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       # taz.de -- Illegale Rückführung von Geflüchteten: Hinweise auf Pushbacks in Bayern
       
       > Geflüchtetenorganisationen warnen, die Bundespolizei schiebe
       > Schutzsuchende illegal nach Österreich zurück. Grüne und Linke fordern
       > Aufklärung.
       
   IMG Bild: Grenzübergang Freilassing-Saalbrücke zwischen Deutschland und Österreich im August 2018
       
       Berlin taz | Mehrere Flüchtlingsorganisationen berichten, dass deutsche
       Polizist*innen systematisch Geflüchtete nach Österreich zurückschieben
       obwohl diese in Deutschland einen Asylantrag stellen wollen. Solche
       [1][sogenannten Pushbacks] sind klar rechtswidrig. Grüne und Linke fordern
       jetzt Aufklärung.
       
       Die Vorwürfe stammen von [2][dem Bayerischen Flüchtlingsrat], der
       Organisation Pushback Alarm Austria und dem Border Violence Monitoring
       Network. Sie haben sechs Fälle syrischer Geflüchteter dokumentiert, die im
       November und Dezember 2022 aus Österreich kamen und in bayrischen Städten
       aufgegriffen wurden. Alle sechs Geflüchteten berichten, sie hätten
       gegenüber den Polizist*innen klar geäußert, dass sie einen Asylantrag
       in Deutschland stellen wollen. Auch Dolmetscher*innen seien dabei
       gewesen. Trotzdem seien die Geflüchteten innerhalb weniger Tage zurück nach
       Österreich gebracht worden, wo sie an die dortige Polizei übergeben oder
       sogar einfach auf der Straße ausgesetzt worden seien.
       
       Treffen die Berichte zu, dann haben die Polizist*innen klar gegen
       Gesetze verstoßen. Zwar kann in ein anderes Land zurückgeschickt werden,
       wer unerlaubt nach Deutschland einreist. Das gilt aber nur, solange die
       Eingereisten kein Asyl in Deutschland wollen. Beabsichtigt eine Person
       dagegen, einen Asylantrag in Deutschland zu stellen, müssen die Behörden
       sie ausnahmslos an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf)
       weiterleiten. Eine direkte Rückweisung ist verboten.
       
       „Die Rechte der Geflüchteten wurden klar missachtet“, sagt Katharina Grote
       vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Mit Sicherheit oder professioneller
       Polizeiarbeit hat das nichts zu tun.“ Sie verweist auf weitere Indizien,
       die für ein systematisches Vorgehen der Bundespolizei sprechen: Die Antwort
       der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Clara Bünger
       zeigt, dass 2022 auffallend wenige Asylanträge von Personen dokumentiert
       sind, die aufgegriffen wurden. Bei den insgesamt 22.824 unerlaubten
       Einreisen soll nur in 12 Prozent der Fälle ein Asylantrag gestellt worden
       sein, im November und Dezember sollen es gar nur 0,6 Prozent gewesen sein.
       
       ## Innenministerium streitet Vorwürfe ab
       
       Auffällig ist auch, dass fast zwei Drittel der Zurückgewiesenen aus den 15
       wichtigsten Asylherkunftsländern stammten. „Dass diese Personen angeblich
       kein Asylgesuch an der Grenze stellen, was einer Zurückweisung
       entgegenstehen würde, ist kaum glaubhaft“, sagt Bünger. „Die
       Bundesregierung muss verhindern, dass rechtswidrige Zurückweisungspraktiken
       an der Grenze zur Normalität werden.“
       
       Ähnlich äußerte sich am Mittwoch auch der Grünen-Abgeordnete Julian Pahlke
       gegenüber der taz: „Die Vorwürfe, die damit im Raum stehen, sind
       schwerwiegend. Gerade, da es sich nicht um einen Einzelfall zu handeln
       scheint, sondern ein systematisches Vorgehen der Bundespolizei sein
       könnte.“ Es sei an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), für Aufklärung
       zu sorgen, so Pahlke.
       
       Ein Sprecher von Faesers Ministerium wies die Vorwürfe am Mittwoch auf
       Anfrage zurück. „Die Maßnahmen der Bundespolizei richten sich nach den
       einschlägigen europa- und nationalrechtlichen Bestimmungen des Ausländer-
       und Asylrechts.“ Wer einen Asylantrag stellen wolle, werde von den
       Polizist*innen wie vorgesehen an die zuständige Behörde weitergeleitet,
       so der Sprecher.
       
       Die Grenzkontrollen in Bayern sind schon länger umstritten, weil sie
       eigentlich gegen das Schengenabkommen verstoßen und nur durch eine
       Sonderregelung möglich sind. Im Jahr 2015 durch CDU-Bundesinnenminister
       Thomas de Maizière eingeführt, werden die Kontrollen seitdem regelmäßig für
       eine kurze Zeitspanne verlängert. Zuletzt entschied Bundesinnenministerin
       Faeser im April, [3][die Regelung für weitere sechs Monate in Kraft zu
       lassen.]
       
       31 May 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwarzbuch-ueber-Pushbacks/!5897144
   DIR [2] https://www.fluechtlingsrat-bayern.de/belege-fuer-systematische-pushbacks-nun-auch-an-der-deutsch-oesterreichischen-grenze/
   DIR [3] /Deutsch-oesterreichische-Grenze/!5925904
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frederik Eikmanns
       
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