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       # taz.de -- HSV in der Bundesliga-Relegation: Alles auf Volkspark
       
       > Nach dem 0:3 gegen Stuttgart gibt sich HSV-Trainer Tim Walter
       > kämpferisch. Er appelliert an die Mannschaft, die Fans und die Tradition
       > des Clubs.
       
   IMG Bild: Will in Stuttgart „Momente“ seiner Mannschaft gesehen haben: HSV-Trainer Walter
       
       Hamburg taz | „Normal isch mehr los“, spöttelte HSV-Trainer Tim Walter über
       den überschaubaren Besuch der Pressekonferenz, und es klang nach
       Galgenhumor. „Klar, isch Sonntag, ne?“, schob er jedoch eilig eine
       Erklärung hinterher. Denn dass auch die Presse [1][den Hamburger SV] nach
       dem deftigen 0:3 im Hinspiel beim VfB Stuttgart bereits abgeschrieben haben
       könnte – das darf nicht sein.
       
       Es ist Walters Job in diesen Tagen, die Hoffnung am Leben zu halten, bis
       zum Ende. Die Hoffnung darauf, dass seiner Mannschaft ein Wunder gelingen
       könnte. Denn nichts anderes wäre es, wenn sie am Montagabend im
       Volksparkstadtion das Rückspiel der Relegation mit dem nötigen Abstand von
       vier Toren gewinnen und damit im fünften Anlauf doch noch die [2][Rückkehr
       in die Erste Fußball-Bundesliga] schaffen würde.
       
       Nicht etwa, weil so etwas grundsätzlich unmöglich ist: Das hat am
       Freitagabend der Drittligist SV Wehen Wiesbaden gezeigt, der Arminia
       Bielefeld mit 4:0 aus dem Stadion und damit ganz dicht an den zweiten
       Abstieg in Folge schoss.
       
       Aber dieser HSV? Gegen diese Stuttgarter? Dazu gehört eine Menge Fantasie.
       Die immerhin hat Walter: Im desaströsen Hinspiel wollte er gesehen haben,
       dass der HSV „auch unsere Momente gehabt“ habe. Vermutlich meinte er damit
       jene seltenen Situationen, in denen seine Spieler für mehr als ein paar
       Sekunden mitsamt Ball die Mittellinie überquerten.
       
       ## Ein Klassenunterschied
       
       Dass sie mit dem 0:3-Endstand sehr, sehr gut bedient waren, sagte Walter
       nicht. Ebenso wenig, dass die Stuttgarter zahlreiche Großchancen vergeben
       hatten und dass nur eine herausragende Leistung von HSV-Torwart Daniel
       Heuer Fernandes inklusive eines gehaltenen Elfmeters ein Debakel verhindert
       hatte.
       
       Auf die Frage, ob man einen Klassenunterschied gesehen habe, reagierte
       Walter dünnhäutig „Scheint so – ihr habt eure Lösung schon gefunden.“ Und
       sagte wenig später selbst: „Wir sind mittlerweile ein ganz normaler
       Zweitligist“, was den Kader angeht, mit Stuttgart also nicht zu
       vergleichen.
       
       Deutlich wurde das, als Walter einen seiner wenigen Leistungsträger aus dem
       Hinspiel lobte: „Miro Muheim hat gegen einen pfeilschnellen Josha Vagnoman
       ein gutes Spiel gemacht.“ Dieser Vagnoman ist Hamburger, gehörte vor einem
       Jahr noch zu Walters Team. Der HSV musste ihn wegen Geldmangels nach
       Stuttgart verkaufen, schon damals nicht gerade eine Top-Adresse der
       Bundesliga.
       
       Und dann ist der HSV eben auch wieder kein ganz normaler Zweitligist: Seit
       Monaten kommen alle zwei Wochen 57.000 Fans in den Volkspark und pushen die
       Mannschaft. Auch das Relegationsrückspiel ist längst ausverkauft. Auf dem
       Publikum ruhen auch Walters Hoffnungen: „Wir werden versuchen, alles
       rauszuhauen – dann kommt die Nord, der Osten, der Süden, der Westen.“
       
       Vorher ist ein Geheimtraining angesetzt. Nur um den nach zwei
       Metallica-Konzerten in der vergangenen Woche neu verlegten Stadionrasen zu
       testen, sagte Walter mit sibyllinischem Blick. Er bereite keine taktische
       Überraschung vor, behauptete er steif und fest.
       
       Dabei hatte Stuttgart den letzten Beweis dafür erbracht, dass Walters
       Ballbesitzfußball gegen technisch einigermaßen versierte Teams aussichtslos
       ist. Sein Festhalten daran ist sein größtes Problem und sicherlich
       zentrales Thema einer Saisonanalyse, in der Walter infrage gestellt werden
       wird.
       
       Gefragt, ob dafür zuletzt überhaupt Raum gewesen sei, antwortete Walter mit
       einer Hommage an seinen Club: „Das machen wir schon die ganze Zeit
       nebenbei, denn wir sind professionell – seit 1887“, dem Gründungsjahr des
       Vereins. Das klang wie ein letztes Beschwören der Gemeinsamkeit – aber auch
       schon eine Spur wehmütig. Wenn er damit recht hätte, wäre der HSV kein
       Zweitligist.
       
       4 Jun 2023
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Kahlcke
       
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