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       # taz.de -- „Kampfjet-Koalition“ für die Ukraine: Briten und Niederländer gehen voran
       
       > Die Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine rückt näher: Erst die
       > Piloten ausbilden, dann die Jets liefern? Die USA sind vorerst skeptisch.
       
   IMG Bild: Kampfjet vom Typ F-16 im Landeanflug mit ausgefahrenem Fahrwerk. Bald auch in der Ukraine?
       
       London/Berlin dpa | Mehrere europäische Staaten wollen nun Weichen für die
       Lieferung eines westlichen Kampfflugzeugs in die Ukraine stellen. Für
       Großbritannien, die Niederlande und Frankreich ist die lange umstrittene
       Bereitstellung eines weitreichenden Waffensystems, das auch Angriffe bis
       auf russisches Staatsgebiet ermöglicht, keine rote Linie mehr.
       
       Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hatte bei seinen kürzlichen
       Besuchen in Berlin, London, Den Haag und Paris [1][für eine europäische
       “Kampfjet-Koalition“ geworben] – offenbar erfolgreich. Der Blick richtet
       sich dabei auf das US-Modell F-16: ein vor Jahrzehnten eingeführtes
       Multitalent, das in großer Stückzahl vorhanden und in vielen Staaten
       genutzt wird.
       
       Dabei gilt das Kampfflugzeug als ausgereiftes System, das sowohl in der
       Luftverteidigung als auch gegen Ziele am Boden eingesetzt werden kann, also
       zum Zurückdrängen feindlicher Verbände. Westliche Militärexperten erklärten
       am Mittwoch, dass für die Umschulung eines ukrainischen Piloten vier bis
       sechs Monate angesetzt werden müssten.
       
       Die US-Regierung hat bisher kein Signal einer Beteiligung gesetzt und einer
       Lieferung von Kampfflugzeugen eine Absage erteilt. Die USA sind als
       Herstellerland aber in einer zentralen Rolle. Sie haben umfangreiche und
       überzählige Bestände an älteren Kampfflugzeugen – inklusive eines großen
       Flugzeug-Schrottplatzes auf der Luftwaffenbasis Davis-Monthan in Arizona,
       wo Militärmaschinen ausgeschlachtet werden. Auch wäre es wohl möglich, die
       Instandsetzung auf dem freien Markt einzukaufen.
       
       ## Großbritannien will Flugschule auch für F-16 eröffnen
       
       „Die Lockheed Martin F-16 bleibt die beste Option, Kiew mit einem
       westlichen Kampfflugzeug auszustatten und damit zu beginnen, seine Jets aus
       der Sowjetzeit zu ersetzen“, sagt Douglas Barrie von der Londoner
       Denkfabrik International Institute for Strategic Studies (IISS). Eine Frage
       sei das Timing: Wie könne das Ziel erreicht werden, ohne die Fähigkeit der
       ukrainischen Luftwaffe zu gefährden, weiterhin die Luftverteidigung zu
       gewährleisten?
       
       Der britische Premierminister Rishi Sunak ist schon mehrmals mit
       Ankündigungen zu Waffen vorgeprescht. Als erstes Land lieferte
       Großbritannien der Ukraine Kampfpanzer sowie Marschflugkörper mit größerer
       Reichweite, bald sollen Kampfdrohnen hinzukommen.
       
       Damit will Sunak nach Ansicht von Experten auch beweisen, dass die
       Atommacht trotz – oder aus seiner Sicht: gerade wegen – des Brexits eine
       internationale Führungsrolle übernehmen kann.
       
       Bei den F-16 ist Großbritannien aber auf die Hilfe anderer überwiesen.
       Diesen Flugzeugtyp nutzt die Royal Air Force selbst nicht. Das Angebot,
       ukrainische Piloten an Eurofightern (Typhoon) auszubilden, lehnte Kiew nach
       Angaben aus London ab. Nun will Großbritannien im Sommer eine Flugschule
       eröffnen, in der Ukrainer an verschiedenen Kampfjettypen üben sollen, auch
       an der F-16.
       
       Details nennt London noch nicht. Ein Regierungssprecher sagte am
       Dienstagabend lediglich: „Der Premierminister und der niederländische
       Ministerpräsident (Mark) Rutte haben vereinbart, eine internationale
       Koalition zu bilden, um die Ukraine mit Luftkampfressourcen auszustatten,
       von der Ausbildung bis zur Beschaffung von F16-Jets.“
       
       ## Macron sagt ja zur Pilotenausbildung, nein zu Jets
       
       Rutte hatte bereits [2][am 4. Mai beim Besuch des ukrainischen Präsidenten
       Wolodimir Selenski] erklärt, dass die Niederlande mit Dänemark, Belgien und
       Großbritannien über die Lieferung von Kampfflugzeugen beraten. Die
       Lieferung der F-16 sei „kein Tabu“, ebenso wenig wie die Ausbildung
       ukrainischer Piloten. Die Niederlande verfügen über 24 F-16. Einer
       Lieferung müssten die USA zustimmen.
       
       Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte am Montagabend im Sender TF1:
       „Wir haben die Tür geöffnet, um ukrainische Piloten auszubilden“. Die
       Ausbildungen könnten jetzt losgehen. Auf die Frage, ob Frankreich auch
       Kampfjets liefern werde, antwortete er: „Nein, ich habe nicht von
       Flugzeugen gesprochen.“
       
       Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war bei dem Thema von Anfang an skeptisch.
       Die Lieferung von Kampfflugzeugen westlicher Bauart bezeichnete er schon
       vor Wochen als nicht sinnvoll. Dahinter stecken zwei Argumente: Wir tun
       schon genug und wir haben an dieser Stelle nichts zu bieten.
       
       Deutschland ist bei der Lieferung von Kampfpanzern nach langem Zögern
       voranmarschiert und hat eine Allianz geschmiedet, um die Ukraine mit
       Leopard 2 aus deutscher Produktion zu versorgen.
       
       ## Strack-Zimmermann: Gegen Jets, für Logistik
       
       Bei der Luftverteidigung ist man auch vorne mit dabei: Iris-T SLM, Patriot
       und Gepard heißen die Systeme, die bereitgestellt wurden. Jetzt lautet die
       Devise: Mehr vom selben. Das 2,7 Milliarden Euro schwere Waffenpaket, das
       Scholz am Wochenende Selenski zusagte, enthält keine Waffen neuer Qualität.
       Hinzu kommt, dass Deutschland selbst gar keine F-16 hat.
       
       Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes
       Strack-Zimmermann (FDP), lehnt die Lieferung westlicher Kampfjets ab. Sie
       sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe aber: „Deutschland könnte
       allerdings militärische Flughäfen für die Ausbildung an F-16-Kampfjets zur
       Verfügung stellen, die durch Piloten aus anderen Ländern durchgeführt wird.
       Gegebenenfalls kann auch die Logistik für die Wartung der Maschinen
       gestellt werden.“
       
       17 May 2023
       
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