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       # taz.de -- Rassistisches Logo geändert: No Logo, no Aufschrei
       
       > Der hannoversche Kaffeeröster Machwitz hat ganz leise sein Logo geändert.
       > Das ist doch besser als das peinliche PR-Getrommel rund ums
       > "Schwarzfahren".
       
   IMG Bild: Mit Absicht unscharf: Das alte Logo von Machwitz auf einer Kaffeetüte
       
       Inhaltswarnung: Dieser Text enthält mehr als Spuren von Rassismus. Ich sage
       das jetzt sicherheitshalber mal so, obwohl es eigentlich eine gute
       Nachricht gibt. Die alteingesessene hannoversche Kaffeerösterei Machwitz
       hat ihr Logo geändert. Einfach so und offenbar sehr leise, ohne PR-Tamtam,
       jedenfalls habe ich keins gehört, vielleicht war ich auch im Sommerloch.
       2018 haben wir hier noch über [1][eine entsprechende Onlinepetition
       berichtet].
       
       Das Logo war wirklich schwer zu ertragen: Drei „Mohren“ (ja, ja), die
       aussahen, als wären sie direkt einer dieser unsäglichen Karikaturen aus
       wilhelminischer Zeit entsprungen, große runde Kindsköpfe, albern
       aufgerissene Kulleraugen, dicke rote Lippen. Damals reagierten die
       Firmenchefs allerdings eher verhalten, ist doch alles nicht böse gemeint,
       wir sind ja gar keine Rassisten, ist bloß Tradition und so, das Übliche
       eben. Dann passierte erst einmal nichts.
       
       Mir persönlich geht dieses Traditionsargument fürchterlich auf den Keks,
       weil man damit natürlich immer alles rechtfertigen kann. Wir haben ja viele
       Traditionen hier: Herrenmenschentum, Antisemitismus, Frauen und Kinder
       schlagen. Ich finde nicht, dass man die unbedingt pflegen muss, aber bitte,
       jeder wie er meint und was er an Geldstrafen ertragen kann.
       
       Was ich dann wiederum ganz sympathisch fand, ist, dass die Firma es
       offenbar irgendwann doch eingesehen hat und still und leise das Logo an der
       Fassade geändert hat. Auf der Website sind sie allerdings noch nicht
       durchgehend dazu gekommen, scheint mir. Immerhin haben sie es sich
       verkniffen, dazu eine öffentlichkeitswirksame Enthüllung zu veranstalten
       und schwiemelige Pressemitteilungen zu verfassen.
       
       ## „Schwarzfahren“ streichen hilft nicht gegen Alltagsrassismus
       
       Es gibt ja kaum etwas Peinlicheres als Unternehmen, die sich plötzlich zu
       antirassistischen Vorkämpfern stilisieren, weil sie einmal etwas verstanden
       haben. Das fand ich schon bei den verschiedenen Verkehrsunternehmen –
       [2][darunter auch die Üstra] – nervig, die großspurig verkündeten, künftig
       auf den Begriff „Schwarzfahren“ verzichten zu wollen.
       
       Nun kann man lange darüber streiten, ob der Begriff tatsächlich rassistisch
       ist, lange Abhandlungen über die geschichtliche Herkunft und Entwicklung
       des Begriffes verfassen und so weiter – an dem Alltagsrassismus, denen
       People of Colour und Menschen, die man für Migranten hält, in öffentlichen
       Verkehrsmitteln ausgesetzt sind, ändert das aber halt leider so gar nichts.
       
       Ich weiß nicht, wie oft ich schon bei Kontrollen mitbekommen habe, dass es
       für alle anderen hieß: „Guten Tag, Ihre Fahrscheine, bitte“, während sich
       der einzige Schwarze im Abteil mit einem gegrunzten „You! Ticket!“ abfinden
       sollte.
       
       Wenn etwas schon so anfängt, kann man sich leicht ausmalen, wie schnell
       Kontrollen eskalieren, wenn es dann tatsächlich etwas zu beanstanden gibt.
       Dabei ließe sich das Ganze doch locker auch mit undurchdringlicher,
       professioneller Höflichkeit abwickeln, ohne dass sich im Ergebnis
       irgendetwas ändern würde. Man müsste halt dem ein oder anderen Kontrolleur
       bloß einmal beibringen, dass nicht jeder Regelverstoß eine persönliche
       Beleidigung an seine Adresse ist.
       
       ## Vielleicht lieber ein Seminar in „Kill them with Kindness“?
       
       Aber natürlich ist es sehr viel teurer, Kontrolleure und Zugbegleiter
       ordentlich zu schulen, als ein paar Wörter in Druckvorlagen und auf
       Homepages auszutauschen.
       
       Und natürlich ist es auch ein bisschen billig, auf dem Personal
       herumzuhacken, das seinerseits zunehmend Unverschämtheiten und Angriffen
       ausgesetzt ist, wenn man den Statistiken glauben darf, und dafür auch nicht
       so wahnsinnig gut bezahlt wird.
       
       Man müsste denen halt nicht nur ein Antirassismus-Training bezahlen,
       sondern gleich eine ganze Seminarreihe mit verschiedenen
       Resilienztrainings, etwa „Kill them with Kindness“ oder „Wie überlebe ich
       in einem völlig bekloppten System“. Aber das macht PR-mäßig natürlich gar
       nichts her.
       
       17 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Online-Petition-gegen-Firmenlogo/!5485345
   DIR [2] /Archiv-Suche/!5784956&s=schwarzfahren&SuchRahmen=Print/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Conti
       
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