URI: 
       # taz.de -- 30 Jahre Ärzte ohne Grenzen: „Unsere Arbeit ist bedroht“
       
       > Die Hilfsorganisation konnte in Deutschland 2022 einen Spendenrekord
       > verzeichnen. Gleichzeitig werde es immer schwieriger, Nothilfe zu
       > leisten.
       
   IMG Bild: Cite soleil, Porte-au-Prince, Haiti: In einem Zelt der Ärzte ohne Grenzen wird ein Kind behandelt
       
       Berlin taz | Stellen sie ein Krankenbett auf, ist es sofort belegt. Stellen
       sie 300 neue Betten auf, sind auch die belegt. In Ländern wie Nigeria,
       Äthiopien, Somalia, Jemen oder Südsudan war die Not 2022 so groß, dass die
       Hilfe nie ausreichte. Das berichtet die Hilfsorganisation Ärzte ohne
       Grenzen (MSF) in ihrem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Jahresbericht.
       
       „Schwer mangelernährte Kinder wegzuschicken ist unvorstellbar. Deshalb
       wurden Betten zweifach oder dreifach belegt“, schilderte die Vorsitzende
       Amy Neumann-Volmer. Der Druck auf die Helfer:innen sei immens, vor allem
       durch die Ernährungskrise, die einerseits Folge des Ukraine-Kriegs sei,
       gleichzeitig aber auch medial in deren Schatten stehe.
       
       30 Jahre alt ist die deutsche Sektion der Ärzteorganisation geworden. Und
       die Lage sei schwierig: „Wir beobachten multiple Krisen und zeitgleich eine
       zunehmende Einschränkung und Bedrohung unserer Arbeit“, sagte
       MSF-Geschäftsführer Christian Katzer. Gleichzeitig bekam die Organisation
       2022 so viele Spenden wie nie: mehr als 260 Millionen Euro – ein Rekord.
       
       [1][In der Ukraine sei es möglich gewesen, Verletzte und geschwächte
       Menschen mit einem medizinischen Zug aus frontnahen Gebieten] zu holen,
       weil es dort noch medizinische Fachkräfte, Straßen und Schienen gebe, so
       Katzer. In Ländern wie Madagaskar hingegen komme die Versorgung immer
       wieder zum Stillstand, weil sowohl Pflegekräfte als auch Medikamente
       fehlten. In Afghanistan beklagt MSF eine „neue Spirale der Eskalation“. Die
       Gynäkologin Parnian Parvanta warnte vor einem drohenden Mangel an
       weiblichem medizinischem Personal, da Frauen und Mädchen keine
       weiterführenden Schulen und Universitäten mehr besuchen dürften. „Momentan
       können in Afghanistan Frauen oft nur von Frauen behandelt werden“, so
       Parvanta.
       
       ## Die Klimakreise verschärft die humanitäre Krise
       
       [2][Gleichzeitig verschärfe die Klimakrise bereits bestehende Probleme].
       „Die humanitären Bedürfnisse weltweit werden mit dem Fortschreiten der
       Klimakrise weit über das hinauswachsen, was wir und andere humanitäre
       Nothilfeorganisationen kennen und bewältigen können“, so Katzer. „Die
       Klimakrise ist auch eine Gesundheits- und humanitäre Krise.
       
       [3][In die somalische Stadt Baidoa etwa seien allein 2022 rund 200.000
       Vertriebene gekommen]. „Mütter erzählten uns, dass unterwegs ihre Babys
       starben, sie ihren Weg zu uns aber fortsetzten, um ihre anderen Kinder zur
       Behandlung zu bringen“, berichtete die Ärztin Asma Aweis Abdallah. Die
       Region erlebe die fünfte Dürreperiode in Folge und zugleich die schlimmste
       der vergangenen 40 Jahre.
       
       Als zusätzlich die Nahrungsmittelpreise anstiegen, nahm die Mangelernährung
       zu. Die Krise traf die Region hart, auch weil die Menschen in den Vorjahren
       bereits schon mit Dürren, Konflikten und Ausbrüchen von Cholera und Masern
       konfrontiert waren. „Wir hatten nach einer Krise nicht genügend Zeit, um
       uns zu erholen, und dann kam schon die nächste.“
       
       7 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kriegsversehrte-in-der-Ukraine/!5933307
   DIR [2] /Klimakrise-in-Ruanda-und-Uganda/!5932328
   DIR [3] /Jahresbericht-Integration-und-Migration/!5932699
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
       ## TAGS
       
   DIR Humanitäre Hilfe
   DIR Ärzte ohne Grenzen
   DIR Cholera
   DIR Dürre
   DIR MSF
   DIR Afrika
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Asyl
   DIR Wochenkommentar
   DIR Schwerpunkt Flucht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kirchenasyl in Deutschland: Engagiert in der Grauzone
       
       Häufig kann Kirchenasyl bei Härtefällen eine Abschiebung verhindern. Dabei
       stoßen engagierte Helfer*innen immer wieder an Grenzen.
       
   DIR Deutsch-polnische Grenze: Keine Kontrollen bitte!
       
       Brandenburg fordert, an den Grenzübergängen stationäre Kontrollen
       einzuführen. Es würde die Region wie in der Corona-Pandemie in Agonie
       versetzen.
       
   DIR Flüchtlingspolitik in Griechenland: Ärzte vermissen 1.000 Geflüchtete
       
       Ärzte ohne Grenzen kann fast 1.000 Menschen auf Lesbos nicht mehr finden.
       Die Regierung bestreitet, Flüchtende illegal aufs Meer zu drängen.