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       # taz.de -- Berliner Abgeordnetenhauswahl: Wegner wurstelt weiter
       
       > 43 Berliner:innen hielten die Wiederholung der Berlinwahl für
       > willkürlich. Das Bundesverfassungsgericht hat ihre Klage nun als
       > unzulässig eingestuft.
       
   IMG Bild: Darf sich jetzt voll den Linksterroristen der Letzten Generation widmen: Kai Wegner
       
       Karlsruhe taz | Die im Februar wiederholte Wahl zum Berliner
       Abgeordnetenhaus ist nicht mehr gefährdet. Das Bundesverfassungsgericht
       erklärte nun, dass es sich in Wahlfragen der Bundesländer grundsätzlich
       nicht einmische. Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Wahlwiederholung sei
       deshalb unzulässig. Schon im Januar hatte Karlsruhe einen Eilantrag
       abgelehnt und nun die Begründung nachgereicht.
       
       Turnusgemäß fand die Abgeordnetenhauswahl zunächst im September 2021 statt.
       Es bildete sich eine rot-grün-rote Koalition [1][mit Franziska Giffey (SPD)
       als Regierender Bürgermeisterin]. Doch ein Jahr später, im November 2022,
       erklärte das Berliner Landesverfassungsgericht die Wahl für ungültig. Es
       habe zuviel Chaos und zuviele Wahlfehler gegeben. Das Berliner Gericht
       ordnete daher für Februar 2023 [2][eine Neuwahl] des Abgeordnetenhauses und
       der Bezirksverordnetenversammlungen an.
       
       Diese Neuwahl wollten 43 Berliner Bürger:innen verhindern, darunter
       einige Abgeordnete, die um ihr eben errungenes Mandat fürchteten. Sie
       klagten im Dezember 2022 beim Bundesverfassungsgericht gegen die
       Wiederholung der Wahl und stellten zugleich einen Eilantrag. Die Anordnung
       sei willkürlich. Es hätte genügt, in denjenigen Wahlbezirken erneut zu
       wählen, in denen tatsächlich Stimmzettel fehlten oder kopiert wurden.
       
       Das Bundesverfassungsgericht lehnte den Eilantrag Ende Januar 2023 ab, zwei
       Wochen vor der Wahl – zunächst ohne Begründung. Die Wahl hat dann
       ordnungsgemäß stattgefunden. Diesmal ging die SPD mit der CDU zusammen.
       Regierender Bürgermeister ist nun Kai Wegner (CDU).
       
       ## Gericht sieht sich nicht zuständig
       
       Um die Verfassungsklage muss sich Wegner nun keine Sorgen mehr machen. In
       der Hauptsache hat das Bundesverfassungsgericht zwar noch nicht
       entschieden. Nach der an diesem Mittwoch veröffentlichten Begründung zum
       Eil-Beschluss vom Januar ist aber klar, dass die Klage der 43
       Berliner:innen „unzulässig“ ist.
       
       Das Bundesverfassungsgericht betonte, dass es die Einhaltung der
       Wahlgrundsätze in den Bundesländern prinzipiell nicht überprüfe. Denn das
       Grundgesetz gewähre Ländern wie Berlin einen „eigenständigen
       Verfassungsbereich“. Über Wahlprüfungsbeschwerden entscheide daher das
       jeweilige Landesverfassungsgericht in der Regel abschließend. Das
       Grundgesetz verlange nur ein Mindestmaß an „Homogenität“. Karlsruhe sei
       dabei „keine zweite Instanz über den Landesverfassungsgerichten“.
       
       Dies gelte selbst dann, wenn es um Fragen geht, die mit dem Wahlrecht nicht
       unmittelbar zu tun haben. So hatten die 43 Berliner:innen kritisiert,
       dass die Amtszeit von sechs der neun Landesverfassungsrichter:innen
       bereits abgelaufen war, als sie die Abgeordnetenhauswahl für ungültig
       erklärten. Doch auch hier hakte Karlsruhe nicht ein, sondern verwies auf
       Berliner Recht, wonach die Landesverfassungsrichter:innen im Amt
       bleiben, bis die jeweiligen Nachfolger:innen gewählt sind. Es gebe
       keine Hinweise, dass Amtszeiten aus sachfremden Gründen übermäßig
       verlängert wurden. (Az.: 2 BvR 2189)
       
       Noch nicht entschieden ist, wie es mit dem Berliner Teil der Bundestagswahl
       2021 weitergeht. Da diese am gleichen Tag wie die Abgeordnetenhauswahl
       stattfand, war sie vom gleichen Wahlchaos betroffen. Der Bundestag hat im
       November 2022 mit den Stimmen der Ampel-Koalition beschlossen, dass in 431
       (von 2256) Berliner Stimmbezirken (Wahllokalen) die Bundestagswahl
       wiederholt werden muss. CDU/CSU und AfD wollen, dass die Bundestagswahl in
       viel mehr Stimmbezirken wiederholt wird und haben deshalb das
       Bundesverfassungsgericht angerufen. Hierfür ist Karlsruhe eindeutig
       zuständig. Doch die Karlsruher Richter:innen fanden noch keine Zeit,
       hierüber zu entscheiden.
       
       17 May 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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