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       # taz.de -- Flüchtlinge an US-Grenze: Der Pass nach Norden
       
       > Am Donnerstag ist die Abschieberegelung „Title 42“ der früheren
       > Trump-Regierung ausgelaufen. Zehntausende Menschen sind an der Grenze und
       > wollen in die USA. Ein Ortsbesuch in El Paso.
       
   IMG Bild: Massive Polizeipräsenz und Sicherheitszaun – die Botschaft: Hier kommt keiner durch
       
       Aracely Martin führt durch die vollen Gänge im „Opportunity Center for the
       Homeless,“ einem Heim für Wohnungslose in El Paso. Mal höflich und mal
       etwas bestimmter, bahnt sie sich den Weg an den vielen Menschen vorbei, die
       an diesem Vormittag auf dem Gelände Schutz suchen. Schutz vor dem heißen
       Wüstenklima, das die Temperaturen schon im frühen Mai über 28 Grad
       schnellen lässt, aber auch vor den US-amerikanischen Einwanderungsbehörden,
       die gerade einen Hubschrauber über der Gegend kreisen lassen.
       
       Das „Opportunity Center“ liegt in einem heruntergekommenen Teil der
       Innenstadt von El Paso, der wie ein Daumen ins Nachbarland Mexiko ragt. El
       Paso ist zwar eine eigenständige Stadt im westlichen Zipfel von Texas, aber
       Teil einer Metropolregion von 3 Millionen, die sich auf beiden Seiten der
       internationalen Grenze erstreckt.
       
       Die Gegend wurde schon vor 1.000 Jahren von der Mogollon Hochkultur und
       ihren Nachfahren bewohnt. 1659 kamen die Spanier und gründeten einen eine
       Stadt namens „El Paso del Norte,“ auf deutsch: „der Pass nach Norden,“
       deren Name auf die Route Richtung Pazifik hinwies, rund 1.000 Kilometer
       weiter westlich. Nach dem Krieg gegen Mexiko verleibte sich die kurzlebige
       Republik Texas im Jahr 1850 das Gebiet von „El Paso“ ein, ein Jahrzehnt
       später entstand hier die südliche Grenze zwischen den USA und dem südlichen
       Nachbarn.
       
       Im Wesentlichen wären El Paso und ihr mexikanisches Gegenstück Juarez bis
       heute Teil einer einzigen großen Stadt, wären da nicht die schwer
       befestigten Grenzanlagen, die die zwei Hälften durchteilen. Mancherorts
       sind sie durch Zäune, Wachtürme und den Rio Grande Fluss voneinander
       getrennt, an anderen Stellen liegen nur wenige dutzend Meter zwischen
       Wohnhäusern und Geschäften. Für viele Migrant:innen, die über Mexiko in die
       USA gelangen, ist El Paso deshalb auch der erste Anlaufpunkt.
       
       ## „Little Venezuela“ auf dem Parkplatz
       
       Aracely Martin, die selbst aus Juárez stammt, zeigt, wo im Heim geschlafen
       wird und wo die Bewohner:innen duschen können. „Alle unsere Räume sind
       multifunktional,“ sagt sie, und deutet auf zusammengerollte Matratzen
       entlang der Wände eines vollen Aufenthaltsraumes. Das Wohnungslosenheim
       muss jeden Quadratmeter gut nutzen, denn aktuell sind alle 200 Schlafplätze
       besetzt. „Hier drinnen sind vor allem Wohnungslose aus der Stadt,“ sagt
       sie, während sie durch einen stickigen Gang zu einer Tür führt, die auf die
       Gasse hinter dem Heim hinausgeht. „Die anderen sind hier draußen.“
       
       Mit „hier draußen“ meint Aracely Martin einen asphaltierten und umzäunten
       Parkplatz von vielleicht 100 Quadratmetern hinter dem Gelände des
       „Opportunity Centers“. Rund 700 Menschen teilen sich hier ein
       improvisiertes Zeltlager aus Plastikplanen und Decken des Roten Kreuzes.
       Nach der Heimat vieler der Bewohner:innen haben sie den Parkplatz
       „Little Venezuela“ getauft.
       
       Der Campbewohner Edwar Moncada sitzt im Schatten auf einem umgedrehten
       Eimer und erzählt „Ich hab mir den Weg hierher mit dem Jonglieren
       finanziert.“ Auf seinem Handy zeigt der etwa Endzwanzigjährige ein Video
       von sich, wie er an einer brasilianischen Kreuzung mehrere Kegel und zwei
       Fußbälle durch die Luft wirbelt.
       
