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       # taz.de -- Neues Stadion für Holstein Kiel: Kein Baubeginn in Sicht
       
       > Zu wenig Plätze für Fans und Gäste: Der Fußball-Zweitligist Holstein Kiel
       > braucht eine neue Spielstätte. Schon seit Jahren wird darüber diskutiert.
       
   IMG Bild: Hübsche Kulisse, die aber bald durch einen Neubau ersetzt werden soll: Holstein-Stadion in Kiel
       
       Rendsburg taz | Ein Kongresscenter, ein Parkhaus, ein Sportartikelshop: Es
       waren große Pläne, die Gerhard Lütje, Aufsichtsrat und Sponsor des
       [1][Sportvereins Holstein Kiel], im Mai 2017 verkündete. Dass der Verein
       ein neues Stadion braucht, steht fest: Die Fußball-Männer spielen seit
       sechs Jahren in der Zweiten Bundesliga, sogar der Aufstieg in die Erste
       Liga schien in Reichweite.
       
       Doch dafür sieht die Deutsche Fußball-Liga (DFL) einige Regularien vor, die
       die veralteten Gebäude nicht erfüllen. Inzwischen hat sich Sponsor Lütje
       zurückgezogen, nun will die Stadt selbst als Bauherrin einspringen. Doch
       die Politik tut sich schwer damit.
       
       31.342 – so viele Menschen jubelten am 23. Mai 1951 im Stadion der „Kieler
       Spielvereinigung Holstein von 1900“ im Norden der Landeshauptstadt. Dieser
       Zuschauerrekord lässt sich längst nicht mehr erreichen. In den
       1970er-Jahren verkaufte der Verein aus finanzieller Not Gelände und Gebäude
       der Stadt, die selbst in roten Zahlen steckt. So blieben Reparaturen
       liegen, und die Zahl der zugelassenen Zuschauer*innen sank. Bereits in
       der Saison 2005/06 forderte die DFL umfangreiche Sanierungen, ansonsten
       drohte der Verlust der Lizenz für die Dritte Bundesliga.
       
       Die Debatte verschärfte sich erneut, als die Kieler „Störche“ in die Zweite
       Liga aufstiegen. Dafür muss ein Stadion eigentlich 15.000 Personen Platz
       bieten, in Kiel sind es nur 12.000. Auch bei weiteren Details hapert es. Im
       April verlängerte die DFL die Ausnahmegenehmigung für die Spielzeit
       2023/24.
       
       ## Investor wollte autogerechtes Stadion
       
       „Wir erfüllen bis auf die Anforderungen [2][an die Stadioninfrastruktur]
       alle elementaren Voraussetzungen und können ein weiteres Jahr in diesem
       herausfordernden Umfeld planen“, so Präsident Steffen Schneekloth in einer
       Klubmitteilung. Doch die Liga verlangt im Gegenzug, dass es nun endlich
       losgeht.
       
       Die Planungen begannen lange vor dem Aufstieg in die Zweite Liga:
       „Insgeheim arbeitet man in Kiel schon seit Jahren an einer großen
       Stadion-Lösung“, schrieb das Flensburger Tageblatt 2017. Der Verein selbst
       lehnt es zwar ab, das Stadion wieder zu übernehmen: „Daran sind schon
       andere erstickt“, sagte Holstein-Geschäftsführer Wolfgang Schwenke. Doch
       die Stadt, der Sponsor Lütje und Daniel Günther, damals CDU-Spitzenkandidat
       und heute Ministerpräsident, sagten damals zu, „ihren Beitrag zu leisten“.
       
       Als Aufsichtsrat gab Lütje Pläne vor, die vor allem auf das Auto setzten.
       „Das Auto spielt im Leben der Menschen eine große Rolle“, sagte der Chef
       der „Citti“-Einkaufsmärkte in einem Interview im März, bei dem er die
       kostenlosen Riesen-Parkflächen rund um seine Läden als einen Erfolgsfaktor
       nannte. Entsprechend autogerecht sollte auch das Stadion-Umfeld aussehen.
       
       Dafür wurden im Februar 2022 bereits Kleingartenparzellen planiert, obwohl
       die Baupläne noch im Genehmigungsverfahren waren – „wie es Kieler Tradition
       entspricht“, heißt es spöttisch auf der Internetseite „Parzelle 556“, die
       von der BUND-Kreisgruppe Kiel betrieben wird: In Kiel waren vor einigen
       Jahren für den Bau eines Möbelmarktes am Stadtrand Kleingärten vernichtet
       worden.
       
       ## Grüne wollen klimaneutrales Stadion
       
       Gegen die Pläne des Sponsors gründete sich eine Initiative von
       Anwohner*innen, die sich inzwischen wieder aufgelöst hat. „Nach zwei Jahren
       war die Luft raus“, sagt Anwohnerin und BI-Initiatorin Katrin Sewell. Die
       Gruppe hatte einen Hamburger Anwalt beauftragt – keine Kieler Kanzlei sei
       bereit gewesen, sich gegen Lütje zu stellen –, doch dessen Stellungnahme
       sei von der „Stadt Kiel in wirklich allen Punkten abgelehnt“ worden.
       
       Doch als im vergangenen Jahr die Bau- und Energiekosten stiegen, zog sich
       Lütje zurück. „Ich glaube nicht, dass es wieder gelingt, einen privaten
       Investor zu gewinnen“, sagte Kiels Bausenator Gerwin Stöcken (SPD) bei der
       Ratsversammlung im Februar. Daher müsse die Stadt selbst das Projekt
       organisieren.
       
       Darüber herrscht Streit im Stadtrat: Die Grünen erwarten „einen
       klimaneutralen Betrieb und zeitgemäße Konzepte, die die Klimabilanz
       optimieren und auf nachhaltige Baustoffe und Bautechniken setzen“, so
       Ratsherr Arne Stenger. Er wünscht sich eine Mehrfachnutzung der Gebäude,
       immerhin sei das Stadion „an über 300 Tagen ohne Spielbetrieb“.
       
       Für einen „Neustart“ in der Planung ist auch Rainer Kreutz (CDU), der sich
       bei der Ratsdebatte aber klar für ein Parkhaus und Eventräume aussprach.
       Der Liga-Erhalt solle aber nicht am Stadion scheitern: „Fußball ist nicht
       nur nice to have, [3][sondern gehört zu Kiel.“]
       
       Doch dann solle der Verein auch selbst zahlen, findet Ove Schröter von „Der
       Partei“: „Es heißt, die Landeshauptstadt brauche ein modernes Stadion. Dem
       ist nicht so, der Verein benötigt es. Warum soll Kiel in die Verantwortung
       genommen werden, warum nicht der Verein selbst?“, fragte Schröter in der
       Ratsdebatte. Auf die „riesige Langzeitfußballwette“ werde sich seine
       Fraktion nicht einlassen.
       
       Mit den Anwohner*innen habe die Stadt übrigens bisher nicht gesprochen,
       berichtet BI-Gründerin Sewell. „Man gewinnt den Eindruck, alles zum Thema
       Stadion ist unantastbar.“ Wie und wann genau es weitergeht, steht noch
       nicht fest. Der nach der vergangenen Kommunalwahl neu zusammengesetzte
       Kieler Stadtrat befasst sich in seiner Sitzung Mitte Juli auf Antrag des
       SSW damit, die Interessengemeinschaft Holstein-Stadion in die Planungen
       einzubeziehen.
       
       10 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Geißlinger
       
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