# taz.de -- Nebeneinkünfte der Abgeordneten: Union beim Nebenverdienst vorn
> Neue Daten zeigen, wieviel die Bundestagsabgeordneten nebenher verdienen.
> Vor allem Konservative machen viel Geld mit Zweitjobs.
IMG Bild: Nicht immer so voll besetzt – vielleicht wegen der Nebenjobs der Abgeordneten
Berlin taz | In der FDP und der Unions-Fraktion im Bundestag hat über die
Hälfte der Abgeordneten einen Nebenverdienst – zusätzlich zu den mehr als
10.000 Euro Diäten, die Parlamentarier*innen sowieso erhalten. Das
geht aus Berechnungen der taz hervor. Bei der SPD haben 40 Prozent einen
Nebenverdienst, bei den Grünen 30 Prozent, bei den Linken rund 25 und bei
der AfD nur etwa 20 Prozent. Insgesamt verdient etwa ein Drittel aller
Abgeordneten nebenbei zusätzlich Geld.
Grundlage der Berechnung sind die Angaben, die Abgeordete neuerdings auf
der Bundestags-Website machen müssen. Veröffentlichungspflichtig sind
Einkünfte von über 1.000 Euro monatlich oder 3.000 jährlich. Im April hatte
die taz auf Basis der bis dahin verfügbaren Daten [1][erstmals einen
Überblick über die Nebeneinkünfte der Abgeordneten veröffentlicht]. Damals
fehlten noch Angaben für rund 40 Abgeordnete. Inzwischen gibt es Daten für
alle Parlamentarier*innen, auch wenn bestimmte Infos weiterhin ausstehen
und andere wohl schon wieder veraltet sind.
Nach dem aktuellen Stand liegen Union und FDP nicht nur beim Anteil der
Abgeordneten beim Nebenverdienst ganz vorn, sondern auch bei der
durchschnittlichen Summe, die sie damit erwirtschaften. Bei der Union sind
es pro Person monatlich rund 3.000 Euro brutto, bei der FDP etwa 1.800 Euro
brutto. Danach kommen die Abgeordneten der Linken (rund 1.300 Euro), der
Grünen (rund 1.000 Euro) und der AfD (rund 900 Euro). Die
SPD-Parlamentarier*innen verdienen mit im Schnitt nur rund 600 Euro brutto
monatlich am wenigsten nebenher.
Unter den Abgeordneten, die einen Nebenjob haben, gibt es riesige
Unterschiede beim Verdienst. Der Großteil des Gesamtnebenverdiensts
entfällt auf wenige Topverdiener*innen. Unter ihnen finden sich vor allem
Rechtsanwält*innen, Unternehmer*innen oder Autor*innen.
Ophelia Nick (Grüne), die im April noch die Abgeordnete mit den höchsten
Nebeneinkünften war, steht mit ihren rund 1,7 Millionen Euro über die
aktuelle Legislaturperiode mittlerweile nur noch auf Platz drei. Überholt
wurde sie von dem CDU-Politiker Sebastian Brehm (rund 3,5 Millionen) und
dem CSUler Alexander Engelhard (rund 2 Millionen). Unter den zehn
Abgeordneten mit dem höchsten Nebenverdienst sind nun fünf
Unionspolitiker*innen.
Allerdings lassen sich die Daten nicht immer direkt vergleichen. Die
angegebenen Summen von Selbstständigen wie Engelhard, der sein Geld mit
Getreidemühlen verdient, beziffern nicht den erwirtschafteten Gewinn,
sondern geben vielmehr den Umsatz ihrer Firmen an. Davon geht ein Teil für
Lohnzahlungen an Angestellte, Betriebskosten und anderes ab. Wie groß
dieser Anteil ist, müssen Abgeordnete nicht angeben.
Ein Problem werden die Nebeneinkünfte dann, wenn Abgeordnete ihre
wirtschaftlichen Interessen mit in den Bundestag nehmen. „Abgeordnete
sollen gemeinwohlorientiert oder der Parteilinie entsprechend handeln und
sich äußern“, sagt Norman Loeckel von der NGO Transparency International.
„Wenn das aber im Widerspruch zu den Interessen der eigenen Geldgeber
steht, liegt ein Interessenkonflikt vor.“ In Fachausschüssen und
Parlamentsdebatten könnten die Abgeordneten Einfluss nehmen und die
Interessen ihrer Geldgeber*innen anstelle des Allgemeinwohls vertreten.
„Wir finden es grundsätzlich falsch, wenn Abgeordnete neben ihrem Mandat
noch in Aufsichtsräten und Gremien tätig sind“, sagt Lisa Böhm von der NGO
abgeordnetenwatch.de. Die Gefahr von Interessenskonflikten sei hier
besonders groß, sagt sie.
Die Sorge, dass diese auftreten, ist nicht aus der Luft gegriffen: Die
neuen Transparenzregeln für Nebeneinkünfte hatte der Bundestag als Reaktion
auf [2][die sogenannte Maskenaffäre] beschlossen: 2021 war öffentlich
geworden, dass einige Bundes- und Landespolitiker*innen von CDU und
CSU in der Pandemie Geschäfte mit Maskenherstellern eingefädelt hatten, von
denen sie selber profitierten. Solche Fälle sind inzwischen wohl
tatsächlich deutlich besser zu erkennen.
Probleme gibt es aber noch an anderen Stellen.
Antikorruptionsaktivist*innen stellen immer wieder in Frage, ob
Nebentätigkeiten genug Zeit für die politische Arbeit lassen. Laut
Abgeordnetengesetz muss das Mandat im Mittelpunkt der Tätigkeit der
jeweiligen Abgeordneten stehen. Ohne die Arbeitszeit zu kennen, sei es aber
praktisch unmöglich, dies zu überprüfen. Norman Loecker fordert daher:
Neben ihrem Einkommen sollten Abgeordnete künftig auch ihre Arbeitszeit in
den Nebenjobs offenlegen müssen.
8 Jun 2023
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## AUTOREN
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