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       # taz.de -- Gewalt gegen Frauen in Sudan: „Keine Frau in Khartum ist sicher“
       
       > Seit Kriegsausbruch steigt die Zahl der Vergewaltigungen in Sudan.
       > Suleima Ishaq kümmert sich mit ihrer Organisation um betroffene Frauen.
       
   IMG Bild: Bloß weg hier: Eine Familie flieht aus Sudans umkämpfter Hauptstadt, 30. Mai
       
       Kairo taz | Über sechs Wochen dauert nun schon der Krieg in Sudan, und wie
       in jedem Krieg zahlen auch hier die Frauen einen besonders hohen Preis. Es
       häufen sich [1][Berichte von Vergewaltigungen und Verschleppungen junger
       Frauen]. Besonders dramatisch ist die Lage in der Hauptstadt Khartum und
       deren Umgebung. Trotz des eigentlich geltenden Waffenstillstands kämpfen
       dort Staats- und Armeechef Abdelfattah al-Burhan und der Chef der RSF-Miliz
       Mohamed Hamdan Daglo, auch genannt Hametti, weiterhin gegeneinander um die
       Alleinherrschaft. Die Zivilbevölkerung schaut hilflos zu.
       
       „Was den sudanesischen Frauen widerfährt, ist ein ständiger Teufelskreis
       der Gewalt, aus dem es kein Entkommen gibt. Frauen werden immer wieder
       vergewaltigt, weil die Straßen nicht sicher sind. Dazu kommen die ständigen
       Bombardierungen“, erzählt Suleima Ishaq. „Keine Frau in Khartum ist
       sicher.“ Ishaq leitet in Sudans Hauptstadt die „Organisation zur Bekämpfung
       von Gewalt gegen Frauen“, die sich um Vergewaltigungsopfer kümmert. Kontakt
       mit ihr ist nur über den Internetnachrichtendienst Whatsapp möglich.
       
       Besonders gefährdet, sagt Ishaq, seien Frauen, die sich als Tagelöhnerinnen
       verdingen oder die auf den Märkten arbeiten. Denn um zu überleben, müssten
       sie weiter auf den unsicheren Straßen arbeiten.
       
       Aber nicht nur sie seien in Gefahr, denn gerade die [2][RSF-Milizen]
       dringen immer wieder in Privathäuser ein. Die Milizionäre richteten dort
       ihre Stellungen ein oder übernachten dort. Selbst wenn die Milizionäre die
       Frauen noch in Ruhe lassen, nutzten oft später kriminelle Banden die Chance
       der aufgebrochenen Häuser. Ishaq kennt mindestens drei Fälle von brutalen
       Gruppenvergewaltigungen.
       
       ## Immer mehr junge Frauen werden verschleppt
       
       „Die sexuellen Angriffe haben zugenommen, genauso wie die Verschleppungen
       von jungen Frauen. Augenzeugen der zivilen Nachbarschaftskomitees erzählen
       von neuen Ausmaßen sexueller Gewalt“, schildert Ishaq die Lage.
       
       „Unser Problem ist, dass wir meistens nicht informiert sind, um den Frauen
       zu helfen und ihnen zu sagen, wie sie sich verhalten und welche
       einigermaßen sichere Route sie nehmen sollen, um von dort wegzukommen.“
       Das, sagt sie, sei für ihre Organisation „die größte Herausforderung“.
       
       Schwierig sei auch die Gesundheitsversorgung der Frauen. Die meisten
       Gebiete rund um die Krankenhäuser würden von den Milizen kontrolliert und
       seien, wenn sie noch funktionierten, nur schwer zugänglich. „Viele Frauen
       in Khartum bräuchten dringend Hilfe in Frauengesundheitszentren, nicht nur
       bei den Geburten. Die aber werden entweder beschossen oder sind von Truppen
       besetzt. Viele verbluten, manche haben wegen der traumatischen
       Kriegssituation [3][Fehlgeburten]“, berichtet Ishaq.
       
       Unterstützung für Vergewaltigungsopfer sei ebenfalls schwierig. „Wo wir
       Hilfe anbieten können, das ändert sich jeden Tag je nach Lage der
       Kampfhandlungen“, beschreibt die Psychotherapeutin ihre Arbeit.
       
       ## Etwa 1,4 Millionen Menschen sind auf der Flucht
       
       Inzwischen befinden sich 1,4 Millionen Menschen [4][in Sudan auf der
       Flucht], die meisten noch innerhalb der Landesgrenzen. Manchmal lassen die
       Männer einfach ihre Frauen zurück, erzählt Ishaq. Es würden auch Ehemänner,
       Brüder oder Väter vermisst, die das Haus verlassen haben, um Besorgungen zu
       machen und die dabei umgekommen sind oder an einer Straßensperre
       festgenommen wurden.
       
       Das hinterlasse die Frauen und Kinder in einer besonders prekären Lage,
       warnt Ishaq: „Sie sind besonders verwundbar gegenüber jeglichen Angriffen
       und Ausbeutung und sie laufen auch Gefahr, Opfer von Menschenschmugglern zu
       werden.“ Die Menschenschmuggler machten ihnen falsche Hoffnungen und
       behaupteten, sie an einen sicheren Ort zu bringen. Das betrifft vor allem
       Frauen, die keine Papiere haben. Für sie sei das Risiko des Menschenhandels
       ganz besonders groß.
       
       31 May 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Karim El-Gawhary
       
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