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       # taz.de -- EU-Nitratrichtlinie: Deutschland entgeht Strafe
       
       > Die EU will Deutschland nicht mehr wegen zu viel Nitrats aus Düngern im
       > Wasser bestrafen. Damit falle ein Druckmittel zu früh weg, so
       > Umweltschützer.
       
   IMG Bild: Die Stickstoffverbindung Nitrat ist potenziell gesundheitsschädlich und verschmutzt das Grundwasser
       
       Berlin taz | Die Europäische Kommission stellt ihr Strafverfahren gegen
       Deutschland wegen der Wasserverschmutzung durch Nitrat aus Dünger ein. Bund
       und Länder hätten ihre Düngevorschriften so überarbeitet, dass sie der
       EU-Nitratrichtlinie entsprechen und die Belastung der Gewässer verringern,
       teilte die Behörde am Donnerstag mit. „Damit sind auch die drohenden, sehr
       hohen Strafzahlungen vom Tisch“, ergänzten die von den Grünen geführten
       Bundesministerien für Umwelt und Landwirtschaft. Es sei mit einem
       Pauschalbetrag von mindestens 17 Millionen Euro und einem täglichen
       Zwangsgeld von bis zu 1,1 Millionen Euro zu rechnen gewesen.
       
       Die Stickstoffverbindung Nitrat etwa aus Gülle ist potenziell
       gesundheitsschädlich und verschmutzt das Grundwasser, aus dem das meiste
       Trinkwasser gewonnen wird. Zu viel Dünger trägt zum Aussterben von
       Pflanzen- und Tierarten sowie zum Klimawandel bei. Wenn beispielsweise mehr
       Stickstoff ausgebracht wird, als die Pflanzen aufnehmen können, versickert
       er.
       
       Da im hiesigen Grundwasser häufig mehr Nitrat festgestellt wurde als die
       EU-Richtlinie erlaubt, verurteilte der [1][Europäische Gerichtshof 2018]
       die Bundesrepublik. Weil Deutschland nach Meinung der Kommission auf das
       Urteil nicht ausreichend reagierte, startete sie ein zweites
       Vertragsverletzungsverfahren. Daraufhin weiteten die Bundesländer die
       besonders nitratbelasteten, „roten Gebiete“ aus, wo grundsätzlich nur noch
       20 Prozent weniger Stickstoff als angeblich nötig gedüngt werden darf. Die
       Bundesregierung verlängerte auch die Sperrfristen, in denen gar nicht
       gedüngt werden darf, verbot das Düngen auf gefrorenen Böden und verschärfte
       die Vorschriften auf Hängen.
       
       ## Überdüngung gesunken, aber nicht genug
       
       „Es ist was passiert. Die Nährstoffüberschüsse sind zurückgegangen“, sagte
       der taz Friedhelm Taube, Agrarprofessor an der Universität Kiel. Aber sie
       seien immer noch zu hoch. Im mehrjährigen Mittel brächten die Landwirte in
       Deutschland pro Hektar im Schnitt 90 Kilogramm Stickstoff zu viel aus. Ziel
       bis zum Jahr 2030 seien 70 Kilogramm.
       
       „Für die Umwelt bedeutet die Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens,
       dass da nun ein Druckpotenzial fehlt“, kritisierte Martin Hofstetter,
       Agraringenieur der Umweltorganisation Greenpeace. Die Kommission hätte
       warten sollen, bis die Verursacher von Überdüngung wirklich sanktioniert
       werden können. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)
       erinnerte daran, dass die Länder die Vorgaben des Bundes aus der
       EU-Nitratrichtlinie „noch immer“ nicht vollständig umgesetzt hätten.
       
       Tatsächlich sieht der Bauernverband die Brüsseler Entscheidung als
       Möglichkeit, das Düngerecht wieder zu entschärfen. „Die Ampelkoalition muss
       jetzt den aktuellen Regierungsentwurf des Düngegesetzes kritisch prüfen und
       anpassen“, teilte der Verband mit.
       
       1 Jun 2023
       
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