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       # taz.de -- Endlich wieder Open-Air: Fast-Sommer ohne Parkplatz
       
       > In der Provinz muss man mit dem Blick auf den Parkplatz trinken. In der
       > Stadt hat der Frühsommer eine vergängliche Leichtigkeit.
       
   IMG Bild: Endlich wieder raus! Schnell! Bevor alles wieder nervig und stinkig und schwitzig wird
       
       Wenn man in der Provinz oder auch nur der Peripherie der Stadt unterwegs
       ist, ist einer der größten Nachteile ja, dass man kaum noch irgendwo
       einkehren kann, ohne auf einen Parkplatz zu glotzen. Ernsthaft, versuchen
       Sie das mal, irgendwo mit dem Fahrrad unterwegs zu sein und Google Maps
       konsultieren, wenn Sie jetzt gern einen Kaffee oder ein Bier hätten.
       
       Sie sind alle schon lange verschwunden, die urigen Dorfgasthäuser,
       eigenwillig zusammen gezimmerten Biergärten oder
       „Draußen-nur-Kännchen“-Cafés. Alles was sich auf Anhieb finden lässt, sind
       Imbisse, Bistros und diese Cafésimulationen großer Bäckereiketten, die
       einfach ein paar Holzbohlen auf den Supermarktparkplatz gelegt haben.
       
       Was dem Städter seine Brötchentaste, ist dem Landvolk sein Parkplatz. Alles
       klebt am örtlichen „Einkaufszentrum“, so wie der Straßenstrich an Hannovers
       Zentrum – ökonomisch verständlich, genusstechnisch eine Zumutung.
       
       In der Stadt hingegen haben mit diesen Frühsommertagen eigentlich die
       besten Zeiten gewonnen. Die Wirte haben längst alles nach draußen geräumt,
       was geht, sich mit den Feinheiten der Sondernutzungssatzung auseinander
       gesetzt und hinreichend über die damit verbundenen Gebührenbescheide der
       Stadt geärgert.
       
       ## Selbst in Hannover stellt sich Metropolen-Feeling ein
       
       Jeder, der kann, sitzt jetzt draußen, in geöffneten Schaufenstern, auf
       Gehsteigen, Terrassen und in Innenhöfen und guckt im besten Fall dem Trubel
       zu. Selbst in Hannover stellt sich so etwas wie Metropolenfeeling ein, weil
       man im Vorbeischlendern 16 verschiedene Sprachen hören kann.
       
       Wenn man Glück hat, gibt es sogar was zu gucken – nicht nur, weil gerade
       CSD war. Auch sonst gibt es auf einmal Leute, die so etwas wie einen
       eigenen Stil haben und Wert darauf legen, ihn außen zu tragen. Die sind
       bestimmt nicht von hier. Der gemeine Niedersachse bekleidet sich ja vor
       allem, um nicht unangenehm aufzufallen und kommt sich schon verwegen vor,
       wenn er jetzt endlich das Innenfutter aus der Outdoorjacke knöpft.
       
       Wir sind jedenfalls jetzt noch in der Phase, in der das Freude macht, in
       der man nach dem langen Winter und verregneten Frühjahr das Gefühl hat, man
       könnte ganz gut mal unter Leuten sein und Sonne im Gesicht haben und
       alberne Cocktails in der Hand. Also in dieser Phase, bevor wieder alles
       nervig und stinkig und schwitzig wird und man das Gefühl bekommt, man
       müsste dringend mal wieder weg.
       
       Die Stadt vibriert vor Veranstaltungen, alles scheint auf diese paar
       schönen Tage rund um Pfingsten gesetzt zu haben, man weiß gar nicht, wohin
       mit sich und läuft Gefahr, am Ende doch auf dem Balkon sitzen zu bleiben
       und noch eine Flasche Wein aufzumachen. Wenigstens guckt man hier nicht auf
       einen Parkplatz.
       
       Dafür lauert hier aber natürlich der Blick auf ungeputzte Fenster und nicht
       zu Ende geführte Pflanzaktionen. Also doch lieber raus, irgendwohin.
       Hauptsache treiben lassen. Dabei lässt sich auch viel besser meditieren
       über die Harald-Juhnke-Definition eines perfekten Nachmittags: „Keine
       Termine und leicht einen sitzen.“
       
       3 Jun 2023
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Conti
       
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