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       # taz.de -- Einkaufen im Schloss Bückeburg: Wo der Unternehmer-Fürst Hof hält
       
       > Auf Schloss Bückeburg in Niedersachsen residiert Alexander Fürst zu
       > Schaumburg-Lippe. Gerade hat er mal wieder das Volk zu einer Landpartie
       > geladen.
       
   IMG Bild: Wenn es will, darf sich auch das Volk im herrschaftlichen Schlosspark tummeln
       
       Bückeburg taz | Auf gar keinen Fall darf man die Bückeburg verwechseln
       [1][mit dem Bückeberg] – jenem liebsten Aufmarschgebiet der Nazis zu den
       pompösen Reichserntedankfesten, wo die gnädig zu spät Geborenen 70 Jahre
       brauchten, um sich auf ein Gedenken zu einigen. Der Bückeberg liegt noch
       einmal 16 Kilometer weiter weg, südlich von Hameln, eine
       Dreistundenwanderung, wenn man das möchte.
       
       Schloss Bückeburg erfordert anderes Schuhwerk, meistens jedenfalls. Man
       läuft durch das wirklich hübsche Städtchen im niedersächsischen Landkreis
       Schaumburg und steht ganz plötzlich auf dem pittoresken Marktplatz vor
       einem Tor, das wohl einem antiken Triumphbogen nachempfunden wurde, durch
       das man eintreten kann in eine seltsame andere Welt.
       
       ## Herrschaftliche Kulisse für Fotos
       
       Der prächtige Schlosspark und der imposante vierflügelige
       Weserrenaissancebau sind in Teilen dauerhaft öffentlich zugänglich, man
       kann sich durch ausgewählte Räume führen lassen, die Hofreitschule
       besichtigen, in der Schlossküche speisen, in der Kapelle heiraten und im
       Schlosspark für Fotos posieren. Und das alles, obwohl er hier noch wohnt,
       der Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe. Wie es seine Sippschaft seit 1640
       tut und vor ihnen andere Adelsfamilien, durchgehend seit der Erbauung im
       14. Jahrhundert.
       
       Der Süddeutschen Zeitung sagte der aktuelle Fürst, vom Boulevard liebevoll
       Schaumi genannt, er bewohne nur [2][elf der 250 Räume des Schlosses]. Es
       ist halt zu viel. Viel zu tun hat er mit dem Erhalt des fürstlichen Erbes,
       zu dem auch die Festung auf der Insel Wilhelmstein im Steinhuder Meer
       gehört sowie ein großer land- und forstwirtschaftlicher Betrieb. Schaumi
       nennt sich deshalb Unternehmer und läuft gern Werbung für die FDP, zu
       seiner AfD-Cousine Beatrix von Storch hält er aber immerhin sympathisch
       Distanz.
       
       Mindestens zweimal im Jahr lädt der Fürst groß ein, im Juni zur
       „Landpartie“ und im Dezember zum „Weihnachtszauber“, daneben gibt es noch
       das Mittelalter- und Fantasyfestival „Spectaculum“, Musikveranstaltungen
       und Oldtimerrallyes. Das ist schon eine Menge Volk, das hier durch die
       Rabatten trampelt. Aber eben auch eine willkommene Einnahmequelle.
       
       Unter einer Landpartie versteht man hier eine Art Riesenflohmarkt für
       Reiche. Es gibt allerlei Kram, den kein Mensch braucht, von dem aber alle
       hoffen, dass er ihr Leben schöner macht. Pflanzen natürlich und Gartendeko,
       Antiquitäten auch und Mode und Schmuck und Kunsthandwerk, alles eher im
       oberen Preissegment.
       
       Der Fürst erscheint dann und spricht ein paar salbungsvolle Worte über die
       schönen Dinge des Lebens, von denen er bestimmt viel versteht. Die aktuelle
       Gattin Nummer drei, die Konzertpianistin Mahkameh Navabi, nun Prinzessin
       zu Schaumburg-Lippe, schneidet mit der goldenen Schere das Band durch,
       hinter dem jene warten, die für diesen Mix aus Exklusivität und
       Schlussverkauf 17 Euro bezahlt haben.
       
       Das fürstliche Paar posiert noch geduldig für Fotografen und
       Fernsehkameras, bevor es dann nach einem der Pavillons entschwindet, an dem
       die geladenen Gäste Getränke zu sich nehmen und sich große Mühe geben, um
       sich in Kleidung und Habitus vom Rest zu unterscheiden, wenn schon kein
       Zaun drumherum ist. Es wird später auch noch eine Hutprämierung geben – ein
       Hauch von Ascot in der niedersächsischen Provinz.
       
       ## Ein Schauspiel des Überflusses
       
       Überfluss zelebrieren kann man hier jedenfalls schon sehr lange, das
       Schloss hat so viele architektonische Wandlungen erfahren, dass es
       Architekturgeschichte quasi mit Hammer und Wumms unterrichtet. Es gibt
       Prunksäle, deren Farben und Schnörkel schon an normalen Tagen eine optische
       Überlastung sind. Wenn sich darin auch noch Aussteller tummeln, die ihre
       bunte Warenwelt präsentieren, bekommt das Ganze Züge eines Drogentrips.
       
       Und selbst die Pferde der fürstlichen Hofreitschule fügen sich nahtlos ein.
       Zu einer Zeit, als das Pferd noch Arbeitsgerät war, dienten sie als
       Statussymbol, wird bei der Vorführung erklärt. Deshalb sind sie prächtiger
       und nervöser als alle anderen, heben so staksig die Hufe höher als klug ist
       und lassen sich auf unsinnige Gangarten wie gezierte Kreuzschritte
       dressieren. Hauptsache, kein Arbeitstier.
       
       Um das Event mit einem weiteren Promifaktor zu krönen, liest in diesem Jahr
       mal wieder Judith Rakers. Die „Tagesschau“-Sprecherin hat ja vor ein paar
       Jahren das Landleben für sich entdeckt und zwei Bücher geschrieben – übers
       Gemüseziehen und Hühnerhalten. Ihre sympathische Schwärmerei fürs einfache
       Leben fällt aber nur auf den ersten Blick aus dem Rahmen. Dann macht sie
       Werbung für ihren Onlineshop mit exklusiven Gartengeräten „NOT made in
       China“.
       
       10 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Der-Hausbesuch/!5828340
   DIR [2] https://www.sueddeutsche.de/geld/reden-wir-ueber-geld-23-a-zu-schaumburg-lippe-ich-bewohne-nur-elf-von-250-raeumen-1.578720-2
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Conti
       
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