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       # taz.de -- Energiewende in Hamburg: Großer Boiler macht Fernwärme
       
       > Beim Kohlekraftwerk Wedel ist eine Wind-zu-Wärme-Anlage fertiggestellt
       > worden. Damit muss Windstrom nicht mehr abgeregelt werden.
       
   IMG Bild: Nicht trivial, erst recht nicht mit Erneuerbarer Energie: Fernwärmeanschluss der Elbphilharmonie
       
       Hamburg taz | Endlich mal ein erfreulicher Termin für Robert Habeck. Der
       Bundeswirtschaftsminister von den Grünen, der seit Wochen wegen seiner
       Klimaschutzbemühungen angegriffen wird, kann am heutigen Donnerstag in
       Wedel zeigen, wie die Energiewende praktisch funktioniert.
       
       Auf dem Gelände des Kohlekraftwerks Wedel, das Hamburg mit Strom und
       Fernwärme versorgt, würdigt Habeck einen der größten Wärmespeicher der
       Republik. Die kürzlich fertiggestellte Anlage soll helfen, das schwankende
       Angebot und die Nachfrage nach erneuerbarer Energie auszugleichen. „Der
       Norden produziert Windenergie im Überfluss – statt sie abzuregeln, nutzen
       wir den Überschuss zum Heizen“, [1][brachte es der Hamburger
       Umweltstaatsrat Michael Pollmann (Grüne) beim Richtfest vor einem Jahr auf
       den Punkt].
       
       Der Speicher, eine sogenannte Power-to-Heat-Anlage, ist von den städtischen
       Hamburger Energiewerken gemeinsam mit dem Stromübertragungsnetzbetreiber 50
       Hertz für 31,5 Millionen Euro errichtet worden. Er funktioniert nach dem
       Prinzip eines Tauchsieders: Gibt es mehr Windstrom im Netz, als im Norden
       verbraucht oder nach Süden abgeführt werden kann, wird damit das Wasser in
       zwei 23.000-Liter-Kesseln erhitzt. Damit sollen rund 27.000 Wohnungen
       versorgt werden.
       
       ## Ende 2025 ohne Kohle
       
       Die Kessel, die eigentlich schon in der zurückliegenden Heizperiode in
       Betrieb gegangen sein sollten, nehmen auch Druck vom grünen Umweltsenator
       Jens Kerstan. Denn das ineffiziente, aus den 60er-Jahren stammende
       Kohlekraftwerk Wedel läuft schon viel länger, als dem Senator lieb ist.
       Zugleich ist [2][der Senat im Begriff, das Hamburgische Klimaschutzgesetz
       nachzuschärfen]. Demnach soll der Kohlendioxidausstoß schon bis 2030 um 70
       Prozent gegenüber 1990 sinken; bis 2045 soll die Stadt klimaneutral sein.
       
       Die Wind-zu-Wärme-Anlage ist ein Schritt auf dem Weg dahin. Sie soll einen
       Teil der Wärme liefern, die bisher aus dem Kohlekraftwerk kommt, und damit
       den Kohleverbrauch des Kraftwerks von 440.000 auf 390.000 Tonnen im Jahr
       senken. Ende 2025 soll das Kohlekraftwerk ganz vom Netz genommen, aber noch
       in Reserve gehalten werden, bis die geplanten Alternativen zur Verfügung
       stehen.
       
       Dazu gehört in erster Linie der Energiepark Hafen auf der anderen Elbseite,
       der durch eine Fernwärmeleitung unter der Elbe hindurch an das
       Fernwärmenetz nördlich der Elbe angeschlossen werden soll. Beim Bau des
       Tunnels gab eine Spundwand nach, sodass sich der Anschluss des Energieparks
       verzögert.
       
       Den Tunnel könnte man als Symbol dafür sehen, wie komplex es ist, das
       Hamburger Fernwärmeangebot von Kohle über Gas auf erneuerbare Energie
       umzustellen. Denn der Energiepark Hafen ist [3][nur eine von vielen
       Quellen], aus denen künftig die Fernwärme für die Hamburger Haushalte
       kommen soll – und er besteht seinerseits wieder aus mehreren Komponenten.
       
       Dazu gehören ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk, industrielle Abwärme,
       eine Wärmepumpe, die Energie aus Abwasser zieht, Wärme aus einer
       Müllverbrennungsanlage und aus einem Aquiferspeicher. Bei Letzterem wird
       Überschusswärme in einer salzwasserhaltigen Schicht unter der Erde
       gespeichert. Dazu kommen weitere Anlagen nördlich der Elbe: Heizkraftwerke,
       Blockheizkraftwerke, eine Wärmepumpe in der Elbe. Seit 2018 beliefert der
       Kupferhersteller Aurubis einen Teil der Hafencity mit CO2-neutraler
       Fernwärme; ab 2024/25 soll Aurubis weitere 20.000 Haushalte versorgen.
       
       Kritik gibt es daran, dass der Senat die Verbrennung von Restholz und Müll
       als CO2-neutrale Wärmequellen eingeplant hat. Holz braucht lange, bis es
       nachwächst, und bei der Müllverbrennung wird fossiles CO2 frei. Letzteres
       bei der Klimabilanz nicht zu berücksichtigen, sei Betrug, kritisiert
       Gilbert Siegler vom Hamburger Energietisch, der die Energiewende in Hamburg
       begleitet.
       
       8 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Auf-dem-Weg-zur-Waermewende/!5865624
   DIR [2] /Umweltverbaende-kritisieren-Klimagesetz/!5920461
   DIR [3] https://www.hamburg.de/energiewende/hamburgs-energienetze/10958532/fernwaermekonzept/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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