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       # taz.de -- Deutsch-chinesische Konsultationen: Scholz macht auf KP-Kader aus China
       
       > Als Hausherr im Kanzleramt fügt sich Olaf Scholz dem Wunsch der
       > chinesischen Regierungsdelegation und lässt keine Frage von
       > Journalist*innen zu.
       
   IMG Bild: Chinas Ministerpräsident Li Qiang und Bundeskanzler Olaf Scholz
       
       Berlin taz | Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei der gemeinsamen
       „Pressebegnung“ mit Chinas Premierminister Li Qiang zum Abschluss der 7.
       [1][Deutsch-Chinesischen Regierungskonsultationen] am Dienstag so erwartbar
       wie gebetsmühlenartig die Wichtigkeit des Dialogs mit China betont. Man
       müsse auch in schwierigen Zeiten miteinander reden, auch wenn man nicht
       einer Meinung sei, so Scholz.
       
       Stolz berichtete er von einem geplanten Klima- und Transformationsdialog
       und nannte auch ein gemeinsames Umweltforum sowie bilaterale Anstrengungen
       in Fragen der globalen Ernährungssicherheit. Zuvor hatte er sich bereits
       für verstärkte „people-to-people“ Kontakte sowie mehr Austausch auf der
       Ebene zwischen Think Tanks und Wissenschaftlern ausgesprochen. Peking hat
       hier in den letzten Jahren blockiert, Scholz’ Worte waren eine
       diplomatische Form der Kritik.
       
       Dann sagte er einen denkwürdigen Satz: „Freiheit und Offenheit braucht auch
       der Journalismus.“ Deutsche Korrespondent*innen wollten gerne aus
       China berichten. Sie bräuchten dafür auch einen Zugang. „Wir setzen uns
       dafür ein“, so Scholz.
       
       Doch was machte der Hausherr im Kanzleramt nur wenige Minuten später,
       nachdem auch Premier Li sein Loblieb auf die Zusammenarbeit mit Deutschland
       gesungen hatte? Scholz ließ keine einzige Frage von
       Medienvertreter*innen zu. Freiheit? Offenheit? Fehlanzeige im
       Kanzleramt. Was für eine peinliche Heuchelei!
       
       ## China diktiert Scholz den Umgang mit den Medien
       
       Da half es auch nichts, dass dies den Wünschen der chinesischen Seite
       geschuldet gewesen sei, wie es hinter vorgehaltener Hand hieß. So mussten
       sich einige der anwesenden Journalist*innen erst mal vergewissern, dass
       sie tatsächlich gerade im Berliner Kanzleramt und nicht in Pekings Großer
       Halle des Volkes saßen.
       
       „So was habe ich in Deutschland noch nicht erlebt“, twitterte eine empörte
       Kollegin. Ein anderer stellte fest, dass das über Jahre strapazierte Motto
       vom „Wandel durch Handel“ offenbar in Deutschland stärker gewirkt habe als
       in China.
       
       Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen [2][twitterte]: „Wenn zur neuen
       #Chinastrategie Deutschlands gehört, dass wir jetzt vor chinesischen
       Forderungen einknicken und die Pressefreiheit im eigenen Land einschränken,
       dann gute Nacht.“
       
       Es sei ein inakzeptabler Vorgang, dass der Bundeskanzler nicht einmal im
       eigenen Land im Umgang mit China für demokratische Werte eintreten könne.
       „(Kritische) Fragen müssen erlaubt sein“, so [3][Röttgen].
       
       Beide Regierungschefs betonten ihr Interesse an einer Ausweitung des
       bilateralen Handels, wobei sich ihre Schwerpunkte unterschieden. Li sagte:
       „Wenn wir die Zusammenarbeit in Wissenschaft, Industrie und Wirtschaft
       verstärken, werden wir einen Beitrag zur Stabilität der Weltwirtschaft
       leisten.“ Beide Länder könnten eine „Rolle als Stabilisator“ spielen.
       Deutschland ist Chinas größter Handelspartner in Europa, zudem ist Peking
       stark an deutscher Technologie interessiert.
       
       ## Scholz: Keine wirtschaftliche Abkoppelung von China
       
       Laut Scholz setze seine Regierung auf eine Weiterentwicklung der
       wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit China: „Wir haben kein Interesse an
       einer wirtschaftlichen Abkopplung von China.“ Dabei dringe man beim Zugang
       zum chinesischen Markt sowie Wettbewerbsbedingungen für ausländische
       Unternehmen auf Verbesserungen.
       
       Erfreulicherweise betonte Scholz die Bedeutung der Menschenrechte bei allen
       Stadien der Lieferkette. Verbraucher auf der ganzen Welt würden immer
       genauer darauf achten, wie Produkte hergestellt würden, so Scholz. „Würdige
       Produktionsbedingungen und damit verbunden Verbesserungen der
       Menschenrechtslage sind in unser beider Interesse.“ Das gilt aber auch für
       die Pressefreiheit.
       
       20 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Deutsch-chinesische-Konsultationen/!5938875
   DIR [2] https://twitter.com/n_roettgen/status/1671128849373974528
   DIR [3] https://twitter.com/n_roettgen/status/1671119481173581826
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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