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       # taz.de -- Bundeskanzler im Europaparlament: Scholz wirft Putin „Machtgehabe“ vor
       
       > In einer Rede im Europaparlament plädiert Kanzler Scholz am Europatag für
       > eine erweiterte EU. Und er wirbt dafür, die Ukraine so lange wie nötig zu
       > unterstützen.
       
   IMG Bild: Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag im EU-Parlament
       
       Straßburg/Berlin dpa/rtr | In seiner Grundsatzrede zum Europatag im
       Europaparlament in Straßburg warb Bundeskanzler Olaf Scholz für eine
       „geopolitische Europäische Union“, die es mit Russland, aber auch China
       aufnehme. Die USA blieben dabei „Europas wichtigster Verbündeter“, betonte
       der Bundeskanzler. In Bezug auf Peking kritisierte Scholz, [1][„Rivalität
       und Wettbewerb“ hätten „seitens Chinas ohne jeden Zweifel zugenommen“].
       
       Bundeskanzler Scholz betonte, dass das von der EU-Kommission vorgeschlagene
       neue Sanktionspaket gegen Russland „nicht das letzte“ sein wird. „Wir sind
       immer bereit, über Sanktionsregime zu diskutieren“, sagt er im Europäischen
       Parlament in Straßburg. Zu den erstmals im Kommissionsvorschlag genannten
       möglichen Sanktionen gegen chinesische Firmen, die militärisch nutzbare
       Güter nach Russland liefern, sagte er nichts.
       
       Scholz hat die traditionelle Militärparade in Moskau zum 9. Mai als
       „Machtgehabe“ kritisiert. „Lassen wir uns nicht einschüchtern von solchem
       Machtgehabe“, sagt der Kanzler im Europäischen Parlament in Straßburg.
       2.200 Kilometer nordöstlich von Straßburg lasse Putin seine Soldaten,
       Panzer und Raketen aufmarschieren. „Bleiben wir standhaft in unserer
       Unterstützung der Ukraine – so lange, wie das nötig ist“, betont der
       Kanzler. „Die Ukrainerinnen und Ukrainer zahlen mit ihrem Leben für diesen
       Wahn ihres mächtigen Nachbarstaates.“
       
       ## Scholz wirbt für Ausbau des Freihandelsabkommens
       
       Bundeskanzler Scholz hat bei seinem Besuch im Straßburger Europaparlament
       dafür geworben, dass die EU zügig weitere Freihandelsabkommen mit
       verschiedenen Staaten abschließt. Dies wäre „mehr als vernünftig“, sagte
       der SPD-Politiker am Dienstag in seiner Rede. Als Beispiele nannte er
       [2][die südamerikanischen Mercosur-Staaten], Mexiko, Indien, Indonesien,
       Australien und Kenia. Perspektivisch gebe es auch noch viele andere Länder.
       
       Scholz betonte zudem, die Abkommen sollten die wirtschaftliche Entwicklung
       der Handelspartner fördern, nicht behindern. Das bedeute etwa, dass die
       Verarbeitung von Rohstoffen vor Ort und nicht etwa in China oder anderswo
       beginnen sollte.
       
       In den vergangenen Jahren hat es immer wieder Probleme mit dem Abschluss
       von Freihandelsabkommen gegeben. Die EU verhandelt beispielsweise seit 1999
       mit Argentinien, Paraguay, Uruguay und Brasilien, die zu Mercosur gehören.
       Damit würde eine der größten Freihandelszonen der Welt mit mehr als 700
       Millionen Menschen entstehen.
       
       Das Abkommen mit Brasilien zum Beispiel liegt allerdings wegen der
       Blockadehaltung von Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro beim Klimaschutz
       auf Eis.
       
       Scholz mahnte: „Wenn wir noch jahrelang ergebnislos weiterverhandeln über
       neue Freihandelsabkommen, dann diktieren künftig andere die Regeln – mit
       niedrigeren Umwelt- und Sozialstandards.“ Umweltschützer und
       Menschenrechtler warnen indes aber vor Ausbeutung und Umweltzerstörung
       durch das Abkommen.
       
       ## Scholz wirbt für Einigung bei Flüchtlingsgipfel
       
       Vor dem Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern hat Bundeskanzler Scholz für
       eine Einigung geworben. In Deutschland seien die Länder für viele
       gesamtstaatlich wichtige Aufgaben „ausführend verantwortlich“, sagte der
       SPD-Politiker am Dienstag bei einem Besuch in Straßburg. „Deshalb ist es
       wichtig, dass wir uns verständigen.“ Scholz sprach von einer „großen
       gemeinsamen Aufgabe in einem erfolgreichen föderalen Staat“. Dafür müssten
       Bund, Länder und Gemeinden eng zusammenarbeiten.
       
       Er hoffe zudem, dass die Reform der [3][europäischen Asyl- und
       Migrationspolitik] noch in dieser Legislaturperiode des Europäischen
       Parlaments gelinge – das hieße bis Frühjahr 2024. Dazu gehöre ein wirksamer
       Grenzschutz an den europäischen Außengrenzen genauso wie ein gemeinsamer
       Umgang mit Flüchtlingen.
       
       ## Bürger*innen sollten grünen Wandel im Alltag spüren
       
       Bürgerinnen und Bürger sollten die Chancen des Wandels aus Sicht von Scholz
       hin zu [4][einer klimaneutralen Gesellschaft] im Alltag stärker spüren. Als
       Beispiele nannte der SPD-Politiker am Dienstag in einer Rede im Straßburger
       Europaparlament, dass Strom aus erneuerbaren Energien in Zukunft günstiger
       werde, weil in ganz Europa genug Ladestationen für E-Autos gebe und
       Arbeitsplätze etwa in der Chip-Industrie entstünden.
       
       „Diesen Wandel ambitioniert zu gestalten und dabei gleichzeitig niemanden
       zurückzulassen – das ist das große Zukunftsprojekt, hinter dem wir
       Europäerinnen und Europäer uns jetzt versammeln sollten“, sagte der
       Kanzler.
       
       9 May 2023
       
       ## LINKS
       
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   DIR [2] /EU-Abkommen-mit-Mercosur-Staaten/!5892995
   DIR [3] /Nancy-Faesers-Asyl-Vorstoss/!5928493
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       Bundeskanzler Olaf Scholz hat lediglich sattsam bekannte Probleme der EU
       angesprochen. Fragen zu stellen ist gut, aber gesucht werden Lösungen.