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       # taz.de -- Orcas greifen Boote an: Killerwale wollen nur spielen
       
       > Über 50 Mal haben Orcas in den vergangenen Monaten in der Meerenge von
       > Gibraltar Schiffe attackiert. ExpertInnen rätseln über die Ursachen.
       
   IMG Bild: Hochintelligente Orcas haben in den vergangenen Monaten in Gibraltar über 50-mal Schiffe angegriffen
       
       Madrid taz | Der Schrecken der Gewässer vor der britischen Kronkolonie
       Gibraltar hat einen Namen: „Gladys“. Die Killerwal-Dame führt eine Gruppe
       von Artgenossen an, die in den vergangenen Monaten über 50-mal Schiffe
       angegriffen hat. 12 Mal wurden diese dabei beschädigt. Am 4. Mai traf es
       das Schweizer Segelboot Champagne so schwer, dass es unterging.
       
       Fast alle angegriffenen Schiffe sind Segelschiffe. Die Orcas zerstören das
       Ruder und machen das Schiff damit manövrierunfähig. An der Besatzung
       scheinen die Orcas kein Interesse zu haben. Selbst in den Fällen, in denen
       die Besatzung auf Rettungsboote umsteigen musste, griffen die Orcas diese
       nicht an.
       
       Stellt sich die Frage, warum die Gruppe unter Führung von Gladys Schiffe
       angreift. Einige Forscher – unter ihnen die [1][Arbeitsgruppe Atlantische
       Orca der Spanischen Wal-Gesellschaft] – gehen davon aus, dass die Orcas
       einfach spielen. Als Beweis dafür führen sie an, dass die Tiere nicht
       aggressiv im eigentlichen Sinne seien, sondern sich ruhig den Booten nähern
       und dann versuchen, das Ruder auszuhebeln, bis es kaputtgeht. „Ihr
       Verhalten hat nichts mit dem zu tun, das sie zeigen, wenn sie zum Beispiel
       jagen“, sagt Sprecher Alfredo López.
       
       Forscher an der schottischen St. Andrews-Universität haben eine weitere
       mögliche Erklärung. So soll Gladys im Mai 2020 von einem Boot angefahren
       und vom Ruder verletzt worden sein. Seither kommt es immer wieder zu
       Zwischenfällen mit Orca-Gruppen in der Region. Der erste Angriff auf ein
       Boot fand im Juli 2020 statt. Die Zwischenfälle mit Orcas und Booten nehmen
       ständig zu. Alleine im Mai sollen es 20 gewesen sein.
       
       ## Tote Lachse auf dem Kopf
       
       Da Orcas [2][soziale, hochintelligente Wesen] sind, gehen die
       Wissenschaftler davon aus, dass der Rest der Gruppe dieses Verhalten von
       Gladys erlernt hat. „Es gibt Berichte darüber, dass einzelne Orcas und
       Orca-Gruppen eigenwillige Gewohnheiten entwickeln“, erklärt Luke Rendell
       von der St. Andrews-Universität. Diese reiche von einer Gruppe, die sich
       auf eine scheinbar kurzfristige Modeerscheinung einlässt und tote Lachse
       auf dem Kopf trägt, bis hin zu einer anderen, die lautstark Seelöwen
       nachahmt.
       
       Das spanische Umweltministerium versucht derzeit gemeinsam mit der
       spanischen Wal-Gesellschaft, einige Individuen mit GPS zu bestücken, um so
       jederzeit kontrollieren zu können, wo sie sich gerade aufhalten. Da sich
       die Angriffe auf ein relativ kleines Gebiet in den Gewässern der Meerenge
       von Gibraltar beschränken, soll es durch die GPS-Daten möglich werden, den
       Orcas rechtzeitig auszuweichen. Die meisten Angriffe finden im Frühjahr und
       Frühsommer statt, wenn die Orcas in tiefen Gewässern auf die Ankunft des
       roten Thunfischs – ihre Hauptnahrungsquelle – warten.
       
       In der Meerenge von Gibraltar leben um die 60 Orcas. Es handelt sich dabei
       um eine Untergruppe der Killerwale, die vom Aussterben bedroht ist. Denn
       gibt immer weniger roten [3][Thunfisch], von dem sie sich hauptsächlich
       ernähren. Dieser wird seit Jahren überfischt. Der rote Thunfisch gilt vor
       allem in Japan als Delikatesse. Der Kilopreis liegt bei über 1.000 Euro.
       
       2 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.orcaiberica.org/
   DIR [2] /Ein-Orca-lernt-sprechen/!5479169
   DIR [3] /Studie-zu-Fischerei/!5781489
       
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