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       # taz.de -- Mitveranstalterin über Kulturfestival: „Unterschiedlichkeit ist Alltag“
       
       > Machtkritisch und spartenübergreifend: Noch bis Sonntag läuft in Bremen
       > das Festival 13°
       
   IMG Bild: Tanzen zur Band Laturb: Beim 13° im vergangenen Jahr in den Bremer Pusdorf Studios
       
       taz: Katharina Wisotzki, der Name Ihres Vereins lautet „haikultur“ – Kultur
       als Haifischbecken. Wie zeigen Sie denn in Bremen Zähne? 
       
       Katharina Wisotzki: Wir sind sehr konsequent mit unserem feministischen
       Programm und unserer Crew, darin zeigen wir Zähne. Nur [1][als Flinta] das
       Festival zu organisieren und durchzuführen, macht viel aus und das müssen
       wir nach außen legitimieren. Außerdem fordern wir ein solidarisches
       Ticketsystem, mit gestaffelten Preisen und Ermäßigungen. Wir engagieren uns
       auch kulturpolitisch im Bereich Frauenförderung.
       
       Wie schwer ist es denn, Flinta vor und hinter die Kulissen zu bringen? 
       
       Hinter der Aussage, es gebe keine, die man fragen könnte, kann man sich gut
       verstecken. Es gibt super coole Flinta-, nicht-weiße und behinderte
       Künstler*innen. Es ist unsere Aufgabe als Kulturveranstalter*innen,
       verschiedene Positionen zu repräsentieren. Die gesellschaftliche Vielfalt
       ist ja da und auffindbar. Manche Formate haben dann andere Anforderungen.
       Das ist dann unsere Aufgabe, dem gerecht zu werden.
       
       Welche sind das zum Beispiel? 
       
       Einerseits ist oft ein Klassiker, dass Flinta zwar auf der Bühne stehen,
       aber die Organisation eher Männer übernehmen. Da gibt es oft Konflikte. Das
       kann man aber auffangen – auch ein cis-männlicher Techniker kann
       Flinta-Personen gut betreuen. Wenn man Künstler*innen of Color einlädt
       und die einladende Institution sehr weiß ist, muss man sich fragen, was das
       bedeutet und wie man eine gute Gastgeberin sein kann. Oder wenn ich eine
       Künstlerin einlade, die im Rollstuhl sitzt, muss ich ermöglichen, dass sie
       nicht nur die Bühne, sondern auch alle anderen Bereiche gut erreichen kann.
       
       Was gibt es da für Fallstricke? 
       
       Es hat natürlich Grenzen, man kann nicht alles perfekt vorbereiten. Aber
       was man immer machen kann, ist, darin transparent zu sein und zu sagen: So
       ist der Rahmen, den wir bieten können. Und fragen: Möchtest du zu diesen
       Bedingungen Teil des Festivals sein? Das ist immer möglich, auch für uns,
       die noch keine feste Finanzierung und kein festes Festivalgelände haben.
       
       Sie haben im [2][Netzwerk #strongertogether] eine Fortbildungsreihe auf die
       Beine gestellt. Was passiert da? 
       
       Wir sind ein Netzwerk von Festivals, das sich fragt, wie intersektionales
       Veranstalten inhaltlich und in der Praxis funktioniert. Machtkritisch zu
       veranstalten heißt, sich darüber bewusst zu sein, in welchen
       Machtverhältnissen die Festivals stattfinden. Wir reflektieren, dass nicht
       alle Menschen die gleichen Erfahrungen machen und Möglichkeiten haben. Wir
       wollen hinkommen zu der Vorstellung, dass Unterschiedlichkeit ein
       alltäglicher Teil von Gesellschaft ist. Es ist uns wichtig, sehr
       verschiedene feministische Positionen zu präsentieren. Wir wollen zusammen
       ein Festival oder auch Gesellschaft gestalten, ohne dass sich alle in allem
       einig sein müssen.
       
       Wie gehen Sie da ran? 
       
       Es ist ein Anliegen des Festivals, diese schwierigen Themen so zu
       gestalten, dass es schön sein kann. Zu erfahren, wie schön kann eigentlich
       ein Festival sein, wenn es für mich angenehm ist, mich dort aufzuhalten.
       Wenn mich die Inhalte interessieren und ich mich von den Personen auf der
       Bühne repräsentiert fühle.
       
       Barrierefreiheit schreiben Sie sich auch auf die Fahnen. Das kann ja sehr
       umfangreich sein. 
       
       Wir sind da im Prozess. [3][Der Schlachthof] ist als Baudenkmal kaum
       barrierefrei. Wir versuchen, vorher genau zu beschreiben, wie der Ort
       aussieht, welche Lichteffekte es gibt, ob es laut wird. Wir bieten an, dass
       Menschen vorher vorbeikommen können. Begleitpersonen zahlen grundsätzlich
       keinen Eintritt. Auch Armut ist eine Barriere, das wollen wir durch das
       solidarische Preissystem umgehen.
       
       23 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://queer-lexikon.net/2020/05/30/flint/
   DIR [2] https://netzwerkstrongertogether.de/
   DIR [3] https://www.bremen.de/visitenkarte/kulturzentrum-schlachthof-333695#/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Clara Henning
       
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