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       # taz.de -- Chaos beim FC Bayern: Die Meister mit Kratzer und Dellen
       
       > Der FC Bayern hat es geschafft, seine eigene Meisterfeier zu ruinieren.
       > Der neue Klubchef Dreesen will deshalb erstmal das Grundlegendste
       > angehen.
       
   IMG Bild: Ziemlich verkrachte Freunde: die Bayern-Führungsriege noch in Zeiten vor der Implosion
       
       München taz | Ach, es hätte so schön sein können am Samstag nach dem
       Abpfiff. Also für den FC Bayern und dessen Fans, [1][nicht für den Rest von
       Fußball-Deutschland] und erst recht nicht für Borussia Dortmund. Aber die
       Münchner haben es geschafft, die eigene Meisterparty in Köln zu ruinieren
       dank eines – sagen wir einmal – sehr unglücklichen Zeitmanagements. Passend
       zur Saison, wie auch Trainer Thomas Tuchel fand: „Anstatt zu feiern, haben
       wir das nächste politische Thema.“
       
       Es wurde und wird nach dem Rauswurf von [2][Oliver Kahn und Hasan
       Salihamidzic] noch immer über Stilfragen diskutiert, über
       Kommunikationspannen und darüber, wer nun an der Seite des neuen Klubchefs
       Jan-Christian Dreesen die Rolle des Sportvorstands übernehmen soll.
       Angeblich haben die Bayern schon mit Max Eberl von RB Leipzig gesprochen.
       Auch Markus Krösche von Eintracht Frankfurt und Michael Reschke, einst
       Technischer Direktor bei den Bayern, sollen Kandidaten sein.
       
       Dass am Samstag, noch bevor die Mannschaft die Schale in den Händen hielt,
       die Entlassung von Klubchef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan
       Salihamidzic öffentlich wurde, war so zwar nicht ganz geplant. Aber die
       Verantwortlichen mussten damit rechnen, dass sie über den Zeitpunkt der
       Bekanntgabe nicht ganz die Deutungshoheit behalten würden. Brisantes dringt
       beim FC Bayern zu oft zu früh nach außen. Weshalb die Personalfragen schon
       vor Saisonende geklärt werden sollten, begründet Hainer damit, dass man die
       Beteiligten frühzeitig informieren wollte.
       
       Allerdings hatte der Präsident nicht damit gerechnet, dass der Vulkan in
       Oliver Kahn wider Erwarten noch ziemlich aktiv ist. Das Gespräch am
       Donnerstagmittag, sagte Hainer, „ist nicht so gut gelaufen. Es war sehr
       emotional, und wir konnten uns mit Oliver Kahn nicht einigen, dass wir die
       Beendigung einvernehmlich hinbekommen.“ Es soll laut geworden sein, heißt
       es. Die Konsequenz war, dass Kahn am Freitag sofort von seinen Aufgaben
       entbunden wurde, „aus diesem Grund konnte er am Samstag auch nicht mit nach
       Köln gehen“, sagte Hainer. Das Fehlen von Kahn auf der Tribüne wurde mit
       einer Sommergrippe begründet, was schon während der Partie Anlass zu
       Spekulation gab.
       
       ## Offenbar tief getroffen
       
       Offenbar tief getroffen setzte Kahn nach der Meisterentscheidung einen
       Tweet ab, in dem er schrieb, dass ihm die Reise nach Köln „vom Club
       untersagt“ worden war. Im Interview bei Sky legte er nach. Es sei „der
       schlimmste Tag in meinem Leben“, nicht „mit den Jungs“ feiern zu können.
       Und einen Tag später wehrte er sich in einem neuen Tweet gegen die
       Vorwürfe, er sei „ausgerastet“. Kahn war um Deutungshoheit bemüht, aber
       erkannte zu spät, dass er damit sein Image beschädigte – und versucht nun
       einzulenken. „Wir werden uns – wenn alles abgekühlt ist – zusammensetzen
       und in Ruhe über alles sprechen“, sagt er am Sonntagabend der „Bild“.
       
       Mal abgesehen von der Mannschaft, die am Ende eben doch wieder ein wenig
       von dieser „Wir-geben-nie-auf“-Mentalität aufblitzen ließ, und dem Trainer
       gab es an diesem Wochenende nicht viele, die unbeschadet aus diesem
       Tohuwabohu hervorgingen. Der eine, Jan-Christian Dreesen, versprach, dass
       er sich um das offenbar nicht zum Besten bestellte Betriebsklima kümmern
       werde. „Nahbarkeit, Fannähe und Menschenführung sind hier zuletzt zu kurz
       gekommen“, stellte er fest. Der bisherige Finanzvorstand genießt großes
       Ansehen bei der Belegschaft und den Fans.
       
       Es ist ein offenes Geheimnis, dass sein ursprünglicher Plan, sich mit
       Ablauf dieser Saison aus dem Vorstand des FC Bayern zurückzuziehen, mit
       Kahn und dessen im Verein umstrittenen Führungsstil zu tun hatte. Der
       andere, [3][Hasan Salihamidzic], schaffte es, würdevoll seinen Job beim FC
       Bayern zu beenden. Er hat in Köln mitgefiebert, später mitgefeiert und er
       stellte sich den Fragen. „Ich hätte natürlich gerne weitergemacht“, sagte
       er. „Ich akzeptiere das. Der FC Bayern steht über allem.“ Salhamidzic
       gewann an Größe. Das ist nicht jedem gelungen.
       
       29 May 2023
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Elisabeth Schlammerl
       
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