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       # taz.de -- Nord-Süd-Konflikt bei Energiekosten: Billiger Strom für Söder
       
       > Die Bundesländer im Norden produzieren erneuerbaren Strom und halten das
       > Preismodell für unsolidarisch. Die im Süden sehen das natürlich anders.
       
   IMG Bild: Windpark in Brandenburg neben Freileitung
       
       Berlin taz | Es ist ein Nord-Süd-Konflikt: Die Bundesländer im Norden
       beklagen, dass sie zwar den meisten Strom aus erneuerbaren Energien
       erzeugen, aber nicht von günstigeren Strompreisen profitieren –
       beziehungsweise sogar höhere Preise bezahlen. Die Länder im Süden beharren
       jedoch darauf, das geltende Strompreissystem zu erhalten.
       
       Die Debatte verschärfte sich im Herbst, als Niedersachsen,
       Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern regionale Strompreiszonen auf
       die Tagesordnung brachten. Baden-Württemberg, Bayern, Hessen,
       Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland haben nun reagiert:
       Eine [1][einheitliche Strompreiszone], schrieben die betreffenden
       Ministerpräsidenten kürzlich in einer öffentlichen Erklärung, sei Ausdruck
       eines einheitlichen deutschen Wirtschaftsraums. Mecklenburg-Vorpommerns
       Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) wandte dagegen wiederum ein,
       Deutschland habe „ein total unsolidarisches System“.
       
       Tatsächlich werden in der Debatte zwei unterschiedliche Aspekte oft nicht
       sauber getrennt: die Marktarchitektur des Stromgroßhandels und die
       Kalkulation der Netzentgelte im Verteilnetz.
       
       Im Großhandel ergibt sich der Börsenpreis simpel aus Angebot und Nachfrage.
       Er schwankt, ist aber in ganz Deutschland stets einheitlich, weil alle
       Akteure auf dem gleichen Handelsplatz zusammentreffen. Ist das Stromangebot
       groß, weil der Norden viel Windstrom produziert, sinkt das Preisniveau am
       Spotmarkt bundesweit.
       
       ## Anderes Thema: die Systematik der Netzentgelte
       
       Also können auch im Süden Unternehmen billig diesen Strom aus Windkraft
       einkaufen, selbst wenn dieser die Käufer rein physikalisch gar nicht
       erreicht. Das beschert nicht nur den Übertragungsnetzbetreibern
       Komplikationen – die Nordländer empfinden es als ungerecht.
       
       Eine Lösung läge in [2][mehreren Preiszonen], wie sie die Länder im Norden
       fordern. Dann nämlich bilden sich auf den Teilmärkten regionale Preise aus
       Angebot und Nachfrage. Damit würde Strom in Bundesländern, die ihn
       überwiegend importieren, tendenziell teurer, in den Exportländern billiger.
       
       Dabei schwanken die Preisdifferenzen: Wenn ausreichend Transportkapazitäten
       zwischen den Zonen vorhanden sind, bleiben die Preise weiterhin identisch,
       bei Netzengpässen gehen sie mehr oder weniger stark auseinander. Auch die
       EU drängt zunehmend auf eine Aufspaltung des deutschen Strommarkts, da die
       aktuelle Form auch in Nachbarländern zu Marktverwerfungen führt.
       
       Ein gänzlich anderes Thema ist die Systematik der Netzentgelte. In
       ländlichen Regionen, in denen der Stromverbrauch gering ist, zahlen die
       Verbraucher zumeist höhere Netzentgelte als in den Städten. Zugleich lässt
       auch der Ausbau der erneuerbaren Energien die Entgelte steigen, weil die
       Verteilnetze oft für die Einspeisung verstärkt werden müssen.
       
       Nach dem jüngsten [3][Monitoringbericht der Bundesnetzagentur] sind die
       Netzentgelte für Haushaltskunden in Schleswig-Holstein mit im Mittel 9,79
       Cent pro Kilowattstunde am teuersten. Am günstigen weg kommen die Menschen
       in Bremen (5,85 Cent), Berlin (6,49 Cent) und Bayern (6,95 Cent). In
       einzelnen Netzgebieten stehen sich Extremwerte von 20,15 Cent und 3,48 Cent
       gegenüber.
       
       Damit der Netzausbau im Zuge der Energiewende nicht vor allem von den
       Bürgern bezahlt wird, die viele Windkraftanlagen in ihrer Region haben,
       wird seit Jahren schon eine bundesweite Vereinheitlichung der Netzentgelte
       diskutiert – bisher ohne konkretes Ergebnis. Ein Beispiel könnte die
       Angleichung der Netzentgelte auf der Hochspannungsebene sein: Seit 2023
       greift das Netzentgeltmodernisierungsgesetz dort vollumfänglich und legt
       die Kosten bundesweit um.
       
       17 May 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ungleich-verteilte-Energiekosten/!5885183
   DIR [2] /Verlaengerung-der-Laufzeiten/!5884728
   DIR [3] https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/ElektrizitaetundGas/Monitoringberichte/Datenerhebung_2023/start.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
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