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       # taz.de -- Ampelkrise wegen Heizungsgesetz: Es ist Blut im Becken
       
       > Man kann zur Krise der Ampel zwei verschiedene Narrative auf Kosten der
       > Grünen bilden. Das Problem ist: Beide sind wahr.
       
   IMG Bild: Habeck, Scholz und Lindner noch einig bei der Eröffnung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven im Dezember 2022
       
       Die Ampel taumelt in ihre tiefste Krise. Die Grünen wollen per Gesetz den
       Austausch von kaputten fossilen Heizungen durchsetzen, die FDP spielt ihre
       Lieblingsrolle als Opposition in der Regierung. Der Tonfall ist gereizt.
       Das „sehr, sehr gute Ergebnis“ (Kanzler Scholz) des zähen, 30-stündigen
       [1][Koalitionsausschusses] liegt schon wieder halb in Trümmern. Ohne
       Wärmepumpe drohen Grüne das Ja zu Autobahnen und Abschaffung der
       Klima-Sektorenziele zurückzuziehen. Es regiert die Logik „Macht kaputt, was
       euch kaputt macht“. Es droht ein Zirkel der Zerstörung.
       
       Warum? Man kann die Geschichte so erzählen: Die Grünen haben vier Fehler
       gemacht. Sie haben aus Mangel an politischer Erfahrung zugelassen, dass ein
       Gesetzentwurf ohne soziale Abfederung von Boulevardmedien skandalisiert
       werden konnte. Sie glauben, dass Klimapolitik nur im Konsens und Bündnis
       mit der Industrie geht – und haben dabei glatt vergessen, dass Politik
       Kampf ist, auch wenn man Gutes tun will.
       
       Drittens: Im sozialen Echoraum der Grünen haben viele Wärmepumpen und nur
       wenige wertlose ungedämmte Eigenheime in der Provinz. Und viertens
       vertrauen sie zu sehr auf den Markt, der es schon richten wird. Wenn
       Wärmepumpen nachgefragt werden, so die Idee, wird es auch genug geben –
       irgendwann.
       
       Man kann die Geschichte auch anders erzählen. Springer fährt seit Monaten
       eine bösartige ressentimentgeladene Kampagne gegen Robert Habeck. Die
       Stimmung ist hysterisch, Fakten wie sozialer Ausgleich und mannigfache
       Ausnahmen werden kaum mehr wahrgenommen. Obwohl weniger als ein Prozent der
       Heizungen jährlich ersetzt werden muss, hat die halbe Republik panikhafte
       Verarmungsängste.
       
       ## Die FDP ist wortbrüchig
       
       Die FDP, die dreimal Ja zum Heizungsaustausch gesagt hat, ist wortbrüchig.
       Wie soll die Ampel Klimapolitik machen, wenn die FDP im besseren Fall –
       Verkehrsminister Wissing – nichts tut oder, schlimmer noch, alles ruiniert?
       Wenn die Grünen [2][nun vor Bild ] und der irrlichternden FDP kapitulieren,
       ist das nah an Selbstaufgabe. Es ist Blut im Becken.
       
       Das Problem ist: Beide Geschichten sind wahr. Die Grünen zahlen gerade viel
       Lehrgeld, und die FDP ist ein Halm im Wind. Und: Diese Debatte hat nicht
       nur für die Ampel etwas Ruinöses. Sie verwandelt Klimapolitik in einen
       Kulturkampf von unten gegen oben, von Provinz gegen Eliten. Dabei gewinnen
       nur die Rechtspopulisten.
       
       Ein Ausweg ist wohl nur ein mit noch mehr Ausnahmen und noch mehr
       Subventionen versehenes Gesetz. Für diesen Kompromiss ist das
       Verhandlungsgeschick des Kanzlers gefragt. Sonst gehen bei der Ampel
       demnächst die Lichter aus.
       
       24 May 2023
       
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