       Aracely Martin beschreibt, wie das kleine Wohnungslosenheim über Nacht zur
       Aufnahmestelle für hunderte von Migrant*innen aus Venezuela und der
       ganzen Welt geworden ist. „Am letzten Montag, dem 24. April, erschienen
       hier plötzlich 7 Menschen,“ sagt sie, während sie an einer Reihe von Dixi
       Klos vorbeiführt, die in der engen Gasse zwischen Parkplatz und dem Gebäude
       verläuft. „An den darauffolgenden Tagen hat sich die Zahl dann exponential
       vermehrfacht, bis wir nun bei 700 angekommen sind.“
       
       ## Steigende Mieten, galoppierende Inflation
       
       Das Wohnungslosenheim ist auf knappe Mittel angewiesen, sagt Martin „Wir
       versuchen ihnen so gut zu helfen, wie es geht, aber wir haben einfach
       begrenzte Ressourcen und nicht genug Platz.“ Das Essen, dass die Küche
       verwertet, wird gespendet, erklärt sie, sie weiß dadurch nie genau, wie
       viel es genau an einem Tag geben wird. „Unser Küchenteam ist fantastisch,“
       sagt sie, „sie schaffen es irgendwie immer, das gerade genug für alle da
       ist.“ Die Bewohner des Heimes bekommen drei Mahlzeiten pro Tag, für die
       Menschen auf dem Parkplatz reicht es nur für eine einzelne.
       
       Das „Opportunity Center for the Homeless,“ ist für einen großen Teil sener
       Finanzierung von einer Bundesbehörde abhängig, die Gelder für die örtliche
       wohnungslose Bevölkerung bereitstellt. Migrant:innen werden bei den
       Zählungen nicht berücksichtigt, über die die Höhe der Zuwendungen
       kalkuliert wird. Um mehrere hundert weitere Personen zu versorgen, wird
       also improvisiert, so gut es geht. Eine Kleiderkammer mit gespendeten
       Klamotten ist besonders beliebt. „Manche haben noch nicht mal Schuhe, wenn
       sie kommen“ sagt Aracely Martin.
       
       Nach Einschätzungen des „Opportunity Centers“ hat sich die Zahl der
       wohnungslosen Bevölkerung in El Paso seit Anfang 2020 verdoppelt. Das
       Netzwerk aus örtlichen Behörden und Nichtregierungsorganisationen, das sich
       in El Paso um die Versorgung von Wohnungslosen kümmert, ist ohnehin schwer
       belastet. Seit Beginn der Corona-Pandemie sind die Mieten hier wie in
       vielen anderen US-Großstädten über 20 Prozent gestiegen, die Inflation
       erreicht derzeit um die 10 Prozent.
       
       In den Gegenden um das Heim herum sind zahllose, vornehmlich junge Menschen
       zu sehen, die vor kurzem über die Grenze gekommen sind. Auf den
       Bürgersteigen in der direkten Umgebung einer katholischen Kirche leben laut
       deren Schätzungen rund 1.500 von ihnen auf der Straße. Je näher die Grenze
       ist, desto stärker wird auch die Polizeipräsenz. An einer Ecke kontrolliert
       eine Sondereinheit für Bandenkriminalität ein paar junge Männer, einer der
       Beamten zieht das T-Shirt einer Person hoch, um nach Tätowierungen zu
       schauen. In der Filiale einer örtlichen Pizzakette sitzen Menschen dicht
       gedrängt beieinander, auf den Tischen verteilt finden sich Wulste von
       Ladekabeln für Smartphones.
       
       ## Warten auf den 11. Mai
       
       Aracely Martin erklärt, dass viele der Migrant:innen, die derzeit auf den
       Straßen von El Paso leben, darauf warten, dass ihre Asylanträge genehmigt
       werden. In schwierigen Fällen kann das Monate dauern. „Manche haben keine
       Ausweispapiere oder wurden auf dem Weg hierher bestohlen,“ erzählt sie.
       Dabei zählen die Menschen, die es bis El Paso geschafft haben, noch zu
       einer glücklichen Minderheit. Allein auf der anderen Seite der Grenze in
       Juarez warten derzeit um die 35.000 Personen darauf, die Grenze zu
       überqueren. Am 11. Mai dürfen sie das auch theoretisch endlich wieder, denn
       an diesem Tag endet die [1][Gültigkeit des Gesetzes Title 42.]
       
