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       # taz.de -- Debatten innerhalb von Safer Spaces: Ohne Streit geht nichts voran
       
       > Der Kampf gegen rechte Trolle nimmt den Raum für kritischen Diskurs
       > innerhalb der eigenen Community. Dabei ist gerade der am wichtigsten.
       
   IMG Bild: Durch die rechten Attacken der letzten Jahre werden viele Netzaktivist*innen leiser
       
       Was führt Menschen aus marginalisierten Gruppen in die Strukturen einer
       Community – und in sogenannte [1][Safer Spaces]? Neben der Suche nach
       politischen, solidarischen Gemeinschaften im Kampf gegen Diskriminierung
       ist es oft der Wunsch nach Zugehörigkeit und Verständnis. Auch für mich war
       die Vorstellung von [2][Schwarzen Räumen] erst mal eine von Zusammenhalt:
       Ruhe vor dem rassistischen Draußen, die Möglichkeit, zu entspannen und
       Kraft zu finden. Das war meine Fantasie. Nach einem Ort für noch mehr
       Konflikt und Konfrontation habe ich mich nicht gesehnt.
       
       Aber ein Raum, um Differenzen untereinander anzusprechen und zu streiten,
       ist wichtig. Ohne diese Debatten kommen wir nicht weiter. Doch es ist
       kompliziert: In sozialen Netzwerken ist es für Betroffene und deren
       Verbündete kaum noch möglich, produktiv miteinander zu diskutieren, weil
       das Gebrülle und Getrolle von Rechts zu laut ist. Ich lösche auf Instagram
       viele Kommentare, die ich als destruktiv oder der Diskussion nicht
       zuträglich empfinde, damit Betroffene sich nicht die ganze Zeit daran
       abarbeiten müssen – sondern in einen konstruktiven Austausch miteinander
       treten können, der gerne auch kontrovers werden kann.
       
       ## Vielstimmigkeit wird unterdrückt
       
       Doch durch die rechten Attacken der letzten Jahre werden viele
       Netzaktivist*innen leiser. Der Druck ist so stark, dass viele Stimmen
       verstummen, die ich sehr gerne hören würde. Stimmen, deren Klang sich in
       den letzten zehn Jahren erst so richtig zu entwickeln begonnen hat, oder es
       wird sich eben an konservativen und rechten Talking Points abgearbeitet,
       statt eigene Diskussionen zu führen und Konflikte auszutragen. So wird
       Vielstimmigkeit innerhalb marginalisierter Communities unterdrückt. Wenn
       ein Raum abwehrend reagiert, sobald rassistische Strukturen benannt und
       thematisiert werden, halte auch ich oft zur einzigen anderen Schwarzen
       Person auf dem Podium – auch wenn ich ihr in einzelnen Punkten nicht
       zustimme.
       
       Auch, wenn wir uns nach außen gemeinsam verteidigen müssen, müssen wir nach
       innen unsere Unterschiede nicht unter den Teppich kehren. Diversität und
       Meinungsvielfalt innerhalb einer Community anzuerkennen ist notwendig um
       voneinander zu lernen, unsere Themen voranzutreiben und miteinander zu
       wachsen. Es hilft uns als Gruppe und jeder einzelnen Person beim Finden der
       eigenen Haltung und Stimme.
       
       Ich verstehe die Angst vor Spaltung: Wenn man doch schon eine Minderheit
       ist, dann müssen doch alle zusammenhalten, oder? Ich glaube, dass
       politische Positionen ausgehandelt werden müssen. Es hilft, zu erkennen,
       dass wir neben einer geteilten Diskriminierungserfahrung auch Individuen
       sind, die sich mehr oder weniger gut verstehen. Das schützt vor
       Enttäuschungen. In einem Safer Space ist nicht alles harmonisch. Differenz
       auszuhalten, ist auch eine Form von Zusammenhalt.
       
       18 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
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