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       # taz.de -- Industrielobbyist über Heizungsgesetz: „Es geht nicht um Ideologie“
       
       > Der Lobbyverband der Elektroindustrie unterstützt Habecks Heizungsgesetz.
       > Warum und worauf es ankommt, erklärt Geschäftsführer Wolfgang Weber.
       
   IMG Bild: „Wärmepumpen können Heizenergie klimaneutral und sehr effizient bereitstellen“
       
       taz: Herr Weber, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) steht unter
       Druck wegen seines Gesetzes zur Modernisierung der Heizungen. Ihr
       Industrieverband unterstützt seine Politik. Warum? 
       
       Wolfgang Weber: Weil wir es für richtig halten, die Wärmewende einzuleiten.
       Die Gebäude verursachen etwa ein Drittel der klimaschädlichen Abgase. Die
       effizienteste Technik, den CO2-Ausstoß von Gebäuden zu senken, ist die
       Wärmepumpe.
       
       Sie verlangen, das Gesetz in den kommenden sechs Wochen zu beschließen.
       Warum diese Eile? 
       
       Die Politik sollte schnell Klarheit schaffen. Das wäre gut für die
       Menschen, die einen Beitrag zur Energiewende leisten wollen. Aber auch für
       Unternehmen, die große Investitionen in die Herstellung der Wärmepumpen
       planen. Außerdem profitieren die Privathaushalte. Wenn die Entscheidung
       getroffen ist, sinkt für sie das Risiko, jetzt noch in Heizungstechnologien
       zu investieren, die später durch steigende Betriebskosten sehr teuer werden
       können.
       
       Ist es wirklich sinnvoll, Wärmepumpen in den Mittelpunkt zu stellen? 
       
       Keine andere Technologie verbindet zwei wichtige Ziele so hervorragend:
       [1][Wärmepumpen können Heizenergie klimaneutral] und sehr effizient
       bereitstellen. Weil mehr und mehr erneuerbarer Strom eingesetzt wird, sinkt
       zugleich der CO2-Ausstoß.
       
       Aber die Technik ist heute mindestens doppelt, wenn nicht drei- oder
       viermal so teuer wie fossile Heizungen. Spricht das nicht für Abwarten,
       anstatt für eine schnelle Reform? 
       
       Indem mehr Wärmepumpen auf den Markt kommen, werden die Anschaffungskosten
       zurückgehen. Außerdem sollte man an die Betriebskosten denken. Über die
       Lebensdauer einer Heizung von etwa 20 Jahren dürfte die elektrische
       Variante in den meisten Fällen günstiger abschneiden. Schließlich werden
       die Verbraucherpreise für Kohle und Erdgas steigen, weil der politisch
       eingeführte und immer [2][weiter wachsende Kohlendioxidpreis] oben drauf
       kommt.
       
       Ungefähr die Hälfte der hiesigen Heizungen läuft mit Erdgas.
       Hunderttausende Kilometer Rohre bringen den Brennstoff in die Haushalte und
       Firmen. Sind das keine zwingenden Gründe, auch künftig auf Gase, jedenfalls
       in kohlendioxidfreier Form zu setzen? 
       
       Wärme auf Basis von grünem – also aus Ökostrom produziertem – Wasserstoff
       ist im Vergleich zur Direktnutzung des Stroms sehr ineffizient. Das liegt
       an der mehrfachen Umwandlung während des Herstellungsprozesses, wodurch
       viel Energie verloren geht. Unter anderem deshalb werden grüne Gase für das
       Heizen auf lange Sicht keine große Rolle spielen.
       
       Die Stadtwerke betreiben große Fernwärmenetze – für viele Haushalte eine
       günstige Anschlussmöglichkeit. 
       
       Fernwärme bietet tatsächlich gute Möglichkeiten – etwa, wenn man sie mit
       großen Wärmepumpen kombiniert. In Wien entsteht ein solches Projekt für
       120.000 Wohnungen. Deshalb findet sich diese Option im Gebäudeenergiegesetz
       des Wirtschaftsministeriums.
       
       Müsste Habecks Gesetz nicht Strom, Gas, Fernwärme und alle Kombinationen
       dieser Energieträger voranbringen? 
       
       [3][Der Entwurf ermöglicht bereits zahlreiche Optionen]. Es können auch
       andere Technologien jenseits der Wärmepumpe verwendet werden, solange die
       dafür eingesetzte Energie zu 65 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammt.
       Andererseits sollte die Politik ihrer Verantwortung nachkommen und heute
       schon realistische Wege zur Klimaneutralität bieten.
       
       Die Elektroindustrie stellt die Elektrizität in den Mittelpunkt, die
       Gasindustrie das Gas, die Holzindustrie bevorzugt Holz als Brennstoff.
       Braucht demokratische Wirtschaftspolitik nicht immer einen Mittelweg? 
       
       Die Politik hat das Mandat, einen Kompromiss zu finden. Unsere Aufgabe ist
       es dagegen, darauf hinzuweisen, dass die direkte Elektrifizierung
       Klimaschutz und Effizienz am besten miteinander verbindet. Die Vision der
       „All Electric Society“ ist das Energieeffizienz-Szenario einer
       klimaneutralen Gesellschaft.
       
       Selbst Fachleute sagen, es sei quasi unmöglich, die Strommengen mit
       Ökokraftwerken herzustellen, die wir in 20 Jahren für Stromheizungen und
       Elektroautos brauchen. 
       
       Fünfmal so viel erneuerbaren Strom zu produzieren wie heute erscheint vor
       dem Hintergrund von Klimaschutz und weniger Abhängigkeit bei
       Energieimporten realistisch. Wir haben große ungenutzte Potenziale für
       Sonnenenergie auf den Dächern der Gebäude und für [4][Windstrom auf dem
       Meer sowie an Land].
       
       Manche Fachleute bezeichnen Ihre Vision der sogenannten „All Electric
       Society“ als Ideologie. Die riesige Speicherkapazität, die als Reserve
       nötig wäre, wird niemals vorhanden sein, heißt es. 
       
       Es geht um Effizienz, nicht Ideologie. Um die sogenannten Dunkelflauten zu
       überstehen – Zeiten mit wenig Wind und Sonneneinstrahlung – brauchen wir
       tatsächlich genügend Speicherkapazitäten. Dafür ist auch grüner Wasserstoff
       wichtig. Wir werden ihn hierzulande produzieren, sinnvollerweise genau
       dann, wenn wir ein Überangebot an Wind- und Sonnenenergie haben. Einen Teil
       werden wir sicher auch importieren. Es gibt viele Länder, für die die
       Produktion von Wasserstoff eine vielversprechende neue Option darstellt.
       
       25 May 2023
       
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