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       # taz.de -- Kai Wargalla holt Sitz über Personenstimmen: Grün und trotzdem beliebt
       
       > Die Grüne Kai Wargalla ist zur Bremer Bürgerschaftswahl auf einem
       > aussichtslosen Listenplatz angetreten. Trotzdem hat sie es ins Parlament
       > geschafft.
       
   IMG Bild: Queer-, Kulturpolitik und Strategien gegen Rechtsextremismus: Das sind Kai Wargallas Kernthemen
       
       Bremen taz | „Ich hoffe, ihr begreift die Wucht dessen, was ihr da erreicht
       habt“, schreibt die Bremer Grüne Kai Wargalla ihren Unterstützer:innen
       bei Twitter, wenige Tage [1][nach der Bürgerschaftswahl]. Dabei begreift
       die 38-Jährige es ja selbst noch nicht so richtig, sagt sie der taz. Nur
       elf Sitze im Parlament: Das ist die Ausbeute der Bremer Grünen, und auf
       einem der Stühle wird nun Wargalla sitzen – obwohl sie auf der Landesliste
       auf einem aussichtslosen 14. Platz angetreten war.
       
       Denn sie hat knapp 5.000 Personenstimmen bekommen, mehr als die
       Sozialsenatorin Anja Stahmann. Noch mehr hat nur noch die inzwischen
       zurückgetretene Spitzenkandidatin und Umweltsenatorin Maike Schaefer. „Ohne
       diese Stimmen wäre ich nicht drin“, sagt Wargalla, die seit 2016 in der
       Bürgerschaft sitzt und schon mal Landesvorsitzende war.
       
       Doch warum stand Wargalla trotzdem so weit hinten auf der Liste? Sie hatte
       sich auf Listenplatz acht beworben, wie auch schon vor vier Jahren. Auch
       damals landete sie stattdessen auf Platz 14 und zog über Personenstimmen in
       den Landtag ein.
       
       Der Hintergrund: Auf die Plätze mit geraden Zahlen können sich alle
       Grünenmitglieder bewerben. Weil die ungeraden für Frauen vorgesehen sind
       (in Bremen zudem für trans*- oder nichtbinäre Personen), werden die offenen
       Plätze jedoch auch als Männerplätze verstanden. Schon vor vier Jahren habe
       jemand beim Parteitag gesagt: „Willst du das wirklich machen? Ich würde mir
       das nochmal überlegen.“ So erzählt es Kai Wargalla.
       
       ## Geschlecht ist nicht schwarz-weiß
       
       Sie ging für die vergangen Wahl den gleichen Weg – auch, weil der Bremer
       Landesvorstand betont haben soll, dass man sich diesmal am
       Bundesfrauenstatut der Grünen orientiere, nach welchem die ungeraden Plätze
       wirklich ausschließlich für Frauen seien. „Wenn das das Kriterium ist,
       fühle ich mich wohler auf einem offenen Platz. Ich empfinde Geschlecht halt
       nicht so binär oder schwarz-weiß.“ Am Ende ist sie nach hinten
       durchgereicht worden.
       
       Vielleicht, weil Wargalla auch aneckt. Sie trägt blaue Haare zu neongrünem
       Schmuck, sie saß auch schon mal unbeschuht im Landtag, das missfällt
       einigen, auch in den eigenen Reihen. In der Pandemie kritisierte sie harsch
       den Umgang des Senats mit der Erstaufnahmestelle in der Lindenstraße, in
       der zwischenzeitlich über 300 Geflüchtete coronakrank waren. Sie schlug
       sich auf die Seite der Protestierenden.
       
       Und auch intern gebe es immer wieder Punkte, mit denen sie nicht
       einverstanden sei, sagt Wargalla. „Ich mache das aber nicht gegen meine
       Partei, sondern für mein Gewissen.“ Sauer sei sie wegen der Sache mit der
       Listenaufstellung nicht, [2][austreten kommt für sie nicht infrage]. „Es
       ist total viel im Umbruch bei uns. Ich möchte mithelfen, dass wir in vier
       Jahren besser dastehen.“
       
       Warum sie so viele Menschen gewählt haben, kann und will sie nicht
       mutmaßen. Gute Rückmeldungen habe sie jedoch auch zu ihrer Arbeit bekommen:
       neue Fördertöpfe für die junge Szene, Queer- und Subkultur, Gründung des
       queerpolitischen Beirats – das sind nur ein paar der Erfolge, die Wargalla
       aufzählt.
       
       Die Parteirebellin kommt aus den sozialen Bewegungen. Wargalla arbeitete
       bei „Justice for Assange“ mit, eine Kampagne zur Unterstützung des
       Wikileaks-Gründers. Sie initiierte Occupy London, begleitete den Prozess
       gegen Whistleblowerin Chelsea Manning, [3][verklagte gemeinsam mit sechs
       anderen Barack Obama]. In Bremen kämpfte sie bei Alnatura für einen
       Betriebsrat im Konzern.
       
       24 May 2023
       
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