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       # taz.de -- Studie zu multiresistenten Bakterien: KI gegen Krankenhauskeime
       
       > Gegen einen resistenten Keim wurde ein neuer Wirkstoff entdeckt. Zu dem
       > Durchbruch verhalf eine künstliche Intelligenz.
       
   IMG Bild: Der schottische Bakteriologe Sir Fleming war einer der Entdecker des Antibiotikums Penicillin
       
       Antibiotika haben die medizinische Praxis revolutioniert. Noch bis vor rund
       150 Jahren konnten Patient:innen mit einer infizierten Wunde froh sein,
       wenn sie nur das verletzte Körperteil verloren – und nicht ihr Leben. Heute
       stoppen Antibiotika jeden Tag gefährliche bakterielle Infektionen.
       
       Das Problem ist nur: Die Bakterien leisten zunehmend Widerstand. Durch den
       breiten Einsatz von Antibiotika hat die Evolution in den letzten Jahren
       neue, besonders aggressive Erreger hervorgebracht. Vor allem für Menschen
       mit geschwächtem Immunsystem sind sie lebensgefährlich. Schätzungen zufolge
       [1][sterben jedes Jahr weltweit mehr als 1,2 Millionen Menschen durch eine
       Infektion mit resistenten Keimen].
       
       Wenn keine neuen Wirkstoffe entdeckt werden, steigen die Todeszahlen. Aber
       traditionelle Methoden zur Entwicklung neuer Antibiotika sind extrem
       aufwändig – und kaum lukrativ. Einige [2][Pharmakonzerne] haben sich in den
       letzten Jahren deshalb gänzlich aus der Antibiotikaentwicklung
       zurückgezogen.
       
       Ein besonders schonungsloser Krankenhauskeim ist Acinetobacter baumannii.
       Der Erreger hält sich hartnäckig auf Oberflächen und zählt laut
       Weltgesundheitsorganisation zu den gefährlichsten
       [3][antibiotikaresistenten Keimen] der Welt. Der Kontakt kann
       Lungenentzündungen, Wundinfektionen und in seltenen Fällen
       Hirnhautentzündungen verursachen.
       
       ## Die Studie
       
       Forschende aus den USA und Kanada haben jetzt einen vielversprechenden
       Wirkstoff gegen das Bakterium entdeckt. Der Durchbruch gelang dank
       künstlicher Intelligenz, wie es in der [4][neue Studie im Fachmagazin
       Nature Chemical Biology] heißt.
       
       Bislang nutzten Wissenschaftler:innen aufwändige Screening-Methoden,
       um antibiotische Substanzen zu finden. Für die neue Entdeckung trainierten
       die Forschenden einen Deep Learning Algorithmus. Dieser prognostiziert die
       Struktur einer potenziellen antibakteriellen Substanz, die gegen A.
       baumannii wirken könnte. So entdeckte das Team den neuen Wirkstoff Abaucin.
       
       ## Was bringt’s?
       
       Im Labor und in Experimenten mit Mäusen zeigte Abaucin bereits die erhoffte
       antibiotische Wirkung. Die neue Substanz gilt auch deshalb als besonders
       vielversprechend, weil sie sehr spezifisch gegen A. baumanii wirkt. Dadurch
       sinkt das Risiko, dass beim Erreger schon nach kurzer Zeit wieder eine
       Resistenz entsteht. Im nächsten Schritt könnte nun die Entwicklung eines
       neuen Medikaments beginnen.
       
       Die Anwendungsmöglichkeiten von KI für die Antibiotikaforschung stimmen
       hoffnungsvoll. Die Entwicklung neuer antibiotischer Medikamente könnte auf
       Dauer effizienter und günstiger werden. Durch den KI-Einsatz steigen die
       Chancen, dass die Medizin in Zukunft auf eine Reihe fundamental neuer und
       vor allem wirksamer Antibiotika bauen kann.
       
       3 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(21)02724-0/fulltext
   DIR [2] /Zuwendungen-aus-der-Pharmaindustrie/!5827483
   DIR [3] /Studie-zu-multiresistenten-Keimen/!5545255
   DIR [4] https://www.nature.com/articles/s41589-023-01349-8
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Friederike Walch-Nasseri
       
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