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       # taz.de -- 3:3 des DFB-Teams gegen die Ukraine: Wir üben noch
       
       > Beim Länderspiel in Bremen offenbaren sich weiterhin Mängel im Spiel der
       > DFB-Auswahl. Aber immerhin das Glück in der Nachspielzeit ist da.
       
   IMG Bild: Dreier- oder Viererkette? Hansi Flick mit seinem Trainerteam beim 3:3 gegen die Ukraine in Bremen
       
       Es hat wohl noch kaum ein deutsches Freundschaftspiel gegeben, das mit so
       großen und unterschiedlichen Erwartungen überhäuft wurde. Und nach zehn
       Minuten schien sich im Bremer Weserstadion alles in Wohlgefallen
       aufzulösen. Die La-Ola-Welle machte schon zum wiederholten Mal die Runde.
       Ordentlich Druck hatte das deutsche Team, das erstmals unter [1][Trainer
       Hansi Flick] die Dreierkette erproben wollte, gleich zu Beginn seines 1.000
       Länderspiels ausgeübt und nach sechs Minuten den Lokalmatador Niklas
       Füllkrug so angeschossen, dass der Ball ins Tor fiel.
       
       Die ukrainischen Fans feierten mit Sprechchören das im Krieg befindliche
       [2][Militär] im Heimatland, wofür sich Trainer Serhiy Rebrov ausdrücklich
       später bedankte. Die deutschen Fans, die vor den Stadiontoren gratis mit so
       viel Fahnen ausgestattet wurden, als wolle der DFB das von CDU-Politiker
       Philipp Amthor geforderte „Bundesprogramm Patriotismus“ im Alleingang
       starten, schienen ihren zuletzt großen Unmut über das Nationalteam und das
       WM-Abschneiden einfach wegwedeln zu wollen.
       
       [3][Solidarität] mit der Ukraine, Identifikation mit dem Nationalteam zur
       familienfreundlichen Anstoßzeit (18 Uhr), taktische Experimente vor der
       Heim-EM in einem Jahr im ehrwürdigen Jubiläumsrahmen, all das griff erst
       einmal so spielend leicht und gelingend ineinander.
       
       Nach dem Spiel, das die Deutschen erst per Elfmeter in der Nachspielzeit
       durch Joshua Kimmich ausgleichen konnten, ging es nur um eines: die
       unverändert großen Probleme der DFB-Elf. Wie ein Schüler, der beim Referat
       aus dem Konzept kommt und versichert, dass zu Hause aber alles rund lief,
       verwies Trainer Flick mehrmals auf die guten Übungseinheiten in den letzten
       Tagen. „Das, was ich im Training sehe, ist einfach auch auf einem sehr
       hohen Niveau.“
       
       ## Wer vertraut schon der Qualität?
       
       Schon bei den ersten zwei Belastungsproben versagte die neu formierte
       Dreierkette aufgrund von Abstimmungsproblemen und individuellen Fehlern,
       die Ukraine hatte die Partie gedreht. Oder wie Flick analysierte: „Ich
       glaube, dass die Mannschaft relativ schnell auch das Vertrauen in ihre
       Qualität verliert.“
       
       Ebenso schnell verlor das Publikum das Vertrauen in die Qualität der Elf.
       Aus den „Deutschland“-Rufen wurden hämische „Werder“-Rufe. Die
       Identifizierung mit dem deutschen Nationalteam, das unterstrich auch diese
       Jubiläumspartie, ist mittlerweile komplett ergebnisabhängig. Die vielen
       Neuner, die auf den Bremer Rängen im DFB-Trikot saßen, frönten vor allem
       ihrer Liebe zu Werder-Stürmer Niklas Füllkrug. Dass dieser zur Halbzeit
       ausgewechselt wurde, war der Stimmung gar nicht zuträglich.
       
       Flick hielt der Missstimmung ein Jahr vor der EM seine Erinnerung an die
       1:4-Niederlage Deutschlands gegen Italien im März 2006 entgegen. „Das war
       eine wahnsinnig negative Stimmung und trotzdem ist es ein Sommermärchen
       geworden.“
       
       Er spielte auf den dritten Platz bei der Heim-WM an. Viel Arbeit, wollte er
       damit sagen, hat es auch damals gegeben, nur nicht so viel Zeit dafür. Das
       könnte allerdings auch noch zu einem Problem werden für Flick. Hätte nicht
       der eingewechselte Kai Havertz aufgrund seiner individuellen Klasse den
       Anschlußtreffer (83.) erzielt und den späten Elfmeter herausgeholt, hätte
       die Frage, ob Flick der Richtige für das Team ist, schon am Montag eine
       ganz andere Wucht bekommen. Schließlich würde ein Trainerwechsel kurz vor
       der EM wenig Sinn machen.
       
       ## Flick muss sich schon wieder als Erneuerer beweisen
       
       Hansi Flick steht vor einer komplizierten Aufgabe. Fast zwei Jahre ist er
       schon Bundestrainer und muss sich nach dem Vorrunden-Aus bei der WM nun als
       Erneuerer beweisen. Sowohl personell als auch taktisch kann er nicht auf
       verlässliche Strukturen zurückgreifen.
       
       Für Experimente gibt es allerdings gewiss günstigere Momente als die
       Länderspielphase nach einer kräftezehrenden Saison, wenn die Spieler auch
       mit Müdigkeit im Kopf zu kämpfen haben. Auch wenn Flick in der Partie gegen
       die Ukraine auf eine Viererkette umstellte, um Schlimmeres zu verhindern,
       will er wie angekündigt bei den nächsten Länderspielen in Polen am Freitag
       und am Dienstag darauf gegen Kolumbien in Gelsenkirchen den Versuch mit der
       Dreierkette fortsetzen. „Wir brauchen noch ein anderes System, das wir
       spielen wollen.“
       
       Spiele und Siege, so hat es Hansi Flick, schon mehrfach betont, würden
       dabei helfen, neue Automatismen einzuüben und Selbstsicherheit zu gewinnen.
       Nach dem Remis gegen die Ukraine sind die Ausgangsvoraussetzungen dafür
       nicht einfacher geworden.
       
       Gut eine Stunde nach dem 1.000 Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft
       warteten immer noch etwa 50 Fans an einem Tor vor dem Weserstadion auf die
       Ausfahrt der Mannschaftsbusse. Es waren vornehmlich ukrainische Fans, die
       wie schon im Stadion ihr Team lautstark feierten.
       
       13 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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