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       # taz.de -- EU-Regulierung für ChatGPT und Co.: Keine Massenüberwachung
       
       > EU-Abgeordnete stimmen für Auflagen für Künstliche Intelligenz.
       > Bürgerrechtler:innen äußern sich positiv. Das war beim Vorschlag des Rats
       > noch anders.
       
   IMG Bild: Eine KI-gesteuerte Überwachung des öffentlichen Raumes wird es in Europa erstmal nicht geben
       
       Berlin taz | Das europäische Regelwerk für [1][Künstliche Intelligenz (KI)]
       nimmt Formen an: Im Europaparlament haben sich am Donnerstag die beiden
       federführenden Ausschüsse für strenge Auflagen von Diensten mit KI
       ausgesprochen. So stimmten die Abgeordneten beispielsweise für ein
       vollständiges Verbot biometrischer Massenüberwachung im öffentlichen Raum
       sowie von Gesichtserkennungsdatenbanken. Verbrauchernahe Verbände und
       Parteien begrüßten das Ergebnis: Von einem „starken Signal“ sprach Nikolett
       Aszódi von der Organisation AlgorithmWatch.
       
       Die EU arbeitet bereits seit mehr als zwei Jahren an einer Regulierung für
       den Einsatz von KI. In den vergangenen Monaten sind KI-Dienste erstmals
       auch für eine breite Öffentlichkeit erlebbar geworden: etwa durch den
       [2][Textgenerator ChatGPT] oder Bildgeneratoren wie Midjourney und Stable
       Diffusion.
       
       [3][Auf dem Markt der Suchmaschinen läuft derzeit sogar eine Art Wettrennen
       um den ersten Anbieter, der mit einer KI-Suchmaschine Google Konkurrenz
       machen kann]. Bing baute ChatGPT bereits in seine Suche ein, am Mittwoch
       kündigte nun auch Google auf seiner Entwicklerkonferenz an, in seiner
       klassischen Suchmaschine Antworten auf als Fragen formulierte Eingaben
       liefern zu wollen. Die Neuerung soll zunächst in den USA starten.
       
       Auch diese Art von Diensten wird die Regulierung namens „AI Act“ noch
       betreffen. Denn gerade die Textgeneratoren machten schnell
       [4][Negativschlagzeilen], weil sie Texte mit falschen Informationen
       generierten. Das „Zähmen der Chatbots“ werde noch viel Zeit und Kraft
       kosten, sagt Alexandra Geese, Digitalpolitikerin der europäischen Grünen.
       „Wir dürfen ihnen keine Spielräume überlassen, um Desinformationen zu
       verbreiten und hasserfüllte, falsche oder diskriminierende Inhalte zu
       verbreiten.“
       
       ## Die EU stellt Menschen über Profite
       
       Aszódi von AlgorithmWatch begrüßte besonders das Verbot von biometrischen
       Echtzeit-Fernerkennungstechniken, die zum Beispiel für die
       Gesichtserkennung genutzt werden können. Diese Instrumente seien eine
       Grundlage für Methoden der Massenüberwachung. „Sie dringen in unsere
       Privatsphäre ein und sind ein Nährboden für Diskriminierung“, kritisiert
       Aszódi. Auch Patrick Breyer, Europaabgeordneter der Piratenpartei, lobte
       das Ergebnis: „Die heutige Abstimmung ist ein historischer Durchbruch für
       die Bewegung, die eine dystopische Zukunft biometrischer Massenüberwachung
       in Europa nach chinesischem Vorbild verhindern will.“
       
       Lob für viele Punkte kam auch von dem Netzwerk European Digital Rights
       (EDRi). „Mit diesem Beschluss zeigt die EU, dass sie willens ist, die
       Menschen über Profite zu stellen“, sagt EDRi-Referentin Ella Jakubowska.
       Einige Aspekte des Beschlusses sorgen aber auch für Kritik: Beispielsweise
       könnten Entwickler:innen demnach selbst entscheiden, ob ihr System
       „signifikant“ genug sei, um als Hochrisiko-Produkt eingestuft zu werden.
       Für diese Risikoklasse gelten besonders strikte Anforderungen.
       
       Zuletzt hatte sich Anfang Dezember der Rat der Europäischen Union, in dem
       die 27 Mitgliedsstaaten vertreten sind, auf eine gemeinsame Position
       geeinigt. Bürgerrechtsorganisationen kritisierten hier zahlreiche
       Schlupflöcher und Fehlanreize – etwa, dass die biometrische Erkennung von
       Menschen möglich gemacht würde.
       
       Ein Dokument, das die Bürgerrechtsorganisation [5][Digitalcourage]
       veröffentlichte, zeigt, dass die Bundesregierung hier nicht in Opposition
       ging, obwohl es im Koalitionsvertrag heißt: „Biometrische Erkennung im
       öffentlichen Raum sowie automatisierte staatliche Scoring-Systeme durch KI
       sind europarechtlich auszuschließen.“
       
       11 May 2023
       
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