangenen, aber ja auch
       heutigen Taten autochthoner Antisemit*innen weniger schlimm.
       
       Der hiesigen Diskussion gut täte, wenn „eine gesellschaftliche
       Auseinandersetzung darüber stattfände, was genau die hiesige Sicht auf den
       Nahostkonflikt prägt“, schreibt Mendel, der heute in Frankfurt lebt und
       lehrt – ob er dafür Anzeichen sieht, das kann man ihn dieser Tage selbst
       fragen.
       
       17 Jun 2023
       
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