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       # taz.de -- Einigung beim Gebäudeenergiegesetz: Kulturkampf im Heizungskeller
       
       > Regierungsverantwortung ist kein Ponyhof und Verträge gilt es
       > einzuhalten. Das zu hören, mag schocken, doch es ist Zeit zum Handeln.
       
   IMG Bild: Die Politik von Robert Habeck folgt auch aus der Notwendigkeit, dem Verfassungsgericht zu folgen
       
       Im Kulturkampf geht es nie um die Sache, nie um das Ergebnis, sondern nur
       um den Kampf. Je erbitterter der Kampf, desto besser für diejenigen, die
       ihn führen wollen. Deshalb darf man den Kulturkampf nicht [1][im
       Heizungskeller] annehmen und auch sonst nirgendwo, denn das würde ihn
       potenzieren.
       
       Ich selbst habe gerade in einem Text aus meiner Sicht populistische
       (bayerische) Politiker Hanswurste genannt. Weil es mir vorkommt, als
       inszenierten sie sich beim Gebäudeenergiegesetz durch Ignorieren von
       Sachlage, politischer Notwendigkeit und gesetzlicher Verpflichtung bewusst
       als derb komische Bierzeltfiguren, um negative Emotionen zu stimulieren.
       Das tat mir kurz gut, war aber ebenfalls eine derbe Reduzierung und nicht
       hilfreich. Sorry!
       
       Mit Blick auf die Grünen: Regierungsverantwortung ist kein Ponyhof,
       Christian Lindner ist, wie er ist, Kanzler Scholz auch, also klimapolitisch
       eher mäßig interessiert. Damit muss man bis auf Weiteres genauso klarkommen
       wie mit Kompromissen in der pluralistischen EU.
       
       Wegrennen und die anderen ihren Scheiß allein machen lassen wäre ein
       Versagen, das die Parteigründung ad absurdum führen würde. Es ist aber auch
       keine Option mehr, wenn man sich als Zentrum der Gesellschaft und als
       Partei von Law and Order versteht.
       
       Falls jetzt immer noch jemand irritiert sein sollte: Law and Order ist die
       Grundbedingung eines guten Zusammenlebens. Die Politik von Vizekanzler
       Robert Habeck folgt auch aus der Notwendigkeit, internationale Verträge
       einzuhalten, dem Bundesverfassungsgericht zu folgen und Versprechen aus dem
       Koalitionsvertrag einzulösen.
       
       Die Aufregung jener Politiker, die solche Politik bekämpfen, beruht
       offenbar auf der Annahme, dass geschlossene Verträge Jux seien. Weshalb sie
       zu eigenen Regierungszeiten, was beispielsweise den Gebäudebestand angeht,
       nichts taten, obwohl sie gemusst hätten.
       
       Allerdings ist unklar, ob es in den Merkel-Jahren eine Art
       unausgesprochenen Deal zwischen Regierung und Mehrheitsgesellschaft gab,
       wonach beide so taten, als sei das Sprechen über Klimapolitik bereits
       Handeln. Während man Letzteres einvernehmlich unterließ.
       
       Mit [2][Luisa Neubauers Fridays for Future] änderte sich das gefühlt und
       mit dem Einzug von Robert Habeck in das neue Wirtschafts- und
       Klimaministerium dann real. Diese neue und ungewohnte Realität des Handelns
       ist zunächst auch ein Schock. Ein weiterer, nach den vielen Krisen der
       vergangenen Jahre.
       
       Wir Bundesdeutsche müssen jetzt in vielfacher Hinsicht handeln können, wie
       wir es bisher nie wollten. Da sind Ausweichbewegungen erst mal verständlich
       und reparatives Sprechen unverzichtbar.
       
       Übrigens ist in Großbritannien das Ende von Öl- und Gasheizungen
       Regierungspolitik der Konservativen, in Dänemark der Sozialdemokraten, in
       den Niederlanden der Rechtsliberalen. Es ist also gar keine Grüne
       „Obsession“, „Ideologie“ oder „Religion“ – sondern bloß die vorgeschriebene
       Umsetzung internationaler und nationaler Verpflichtungen, die in der EU von
       einer demokratischen Mehrheit der staatstragenden europäischen Fraktionen
       beschlossen wurden.
       
       Insofern wiederhole ich meine Forderung, dass wir diese klimapolitische
       Grundübereinkunft auch in der Bundesrepublik brauchen, um die Trennlinie
       klar zwischen am Rechtsstaat orientierten, demokratischen Parteien [3][und
       der AfD] zu ziehen – und damit den populistischen Echoraum auf ein
       kleineres Bierzelt zu reduzieren.
       
       Mag sein, dass die Show der vergangenen Monate FDP und Union kurzfristig
       ein paar Stimmen bringt. Aber einen Kulturkampf gewinnen am Ende immer die
       Rechtspopulisten.
       
       18 Jun 2023
       
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