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       # taz.de -- Cannabis-Clubs machen mobil: Erst zwei, dann vier, dann sieben
       
       > Die Kifferszene ist in Aufruhr, seit der Entwurf zur Teilliberalisierung
       > von Cannabis bekannt ist. Kundgebung immer mittwochs vor dem Kanzleramt.
       
   IMG Bild: Die Ampel-Parteien wollen Cannabis für den Genuss legalisieren
       
       Berlin taz | Die Wolken hängen tief, es sieht nach Regen aus. Vor dem
       Kanzleramt im Tiergarten haben sich ein paar Leute mit Hund versammelt:
       eine Frau, sechs Männer, darunter ein Rollstuhlfahrer. Cannabisschwaden
       ziehen durch die Luft. Immer mittwochs zwischen 9 und 10.30 Uhr, wenn
       drinnen das Bundeskabinett tagt, demonstrieren Mitglieder des Cannabis
       Social Club (CSC) High Ground hier. [1][Von den zwei in Berlin
       existierenden Cannabisclubs ist der High Ground der jüngere].
       
       Am Wochenende hatte in Berlin [2][das Bundestreffen der Cannabisclubs
       stattgefunden]. Die Kifferszene ist in Bewegung, seit
       SPD-Gesundheitsminister Karl [3][Lauterbach und
       Grünen-Landwirtschaftsminister Cem Özdemir im April die Eckpunkte des
       Gesetzes zur Teilliberalisierung von Cannabis] vorgestellt hatten.
       
       Dass es an dem 84-seitigen Gesetzentwurf der Ampel-Bundesregierung viel
       Kritik gibt, bringt die Minikundgebung vor dem Kanzleramt am Mittwoch für
       Außenstehende nicht rüber. Keine Transparente, keine Parolen, die Gruppe
       ist einfach da, unterhält sich, einige rauchen. E
       
       Es gehe darum, die CSC-Bewegung zu repräsentieren, um eine vernünftige
       Gesetzesregelung zu erreichen, erklärt OIiver Waack-Jürgensen, Vorsitzender
       des High Ground, der taz. Der 60-jährige große Mann mit Zopf hat die
       Versammlung angemeldet. Ob er enttäuscht ist über die geringe Teilnahme?
       Waack-Jürgensen schüttelt milde lächelnd den Kopf: „Zuerst waren wir zwei,
       letzten Mittwoch vier, heute sind wir schon sieben“.
       
       ## Kassen verweigern Kostenübernahme
       
       Einen qualmenden Joint in der Hand erzählt der Rollstuhlfahrer, dass er 150
       Gramm Cannabis im Monat benötige – Cannabis als Medikament wohlgemerkt. Er
       beziehe das auf Rezept aus der Apotheke, müsse das aber aus eigener Tasche
       bezahlen, weil die Krankenkasse die Kosten nicht übernehme. Die Dosierung
       helfe ihm, morgens aus dem Bett zu kommen und auch ab und an den Rollstuhl
       zu verlassen. Um zu zeigen, was er meint, erhebt sich der Mann und geht ein
       paar wackelige Schritte.
       
       Auch die einzige Frau in der Runde outet sich als Bezieherin von Cannabis
       auf Rezept, ohne Kostenübernahme. Sie lindere damit ihre
       Arthrosebeschwerden, sagt die 48-Jährige. Die Verweigerungshaltung der
       Kassen sei ein Unding, schimpft der Rollstuhlfahrer. Vielen Patienten
       ergehe es so. Auch hier sei die Ampelregierung gefordert.
       
       Ob es mit der Polizei schon mal Ärger gab, wegen des öffentlichen Konsums
       vor dem Kanzleramt? Ja, sagt Waack-Jürgensen. Man habe dann darauf
       hingewiesen, dass sie es hier mit Patienten zu tun hätten. Dann hätten sie
       bestimmt ein Rezept dabei, habe der Beamte erwidert. „Mit unserem Ja hat er
       sich dann zufrieden gegeben“.
       
       Kurz vor 11 Uhr, eine halbe Stunde über die angemeldete Kundgebungszeit.
       Eine Polizistin nähert sich. „Wir sind fertig“, ruft ihr der
       Rollstuhlfahrer entgegen. „Kein Stress und schönen Tag noch allerseits“,
       entgegnet die Beamtin und geht weiter.
       
       24 May 2023
       
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