# taz.de -- Kritik an Pflegereform: Jetzt schon zu wenig Personal
> Am Freitag will der Bundestag die Pflegereform verabschieden. Fachleute
> von Berufs- und Sozialverbänden fordern Nachbesserungen.
IMG Bild: Die Pflegereform sieht vor, dass Zuschläge für Pflegebedürftige ab dem nächsten Jahr erhöht werden
Berlin taz | Thomas Greiner, der Präsident des Arbeitgeberverbands Pflege
(AGVP) [1][fordert in der Rheinischen Post] einen gesetzlich verankerten
Rechtsanspruch auf einen Pflegeheimplatz: „Die Lage in der Altenpflege ist
ernst“, sagte Greiner in der Montagsausgabe der Zeitung: „Zahlreiche
Pflegeheime stehen vor der Insolvenz.“ Darüber hinaus blieben Betten leer,
„weil sie wegen des Personalmangels bei gleichzeitig rigiden
Personalvorgaben nicht belegt werden dürfen. Leidtragende sind
Pflegebedürftige und ihre Angehörigen, die verzweifelt einen Heimplatz
suchen“, so Greiner.
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) hingegen hält diese
Forderung für falsch: „Ein Rechtsanspruch auf einen Pflegeplatz wird in der
aktuellen Situation zwangsläufig zu noch gravierenderen Qualitätseinbußen
führen“, so DBfK-Präsidentin Christel Bienstein zur taz. „Wir haben schon
jetzt viel zu wenige qualifizierte Pflegefachpersonen in den Einrichtungen,
die Personalschlüssel sind unterirdisch und das alles geht zulasten der
Menschen, die auf eine gute Versorgung angewiesen sind.“
Auch der Rechtsanspruch in den Kitas habe keineswegs zu einer besseren
Personalsituation geführt. Bienstein fordert stattdessen eine
„grundlegende Reform des Gesundheitswesens mit neuen Aufgabenverteilungen“.
Dabei sollte der Fokus stärker auf der Gesundheitsförderung, Prävention und
auf pflegerischen Strukturen in der Primärversorgung liegen.
Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der [2][Arbeiterwohlfahrt (AWO)],
schätzt dies ähnlich ein: „Die Pflege steht mit dem Rücken zur Wand und die
Regierung verharrt im Klein-Klein, statt an echten Lösungen zu arbeiten“,
so Sonnenholzner zur taz. „Für eine wirksame Entlastung braucht es eine
nachhaltige Finanzreform der Pflegeversicherung, wirksame Strategien gegen
den Fachkräftemangel, und den Ausbau neuer, quartiersbezogener
Versorgungskonzepte.“
## Verdi befürwortet „Solidarische Pflegegarantie“
Ein Sprecher von Verdi befürwortet unterdessen die „[3][Solidarische
Pflegegarantie], bei der alle Einkommensarten in die Finanzierung
einbezogen werden und sämtliche pflegebedingten Kosten abgedeckt sind“. Das
Konzept von Verdi sieht vor, dass die Pflegeversicherung reformiert wird.
Darin werden alle pflegebedingten Kosten durch eine Vollversicherung
getragen – eine Art Bürgerversicherung, in der alle Bürger_innen je nach
Einkommen einzahlen.
Momentan steht eine Verabschiedung der [4][Pflegereform] für Freitag auf
der Tagesordnung des Bundestages. Darin vorgesehen ist unter anderem, dass
Kinderlose ab Juli einen um 0,35 Prozentpunkte höheren Pflegebeitrag als
bisher leisten. Das Pflegegeld für Pflegebedürftige soll ab 2024 um 5
Prozent steigen. Zuletzt wurde es 2017 erhöht. Die Pflegereform sieht
außerdem vor, dass Zuschläge für Pflegebedürftige im Heim ab dem nächsten
Jahr erhöht werden.
Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen
Wohlfahrtsverbands, beanstandete die Reformpläne gegenüber dem
RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): [5][„Die Pflegereform ist halbgar“],
sagte er dem RND. „Für die stationäre Pflege werden Zuzahlungen von im
Durchschnitt über 2.000 Euro im Monat fällig. Das durchschnittliche
Einkommen alter Menschen liegt aber nur bei 1.700 Euro“, kritisierte er.
22 May 2023
## LINKS
DIR [1] https://rp-online.de/politik/deutschland/pflegeplatz-rechtsanspruch-fuer-alle-soll-lage-verbessern_aid-90730329
DIR [2] /Frauenhaus-Chefin-ueber-Gewalt-an-Frauen/!5893992
DIR [3] https://gesundheit-soziales-bildung.verdi.de/gemeinsamesache/++co++a4190d84-04ba-11eb-9bab-001a4a160119
DIR [4] /Gesundheitsministerium-unter-Druck/!5915904
DIR [5] https://www.rnd.de/politik/kritik-an-lauterbachs-pflegereform-paritaetischer-wohlfahrtsverband-fordert-vollversicherung-2ZEOBRPH4JAMJHZHVVRTTIPYGE.html
## AUTOREN
DIR Nicole Opitz
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