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       # taz.de -- Habeck geht auf Protest ein: LNG-Terminal vor Rügen wird kleiner
       
       > Das Wirtschaftsministerium reagiert auf Kritik gegen das fossile
       > Großprojekt vor Deutschlands größter Insel - und verlegt das Projekt.
       
   IMG Bild: LNG-Tanker vor der Insel Rügen
       
       Berlin taz | Nach dem Winter ist vor dem Winter. Um die Versorgung mit
       Erdgas auch in der kalten Jahreszeit 2023/24 zu sichern, ließ
       Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag ein neues
       Gesetzesvorhaben auf den Weg schicken. Darin enthalten sind zwei Schiffe
       für den Import von Flüssiggas (LNG), die im Hafen von Mukran auf der
       Ostseeinsel Rügen liegen sollen. In dieser Form werde das umstrittene
       Projekt auf der Insel Rügen wohl kommen, ist man im Wirtschaftsministerium
       optimistisch.
       
       Die beiden Spezialschiffe sollen verflüssigtes Erdgas von Tankschiffen
       übernehmen und es wieder in gasförmigen Zustand umwandeln. Über eine neue
       Pipeline würde das Gas dann nach Lubmin an der Ostseeküste strömen, dort in
       das Netz eingespeist, schließlich Wohnungen und Unternehmen erreichen. Das
       und mehr steht in der dritten Novelle des LNG-Beschleunigungsgesetzes (LNG:
       Liquid Natural Gas, flüssiges Erdgas).
       
       Im Wirtschaftsministerium geht man davon aus, damit dem [1][Protest auf
       Rügen] entgegengekommen zu sein. Erst am vergangenen Freitag war Habeck
       wieder zu Gesprächen auf die Insel gereist. Ursprünglich war geplant, drei
       Erdgasschiffe in Sichtweite des Touristenortes Sellin auf dem Meer zu
       verankern. Das hatte [2][Proteste und Demonstrationen] ausgelöst.
       
       Nun könnten die beiden Schiffe im Industriehafen von Mukran liegen, wo sie
       weniger auffallen. Außerdem sollen keine umweltschädlichen Chemikalien
       eingesetzt werden, versprach das Wirtschaftsministerium. So hofft man dort,
       dass das Land Mecklenburg-Vorpommern die nötige Genehmigung für das Projekt
       erteilen werde.
       
       ## Gasversorgung im kommenden Winter
       
       Nach dem Gespräch am Freitag hatte Landeswirtschaftsminister Reinhard Meyer
       (SPD) den grundsätzlichen Bedarf für die Gasanlandung anerkannt. Allerdings
       verwies er auf mögliche [3][Konflikte mit dem Tourismus und Naturschutz].
       Die Landesregierung will die offenen Fragen entscheiden, wenn sie die
       nötigen Unterlagen der Bundesregierung erhalten hat. Wie lange die
       Entscheidungsfindung dauert, ist bislang offen. Im
       Bundeswirtschaftsministerium hieß es, man müsse bald mit den Bauarbeiten
       beginnen.
       
       Diese Lösung, wenn auch in einer kleineren Variante als vorher geplant, sei
       nötig, um die Gasversorgung im kommenden Winter zu gewährleisten, sagte das
       Wirtschaftsministerium (BMWK). Umstritten ist aber, ob so viel neue
       LNG-Infrastruktur nötig ist, wie Habecks Leute es planen. Eine Vorlage des
       BMWK für den Haushaltsausschuss des Bundestages im vergangenen März
       verzeichnete die Planung für sechs schwimmende und drei stationäre
       LNG-Terminals. Diese könnten im kommenden Jahr eine Überkapazität von bis
       zu 37 Milliarden Kubikmetern aufweisen – angesichts der Tatsache, dass
       mittlerweile große Mengen Erdgas durch Pipelines etwa aus Norwegen und
       Belgien geliefert werden.
       
       Dagegen argumentiert das BMWK, man brauche eine beträchtliche Reserve. Es
       sei nötig, für Notfälle vorzusorgen. Etwa könne die Norwegen-Pipeline durch
       Anschläge zerstört werden oder die verbliebenen russischen Importe nach
       Ost- und Südeuropa ganz versiegen. Dann müsse Deutschland mit seinen
       Kapazitäten in der Lage sein, die europäischen Nachbarn mitzuversorgen,
       heißt es in Habecks Haus.
       
       Kritiker:innen wie Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für
       Wirtschaftsforschung (DIW), die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Badum und
       die Deutsche Umwelthilfe halten die geplante LNG-Infrastruktur jedoch für
       übertrieben. Die Organisation New Climate Institute veröffentlichte eine
       Untersuchung, derzufolge Deutschland einschließlich der geplanten
       LNG-Terminals ab 2026 rund 140 Milliarden Kubikmeter importieren könnte,
       während nur rund 80 Milliarden gebraucht würden. Die Kritiker:innen
       befürchten, dass die LNG-Terminals den nötigen Klimaschutz weiter
       hinauszögern könnten.
       
       15 May 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Protest-gegen-Gasterminal-vor-Ruegen/!5930285
   DIR [2] /LNG-Terminals-in-Deutschland/!5920313
   DIR [3] https://www.lebenswertes-ruegen.com/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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