# taz.de -- Wahlen in der Türkei: Nach der Enttäuschung
> AKP forever? Die türkische Opposition muss den ersten Tiefschlag schnell
> überwinden und mobilisieren, was geht.
IMG Bild: Anhänger von Kemal Kılıçdaroğlu am Abend nach der Wahl
Man kann es nicht anders sagen, aber die [1][„Schicksalswahl“ der Türkei]
am Sonntag war für die Opposition eine Enttäuschung. Sicher, es wird einen
zweiten Wahlgang geben, noch immer besteht die Chance, dass Kemal
Kılıçdaroğlu in der Stichwahl gewinnt. Aber erst einmal muss man
festhalten, dass das Oppositionslager mit einem wesentlich besseren
Ergebnis gerechnet hatte, als die vorläufigen Zahlen es am Montagmorgen
hergeben.
Viele waren fest überzeugt davon, dass [2][Kılıçdaroğlu] bereits im ersten
Wahlgang knapp gewinnen, mindestens aber deutlich vor Erdoğan liegen würde.
Der Verlauf der Auszählung legt zwar nahe, dass von Regierungsseite
getrickst wurde, aber ob eine korrekte Zählung der Opposition den Sieg
gebracht hätte, darüber kann nur noch spekuliert werden.
Dass Erdoğan und sein Wahlbündnis auf jeden Fall stärker waren, als
Meinungsumfragen und auch die Stimmung im Land nahegelegt hatten, zeigt
auch das Ergebnis der parallel zur Präsidentschaftswahl abgehaltenen
Parlamentswahl. Während alle auf das Rennen zwischen Erdoğan und
Kılıçdaroğlu schauten, räumte die bereits tot geglaubte Regierungspartei
AKP selbst in Gebieten, die für sie längst als verloren galten, noch einmal
ab. Auch die rechtsradikale MHP, der Koalitionspartner Erdoğans, schaffte
mit 10 Prozent ein Ergebnis, das niemand mehr für möglich gehalten hatte.
Erst einmal richtet sich jetzt der Blick nach vorn. Wenn die Opposition
noch eine Chance haben will, muss sie den psychologischen Tiefschlag der
ersten Runde nun schnell überwinden und noch einmal alles mobilisieren, was
auf die Beine gebracht werden kann. Vielleicht hilft die Empörung über
[3][die „gestohlene Wahl“], von der bei vielen Anhängern der Opposition die
Rede ist. Aber um das autokratische System, das Erdoğan in vielen Jahren
aufgebaut hat, zu überwinden, muss der Vorsprung vor dem amtierenden
Präsidenten schon so überzeugend sein, dass er auch durch Manipulationen
bei der Auszählung nicht mehr weginterpretiert werden kann.
15 May 2023
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## AUTOREN
DIR Jürgen Gottschlich
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