       Die Büros der „Diocesan Migrant and Refugee Services,“ einer Organisation
       der katholischen Diözese, die Rechtsberatung für Migrant:innen anbietet,
       befinden sich ebenfalls in einem Industrieviertel unweit der Grenze. Imelda
       Maynard ist die juristische Leiterin und erklärt, was sich hinter dem
       spröden Namen des Gesetzes verbirgt. „Title 42 ist ein Gesetz zur
       öffentlichen Gesundheit, das von der Trump Regierung verabschiedet wurde,
       um unsere Grenzen gegen Asylbewerber zu schließen.“
       
       Unter dem Vorwand, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, wurden die
       meisten Asylbewerber unter Title 42 formlos wieder ausgewiesen, erzählt
       Maynard in einem Sitzungsraum der Organisation. „Jetzt ist die Pandemie
       aber vorbei, weshalb das Gesetz am 11. Mai seine Daseinsberechtigung
       verlieren wird.“
       
       Für tausende von Menschen, die auf der mexikanischen Seite darauf warten,
       die Grenze zu überqueren, ist der kommende Donnerstag damit ein Stichtag,
       der Leben und Tod bedeuten kann. In Mexiko sind viele von ihnen Kriminellen
       ausgesetzt, die sie ausrauben oder gegen Lösegeld entführen. Wie gefährlich
       auch die Einrichtungen der mexikanischen Einwanderungsbehörde sein können,
       zeigte sich jüngst wieder Ende März, als ein Feuer in einem Haftlager in
       Juarez 40 Menschenleben forderte.
       
       ## Eine App, die nicht funktioniert
       
       In der rechten Medienlandschaft der USA sind die Migrant:innen auf
       beiden Seite der Grenze derzeit ein Dauerthema. Die Biden Regierung
       bereitet eine „Invasion“ auf die Vereinigten Staaten vor, so wollen es zum
       Beispiel die Kommentatoren auf dem Kabelsender Fox News. Bilder vom Elend
       auf den Straßen von El Paso werden genutzt, um zu suggerieren, dass das
       Land von armen Menschen aus dem Süden wortwörtlich angegriffen wird. Glaubt
       man den Darstellungen dieser Stimmen, werden am 11. Mai die US-Grenzen für
       die ganze Welt geöffnet.
       
       Imelda Maynard aber erklärt, dass dies keinesfalls der Fall ist. „Wenn
       Title 42 endet, tritt das Einwanderungsgesetz Title 8 wieder in Kraft“,
       sagt sie. „Für Migrierende Menschen wird der Asylprozess damit schwieriger,
       weil es mehr Strafauflagen gibt.“ Während Asylbewerber:innen unter dem
       Epidemiegesetz Title 42 einfach an der Grenze abgewiesen wurden, können sie
       unter Title 8 in einem beschleunigten Prozess abgeschoben werden. Wer so
       abgeschoben wird, darf sich laut Imelda Maynard für die nächsten 5 Jahre
       „weder auf ein Visum, noch Asyl, noch auf eine anderen Form der legalen
       Einwanderung bemühen.“
       
       „Die Biden Regierung interpretiert die Asylgesetze derzeit neu, um Menschen
       die Grenze überquert haben davon abzuschrecken, dieses zu beantragen.“ Zu
       diesen Änderungen gehört zum Beispiel der Vorstoß, kein Asyl für Menschen
       zu gewähren, die ein Drittland passiert haben, um an die US-amerikanische
       Grenze zu stoßen.
       
       Derzeit müssen Anträge von der mexikanischen Seite der Grenze über eine
       eigens vom Grenzschutz kreierte App laufen. „CBP One“ ist laut vieler
       Nutzer fast unbrauchbar, und nur ein kleiner Teil von ihnen schafft es
       überhaupt, sich über die fehlerbehaftete App einen Termin für eine
       persönliche Vorsprache zu sichern. Die Gesichtserkennung von „CBP One“
       funktioniert besonders bei dunkelhäutigen Menschen nicht richtig.
       
