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       # taz.de -- Polizeigewalt gegen Schwarzen: Beschwerde im Fall Mutombo
       
       > Nach dem Tod eines psychisch kranken Schwarzen nach einem brutalen
       > Polizeieinsatz wirft die Anwältin des Bruders den Behörden
       > Ermittlungsversagen vor.
       
   IMG Bild: Mutombo Mansamba kämpft um Aufklärung des Todes seines Bruders
       
       Berlin taz | Wütend sei er, sagt Mutombo Mansamba. „Wütend auf die
       schlampige Arbeit der Staatsanwaltschaft.“ Er verstehe nicht, wieso sie
       „gegen Unbekannt“ ermittelt habe. „Die Namen aller Polizeibeamten aus dem
       Einsatz sind bekannt.“ Dass das Verfahren ohne Anklage eingestellt worden
       sei, sei unbefriedigend. Es ginge wohl „mehr um den Schutz der
       Polizeibeamten als um die Suche nach der Wahrheit“.
       
       [1][Was war passiert?] Am 14. September 2022 sollte Kupa Ilunga Medard
       Mutombo, der Bruder von Mutombo Mansamba, aus einem Wohnheim für von
       Obdachlosigkeit bedrohte Menschen in die psychiatrische Einrichtung des
       Vivantes Klinikums in Spandau gebracht werden. Ein Gericht ordnete
       polizeiliche Begleitung an und räumte auch die Befugnis zur Anwendung von
       Gewalt ein.
       
       Wie genau der Einsatz ablief, ist noch ungeklärt. Mutombo hat ihn nicht
       überlebt. Am 6. Oktober 2022 verstarb er, nachdem er drei Wochen im Koma
       lag. Die Todesursache laut Obduktionsbericht: durch Sauerstoffmangel
       bedingter Hirnschaden.
       
       Dagegen, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren nun eingestellt hat, hat
       Mutombo Mansamba mit seiner Anwältin Regina Götz Beschwerde eingelegt. Bei
       einer Pressekonferenz am Dienstag präsentiert Götz einen grauen
       Aktenordner, darin etwa 200 Seiten Papier. „Das ist die Ermittlungsakte.
       Ein dünner Ordner. Etwa die Hälfte davon ist doppelt“, sagt sie. „Es ist
       eindeutig: Da wurde nicht viel gemacht.“
       
       ## Beteiligte Polizist*innen wurden nicht befragt
       
       Götz vermutet ein schweres Ermittlungsversagen der Staatsanwaltschaft und
       der Polizei. Denn die am Einsatz beteiligten Polizist*innen mussten
       sich nicht oder nur unzureichend zum Todesfall äußern. „Es wurden nur
       Äußerungen zum Vorwurf des Widerstands gegen das Opfer aufgenommen. Nicht
       zu den Verletzungen des Opfers selbst und wie diese zustande kamen“,
       bemängelt Götz.
       
       Darüber hinaus sei die Staatsanwaltschaft wichtigen Zeugenaussagen nicht
       nachgegangen. Der Betreuer etwa hatte einen Beamten auf dem Körper seines
       Klienten knien sehen und später einen Beamten rufen hören: „Er atmet nicht
       mehr!“ Die Aussage fände sich auch in der Akte wieder. In der
       Einstellungsbegründung nähme die Staatsanwaltschaft darauf keinen Bezug.
       
       Außerdem gäbe es einen Vermerk zu einem Gespräch zwischen einem Polizisten
       und dem Notarzt. Der Arzt habe gesagt, dass er von einem „lagebedingten
       Erstickungstod“ ausgehe. Eine Todesform, die Götz zufolge durch körperliche
       Anstrengung bei eingeschränkter Bewegungsfreiheit – wie hier der Fixierung
       durch Polizeibeamte – auftreten kann. „Der Notarzt wurde dazu nicht weiter
       befragt“, kritisiert Götz. Er tauche nicht mal namentlich in der
       Ermittlungsakte auf.
       
       Auch die „Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel“ müsse dringend noch
       geklärt werden, sagt Götz. Zwar sei die Polizei richterlich befugt gewesen,
       auch Gewalt einzusetzen, jedoch sei es auch ihre Pflicht zu überprüfen, ob
       diese wirklich notwendig und zielführend ist. Besonders im Umgang mit
       psychotischen Menschen sei „Deeskalation das oberste Gebot“, erklärt sie.
       
       Mit einer Antwort der Generalstaatsanwaltschaft rechnen Götz und Mansamba
       in drei bis vier Wochen. Auch der Senat wird sich mit Fragen nach
       gravierenden Ermittlungsversäumnissen von Polizei und Staatsanwaltschaft
       beschäftigen müssen: Der Linken-Politiker Ferat Koçak kündigte auf der
       Pressekonferenz eine umfassende parlamentarische Anfrage an.
       
       7 Jun 2023
       
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