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       # taz.de -- Deutsche Bahn und neue EU-Verordnung: Ein bisschen Fahrgastrechte
       
       > Ab Juni will die EU Regeln im Bahnverkehr angleichen. Für Fahrgäste ist
       > das eine schlechte Nachricht, denn Erstattungen könnten erschwert werden.
       
   IMG Bild: Bei Zugverspätungen wegen gewöhnlicher Unwetter möchte die Deutsche Bahn Kulanz zeigen
       
       Berlin taz | Ob Wegfall der Roaming-Gebühren für Handys oder die
       Datenschutzgrundverordnung – viele EU-Regelungen werden von Verbrauchern
       als Fortschritt wahrgenommen. Weniger die neuen Fahrgastrechte, die am 7.
       Juni in ganz Europa in Kraft treten. Die Verordnung sieht eine Angleichung
       der Regeln im Flug- und Bahnverkehr vor. Verbraucherschützer befürchten vor
       allem für Bahnfahrer eine deutliche Verschlechterung.
       
       Doch die Deutsche Bahn (DB) widerspricht der Kritik. „So wie wir die
       Umsetzung planen, werden sich die Neuerungen auf die allermeisten Kunden
       nicht auswirken“, versichert Stefanie Berg, Marketingvorständin im
       Fernverkehr.
       
       Die Novelle der EU-Kommission hat aus Verbrauchersicht vor allem einen
       Haken: Bisher müssen Bahnunternehmen Fahrgäste bei Zugausfällen oder
       Verspätungen auch dann entschädigen, wenn sie dafür gar nichts können, etwa
       bei Unwettern, geklauten Kabeln oder Polizeieinsätzen auf den Gleisen.
       
       Die Verordnung sieht nun vor, dass diese Pflicht bei [1][extremen
       Witterungsbedingungen] oder bei durch Dritte verursachten Verspätungen
       entfällt. Wo die Grenze zwischen „normalen“ Stürmen oder Schauern und
       Extremereignissen verläuft, ist nicht ganz klar. Verbraucherschützer haben
       die Sorge, dass sich europäische Bahnen mit Hinweis auf die Wetterlage
       Entschädigungspflichten entziehen könnten, um Geld zu sparen.
       
       ## Deutsche Bahn will sich nur vereinzelt auf EU-Recht berufen
       
       Berg beruhigt die Bahnkunden: „Gewöhnliche Unwetter sind ausgenommen“,
       erläutert sie. Und in besonderen Fällen wie etwa der Überschwemmung des
       Ahrtals im vergangenen Jahr werde die DB auch weiterhin Kulanz zeigen. Das
       gelte auch, wenn Tiere auf den Gleisen eine Weiterfahrt verhindern.
       
       Nur bei durch Kabeldiebstahl oder Polizeieinsätze verursachten Verspätungen
       will sich der Konzern auf die EU-Regeln berufen. [2][Streiks fallen nicht
       unter die Verordnung]. Hier muss die Bahn Kunden entschädigen, die dadurch
       nicht oder unpünktlich ans Ziel kommen.
       
       Die Verordnung sieht auch eine verkürzte Anmeldefrist für Entschädigungen
       vor. Statt bisher zwölf Monate haben die Passagiere künftig nur noch drei
       Monate Zeit, ihren Antrag zu stellen. „Schon heute werden 97 Prozent aller
       Anträge innerhalb von 90 Tagen eingereicht“, sagt Berg und kündigt an, dass
       die Bahn auch bei später abgegebenen Anträgen Entschädigungen leisten wird.
       
       Etwas komplizierter wird es bei [3][Fahrten ins Ausland]. Buchen Kunden ein
       durchgängiges Ticket bei der Bahn, zum Beispiel von Berlin nach Madrid, ist
       die DB auch verantwortlich, wenn sich die spanische Bahn verspätet oder
       ausfällt. Anders sieht es aus, wenn Tickets direkt beim Bahnunternehmen
       eines anderen Landes gebucht werden. Dann endet die Verantwortung der DB an
       der Grenze. Kunden müssen ihre Entschädigungsansprüche bei der jeweiligen
       Auslandsbahn anmelden.
       
       Die marode Infrastruktur in Deutschland ist die wichtigste Ursache von
       [4][Verspätungen im Schienenverkehr]. Die DB entschädigte ihre Kunden im
       vergangenen Jahr mit insgesamt 92 Millionen Euro. 3,8 Millionen
       Entschädigungsansprüche wurden damit erfüllt. Seit der Schadenersatz direkt
       online in der Bahn-App beantragt werden kann, steigt auch der Anteil der
       Passagiere, die ihn fordern.
       
       26 May 2023
       
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