       ## Massive Polizeipräsenz
       
       Imelda Maynard und ihrem Team fällt die Arbeit der juristischen Beratung
       nun besonders schwer. „Es ist für uns gerade sehr kompliziert, unsere
       Klienten über ihre Situation aufzuklären, weil es so viele verschiedene
       Szenarien gibt, die für sie zutreffen könnten.“ Von der Regierung gibt es
       bis jetzt keine Anweisungen darüber, wie und ob Asylanträge nach dem 11.
       Mai bearbeitet werden sollen. „Wir können den Menschen, die wir hier
       beraten nicht sagen, wenn sie das machen, passiert dies oder jenes,“ sagt
       Maynard, „besonders nicht, wenn sie illegal die Grenze überquert haben. Es
       gibt einfach zu viele verschiedene Szenarien.“
       
       Für vulnerable Gruppen, etwa unbegleitete Minderjährige, Familien mit
       Kindern, Menschen aus der Ukraine und anderen Ländern, wie Venezuela oder
       Haiti und auch für solche, die Gefahr an Leib und Leben fürchten müssen
       werden – in seltenen Fällen – Ausnahmen gemacht. Das soll auch weiterhin so
       bleiben.
       
       Fünf Minuten Autofahrt von den Büros der „Diocesan Migrant and Refugee
       Services,“ trennt Mexiko und die USA der hier nur ein paar Meter breite Rio
       Grande und immense Stahlzäune. Ein geöffnetes Tor das zum Flussufer
       hinunter führt ist durch zwei Pickup Trucks des Grenzschutzes „Border
       Patrol“ bewacht. Rechts von ihnen steht ein gepanzertes „Humvee“
       Militärfahrzeug, so wie jene, die auch in Afghanistan und dem Irak
       eingesetzt wurde. Ein vermummter Soldat in Flecktarn steht dazwischen.
       
       Rund 4.000 Soldat:innen der Nationalgarde hat die Biden Regierung in
       Vorbereitung auf den 11. Mai an die Grenze beordert. Sie kommen zu den rund
       20.000 Militärs und staatlichen Sicherheitskräften dazu, die der
       republikanische Gouverneur von Texas schon 2021 an die Grenze beordert hat.
       Unter dem Namen „Operation Lone Star“ reagiert der Republikaner Greg Abbott
       auf die vermeintlich allzu lasche Einwanderungspolitik der Biden Regierung.
       Auch Abbott spricht immer wieder gern von einer Invasion an der südlichen
       Grenze.
       
       ## Ein Drittel lebt in Armut
       
       El Paso ist bei weitem nicht der einzige Ort in den USA, der sich auf das
       Ende von Title 42 vorbereitet. Folgt man der langen Autobahn, die sich
       entlang der Grenze Richtung Westen bewegt, gelangt man nach rund anderthalb
       Stunden Fahrt nach Deming, New Mexico. Der Ort mit rund 15.000 Einwohnern
       ist einer der ärmsten eines ohnehin einkommensschwachen Bundesstaates. Über
       ein Drittel der Bevölkerung von Deming lebt in Armut, 20 Prozent von ihnen
       haben nur mangelnden Zugang zu Nahrung.
       
       Deming ist auch das Zuhause von Ariana Sulidares und der Organisation
       Colores United, die sie mitbegründet hat. Colores United betreibt hier,
       rund 60 Kilometer nördlich der Grenze, Essensausgaben und ein Heim für die
       Migranten, die das Städtchen passieren. Sulidares erzählt, wie ihre Familie
       sie als Kind in die Großstadt Albuquerque geschickt hat, damit sie dem
       harten Leben auf dem Land entgehen konnte. Zur Arbeit mit Migranten kam
       Sulidares aber nicht in Deming, sondern in Europa. „Ich habe 2015 auf
       Sizilien gelebt und mitbekommen, wie damals tausende Menschen aus Syrien
       und Afrika angekommen sind.“
       
       Als Sulidares im Jahr 2019 wieder in New Mexico lebte, entließen die
       US-Einwanderungsbehörden mit einem Mal tausende von Migrant:innen aus
       ihren Haftlagern. Viele von ihnen wurden in kleinen Ortschaften entlang der
       Grenze wie Deming gebracht, meistens ohne jegliche Kommunikation mit den
       örtlichen Behörden oder Nichtregierungsorganisationen.
       
