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       # taz.de -- Umstrittenes Heizungsgesetz: Fossile Wärme bleibt hip
       
       > Gasheizungen sind immer noch trotz steigender Preise und drohenden
       > Verbots ein Verkaufsschlager. Ein Energieexperte erklärt, welche Gründe
       > das hat.
       
   IMG Bild: Ab 2045 sollen nach Gebäudeenergiegesetz keine fossilen Heizungen mehr betrieben werden dürfen
       
       Die Nachfrage nach Gasheizungen ist ungebrochen hoch – trotz hoher
       Energiepreise und obwohl sie langfristig verboten werden sollen. Laut
       Zahlen des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie von Mitte Mai
       boomt der Wärmemarkt. 306.500 Heizungsanlagen wurden im ersten Quartal
       verkauft, das sind 38 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. 55 Prozent der
       verkauften Anlagen sind Gasheizungen, 14 Prozent mehr als im 1. Quartal
       2022. Der Verkauf von Wärmepumpen ist im Quartalsvergleich um 111 Prozent
       drastisch gestiegen. Das entspricht 31 Prozent der verkauften Anlagen.
       
       Ab 2045 sollen nach dem von der Bundesregierung geplanten
       Gebäudeenergiegesetz [1][keine Heizungen mit] fossilen Brennstoffen mehr
       betrieben werden dürfen. Alle frisch eingebauten Gasheizungen dürfen also
       noch maximal 22 Jahre laufen. „Nach unserer Erfahrung laufen viele
       Gasheizungen eigentlich deutlich länger als 20 Jahre“, sagt Stefan Materne,
       Energieexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen.
       
       Ein Grund für den weiterhin hohen [2][Verkauf von Gasheizungen ist] Materne
       zufolge die falsche Einschätzung der Kosten. „Viele kriegen erst einmal
       einen Schreck, wenn sie die Preise für eine Wärmepumpe sehen“, sagt er. Im
       Schnitt läge der aktuelle Preis für eine Luft-Wasser-Wärmepumpe bei 31.000
       Euro. Mit den Fördermaßnahmen durch Bund und Länder sinke dieser aber
       schnell auf 10.850 Euro, rechnet Materne für das Land Berlin vor. Eine
       durchschnittliche Gasheizung kostet dagegen 15.000 Euro, dafür gibt es
       keine Förderung. „Viele sind sich dessen einfach nicht bewusst“, sagt er.
       
       ## Lieber am Altbekannten festhalten
       
       Allerdings sei die Wärmepumpe nicht für jedes Haus die richtige Lösung. In
       dicht bebauten Gebieten gebe es oft nicht genug Platz für eine Wärmepumpe.
       Erdbohrungen seien oft verboten. Und gerade ältere Gebäude mit
       Sanierungsbedarf seien oft nicht geeignet, mit einer Wärmepumpe beheizt zu
       werden, weil die Betriebskosten zu hoch wären. „Ältere Personen sind da oft
       in der Zwickmühle“, sagt er. „Die sagen sich dann: Ich lebe vielleicht nur
       noch zehn Jahre, meine Kinder sind weit weg, die wollen das Haus nicht und
       ich habe kein Geld für Sanierung und neue Heizung.“ Deshalb entschieden sie
       sich für eine Gasheizung.
       
       Materne geht davon aus, dass viele Hausbesitzer:innen durch die
       anstehende Gesetzesänderung verunsichert sind. Die Grundzüge der
       Fördermaßnahmen sind zwar veröffentlicht, die konkrete Umsetzung bleibt
       allerdings offen. Darüber verhandeln die Koalitionsfraktionen gerade. Wegen
       dieser Unsicherheit würden einige Menschen ihre Gasheizung erneuern, sagt
       Materne: „Es ist ja auch menschlich, dass man an der Technik festhält, die
       man kennt“. Der Leidensdruck sei in dem Moment, [3][in dem die Heizung]
       ausfalle, meist sehr hoch. So hoch, dass die Betroffenen sich für schnelle
       und scheinbar günstigere Lösungen entscheiden.
       
       Dass vor allem Besitzer:innen von bestehenden Häusern für den
       anhaltenden Gas-Boom verantwortlich sind, unterstützen auch [4][Zahlen des
       Statistischen Bundesamts]. Demnach werden mehr als die Hälfte der
       Wohngebäude, die 2021 fertiggestellt wurden, mit Wärmepumpen betrieben.
       Dagegen nur ein Drittel mit einer Gasheizung.
       
       1 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Umstrittenes-Heizungstauschgesetz/!5934952
   DIR [2] /Bundesregierung-treibt-Waermewende-voran/!5934652
   DIR [3] /Habeck-weicht-Heizungsgesetz-auf/!5934970
   DIR [4] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/06/PD22_226_31121.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alexandra Hilpert
       
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