       „Damals waren hier plötzlich tausende von Leuten, „ erzählt Sulidares. Ihre
       Organisation Colores United entstand aus der Notwendigkeit, die in Deming
       ausgesetzten Menschen zu versorgen. „Es hat vier Wochen gedauert, bis die
       Bundesregierung und der Staat New Mexiko der Stadt Mittel zur Verfügung
       gestellt haben,“ erzählt Sulidares während sie am Tisch eines Kaffeehauses
       sitzt, das Colores United in ein paar Tagen eröffnen will.
       
       ## Die Trump-Trains kommen
       
       Stolz beschreibt sie, wie in Deming Mittel zusammengetragen wurden, um die
       Migrant:innen zu versorgen. „Ich habe mitgekriegt, wie alte Frauen das
       Essen, das sie von ihren Lebensmittelmarken gekauft haben, an uns weiter
       gespendet haben.“ Obwohl im ländlichen New Mexico zu Anbeginn der Pandemie
       Lebensmittel rationiert wurden, „hatten wir immer genug von allem,“ lacht
       Sulidares. „Sogar Klopapier!“
       
       Ariana Sulidares berichtet aber auch von den Schwierigkeiten ihrer Arbeit.
       „Der Bundesstaat New Mexico wählt zwar überwiegend die Demokraten, aber
       hier in Deming sind alle lokalen Ämter von Republikanern besetzt.“
       Anfeindungen gegen die Arbeit von Colores United sowie gegen das von der
       Organisation betriebene Heim gebe es ständig. „Besonders während der
       letzten Präsidentschaftswahl war es schlimm,“ sagt sie. Sogenannte „Trump
       Trains“, Fahrzeugkolonnen von Anhängern des Expräsidenten, zeigten ein Jahr
       lang jeden Freitag in der Innenstadt von Deming Präsenz.
       
       Dass sich rund drei Viertel der Bevölkerung von Deming als Latino
       beschreiben, bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie nicht
       Einwanderungsfeindlich sind, sagt Sulidares über ihre Heimatstadt.
       Sulidares ist selbst mexikanischer Abstammung und kann diese Ressentiments
       nicht verstehen. „Neben der indigenen Bevölkerung sind Einwanderer doch der
       Grundbaustein der USA.“
       
       Sulidares beschreibt, wie ihre Mitarbeiter bedroht und abgefilmt wurden,
       wie jemand versuchte, eine ihrer Mitarbeiterinnen zu überfahren. Auf ihre
       Hilfegesuche habe die Stadt nicht reagiert, sagt sie der taz. „Wir haben
       keinen Schutz bekommen, und das hat uns dazu gebracht, an einen neuen
       Standort zu ziehen, den wir besser nach außen absichern konnten.“
       
       ## Es kommt was auf sie zu
       
       Dass rechtsextreme Gewalt in der Region keine Ausnahme ist, zeigt allein
       der letzte Sonntag. Im nördlichen Texas erschoss ein Mann 8 Menschen in
       einer Shopping Mall. Berichten zufolge trug er dabei einen Aufnäher mit der
       Abkürzung für „Right Wing Death Squad,“ oder „Rechtes Todesschwadron.“ Am
       selben Tag fuhr ein Auto in eine Gruppe Migrant:innen, die vor einem
       Wohnungslosenheim in Brownsville an der südlichen Spitze des Bundesstaates
       warteten, wobei noch aufgeklärt wird, ob es sich hier um eine vorsätzliche
       Tat handelt.
       
       Ariana Sulidares von Colores United ist nicht optimistisch, was die
       Versorgungslage der vielen Menschen anbelangt, die mit dem Ende von Title
       42 über die Grenze kommen könnten. „Aber zumindest gibt es im Gegensatz zu
       2019 mehr Aufmerksamkeit für das Thema“, sagt sie. Sulidares wisse auch
       diesmal nicht, ob wieder Busse nach Deming gebracht werden oder nicht.
       „Aber uns bleibt ohnehin nicht viel mehr, als uns seelisch vorzubereiten.“
       
       Auch Aracely Martin vom Opportunity Center for the Homeless in El Paso ist
       nicht davon überzeugt, wie gut die Stadt und das Wohnungslosenheim mit dem
       zurechtkommen werden, was auf sie zukommt. „Wir haben jetzt schon zu
       wenig,“ sagt sie, während sie „Wir sind nicht bereit für das, was auf uns
       zukommt.“
       
       11 May 2023
       
       ## LINKS
       
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   DIR Johannes Streeck
       
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